Zwischen Steinmännern und Kastanien: Drei magische Orte in Südtirol

Von Davidsights @Schlaraffenwelt

Glück hat, wer im Süden Deutschlands wohnt. Noch mehr Glück hat, wer kompetente Freunde hat. Keine drei Stunden Fahrt liegen zwischen München und Südtirol. Für mich eine Region, die ich nur aus den Erzählungen begeisterter Wandersleut kannte. Mir selbst fehlte bislang jeglicher Bezug zu diesem faszinierenden Flecken Erde. Amelie von Kunterbuntweissblau ist es zu verdanken, dass ich mit einer erlesenen Gruppe Genussmenschen in die traumhafte Bergwelt der Dolomiten eintauchen konnte. Selten habe ich eine derartige Dichte an magischen Momenten erlebt – sicher auch der Tatsache geschuldet, dass wir mit einer Südtirol-Expertin unterwegs waren. Wenn Wetter, Licht und Jahreszeit passen, dann ist Südtirol ein Reiseziel, das ich ab sofort jedem Strand-Urlaub vorziehen würde. Ein Top-Ziel für Fotografen, Feinschmecker und Wanderer. Kurzum: das perfektes Reiseziel (für mich). Meine drei Highlights will ich euch hier zeigen.

Maroni und Traubensaft in den Weinbergen von Dorf Tirol

Meran ist mit 40.000 Einwohnern die zweigrößte Stadt Südtirols. Mediterranes Klima und alpine Bergwelt sorgen hier für einen außergewöhnlichen Mix aus alpenländischer Architektur und fast schon tropisch anmutender Vegetation. Meran ist ein idealer Einstiegspunkt für ein Südtirol-Wochenende mit einem gemütlichen Marsch hinauf zum Dorf Tirol, einer kleinen geschichtsträchtigen Gemeinde mit 2500 Einwohnern. Im Dorf beginnt ein Panoramaweg in Richtung des Schloss Tirol, gesäumt von Rosmarin-Büschen und kleine Apfelbäumen, die so viele Äpfel tragen, dass man glauben könnte, sie brächen jeden Moment unter der Last ihrer Früchte zusammen. Absolut verblüffend war für mich, dass hier auch Feigen, Kiwis, Kakis und Granatäpfel wachsen – ein Schlaraffenland für Obst-Fans. Dominiert wird die Szenerie allerdings von Weinreben. Auf halber Strecke Richtung Schloss finden wir einen kleinen Obst-Stand mit einigen Bierbänken, von Weinreben überwuchert. Angelockt vom Schild „Glas frisch gepresster Traubensaft für 1,40 Euro“ setzen wir uns. Hinter uns beginnt ein junger Mann im Weinberg Kastanien zu rösten, die wir wenig später natürlich auch verkosten. Über uns hängen Trauben, im Glas der Saft, in der Hand frische Maroni und ein paar Feigen. Das alles für nicht mal 10 Euro, ganz viel Herzlichkeit und phänomenalem Ausblick. Es ist einer dieser Südtirol-Momente, die mich auch jetzt noch mit Glückseligkeit durchfluten.

Stoanerne Mandln

Bergkuppen mit Rundumblick haben für mich per se schon etwas Magisches. Doch dieser Marsch zum Gipfel der Stoanernen Mandln wird mt einem Anblick gekrönt, der das Bergpanorama im Hintergrund zur Nebensächlichkeit verblassen lässt. Unzählige Steinmännner – teilweise mehrere Meter hoch – säumen die Wiesen des kleinen Plateaus rund um das Gipfelkreuz. Ihre Ursprünge lassen sich nicht eindeutig zuordnen. Vielleicht vertrieben sich Hirten mit dem Stapeln der Steine ihre Zeit. Funde von Feuersteinen und Steingravuren deuten allerdings darauf hin, dass die Stoanernen Mandln schon im Mittelalter entstanden sein könnten.

Bereits auf dem Weg hinauf zeigt sich Südtirol von seiner wildromantischsten Seite. Kleine Gebirgsbäche, eine Vielzahl von Pilzen und gigantische Panoramen begleiten uns, als wir aus dem Wald hinaus in Richtung Hochplateau wandern. Am Horizont lassen sich die Steintürme schon aus kilometerweiter Distanz als winzige Zacken erspähen. Ein Prachtexemplar von einem Pferd stellt sich uns auf halber Strecke in den Weg, als ob es genau wüsste, dass es das perfekte Fotomotiv abgibt. Etwa 1,5 Stunden sollte man für den Weg hinauf zu den mystischen Steinmännern einplanen, in gemütlichem Tempo. Das besondere für mich: Wer diese Wanderung (wie wir) unter der Woche absolviert, kann das Szenario mit etwas Glück völlig alleine genießen. Während der Stunde auf dem Gipfel begegneten uns lediglich zwei andere Wander-Gruppen und Mountainbiker. Optimaler Einstiegspunkt für die Tour ist die Sarner Skihütte im Sarntal, nahe Bozen.

Zugang von Sarnthein: Gasthaus Sarner Skihütte (1618 m) – Hotel Auener Hof – Waldweg 2 – Auener Alm (1796 m) – Auener Joch (1924 m) – Wegweiser Stoanerne Mandln – Großen Reisch – Stoanernen Mandln (2003 m)

Penser Joch in der Abenddämmerung

Wer den Heimweg Richtung Deutschland antritt, sollte sich – quasi im Vorbeifahren – ein letztes Highlight nicht entgehen lassen. Das Penser Joch, auch als Passo die Penso bekannt, verbindet Bozen und Sterzing auf dem Weg in Richtung Innsbruck. Wenn die Sonne hinter dem Horizont verschwindet und den Horizont orange leuchten lässt, fühlt man sich auf der Passstraße wie in einem amerikanischen Canyon. Die karge, rötliche Felsenlandschaft mit den ersten schneebedeckten 3000ern lockt uns in unseren kurzen Hosen sogar noch einmal aus dem Auto, für ein schnelles Foto. Bibbernd aber glücklich saugen wir die letzen Panoramen auf. Es empfiehlt sich, die Heimfahrt so zu timen, dass man den letzten Sonnenutergang auf der Passhöhe zu erlebt. Im Oktober geht das allerdings nur noch in Winterjacke oder in einem beheizten Auto.