Zwiespältige Erinnerung an #James_Last

Von Verdin @verdinguenter

Aus der Augsburger Allgemeinen

10. Juni 2015 14:21 Uhr

NACHRUF AUF JAMES LAST

Die Stimmung im Himmel könnte jetzt steigen

James Last hat mit seinem Wohlfühl-Sound Millionen Menschen auf der ganzen Welt glücklich gemacht. Auch er selbst war mit sich und seinem Leben völlig im Reinen. Er glaubte an Gott und wollte ewig Musik machen.Von Josef Karg (.........................)

Den Worten von Josef Karg ist nichts hinzuzufügen. Sie beschönigen nichts. James Last hat tatsächlich Millionen Menschen glücklich gemacht. Nur mich nicht. Jedenfalls mich nicht als schreibenden Jungspund im Jahr 1974.

Dieser Artikel erschien am 3. April 1974 im Feuilleton der "Stuttgarter Nachrichten" ( das war die selige Zeit solcher wunderbarer Schreiber wie Hans Fröhlich, Sybille Maus, Dieter Kölmel und Winfried Rösner):

Hans, das Letzte!

Musik der großen Gesten wollten nicht allzu viele hören

Von Günter Verdin

Der Worte sind genug gefunden, die das Phänomen James Last zu umschreiben suchen. Schließlich könnte auch jemand auf die Idee kommen, den Namen des "Beatles mit dem Taktstock" oder des "Hans im Glück" ein bißchen frei mit "Hans, das Letzte!" zu übersetzen. Aber auch damit wird man die Musik für ein Millionenheer, die in der Böblinger Sporthalle zu hören war, nicht auf die Pointe bringen können.

Die Musik, die James Last mit einem Riesenaufwand an Streichern und Bläsern produziert, klebt wie eine Haftschale für nicht allzu tief greifende Gefühle am Gehör. Es ist eine Illusions- und Illustrationsmusik, wie sie sich reiche Leute gern zum Nachtisch kommen lassen und wie sie den Ärmeren als Ersatz für soziale Aufstiegschancen verabreicht wird. Kein Wunder, dass vieles, etwa der Auf- und Abzug des Chores, etwas von der Feierlichkeit einer Weihnachtsmette an sich hat. James Lasts Musizieren lebt vom Nach-aussen-Wenden der Hosentaschen, in denen andere Leute ihre Ideen aufbewahren. Da kommen ganz schöne Löcher zum Vorschein. Alles wird ein bißchen glatter, oberflächlicher, sentimentaler. Es ist die Musik der großen, hohlen Gesten, gespielt von zum Teil außerordentlich guten Musikern, denen man anhört, dass sie nicht nur im Zirkus aufgetreten sind.

Zirkus im negativen Sinne ist auch das, was James Last an Show-Elementen aus Amerika eingeschleppt hat: Mit hochschießenden Flammen an den Spitzen beiderseits der Bühne postierter Scheinwerfertürme verschafft sich Last seinen Auftritt, zwischendurch schweben Seifenblasen vom Plafond und schließlich wird auch noch ein Lagerfeuer auf der Bühne entzündet.

Die Böblinger Sporthalle war denkbar schlecht besucht. Das lässt hoffen, dass vielleicht doch schon einige Leute gemerkt haben, mit welchen Mitteln da einer zum Millionär geworden ist.