Die Tabaksteuer ist ein echter Glücksfall für die chronisch klammen Haushalte der Länder und des Bundes: Erhöhungen sind unproblematisch durchzudrücken, weil in der Bevölkerung ein breiter Konsens herrscht, die Tabak-Lobby schon lange keine offene Konfrontation mehr wagt und man das Ganze auch noch mit der Sorge um die Volksgesundheit rechtfertigen kann. 2012 flossen so über 82 mrd EUR in die Kassen. Seit dem 13.2.2013 ist die nächste Stufe der Steuererhöhung umgesetzt, auf die manche Markenhersteller offenbar mit ungeahnter Kreativität reagieren.
Während der Großteil der Kippenkonzerne die Erhöhung schlichtweg an den Verbraucher weitergibt, indem die Stückzahl pro Packung gesenkt oder der Packungspreis erhöht wird, schlägt Philip Morris International (z.B. bei Marlboro, L&M) einen anderen Weg ein: Wowohl der End(verb)raucherpreis (Achtung, extrem flaches Wortspiel!) als auch die Packungsgröße bleiben konstant. Die Steuererhöhung schluckt PMI aber nicht selbst, sondern schlägt sie auf den Einkaufspreis der Händler auf. Auch wer das Glück hatte, nie eine BWL-Grundlagenvorlesung besuchen zu müssen, merkt schnell: Für Kioskbetreiber ist dieser Deal maximal unattraktiv, geht er doch zu 100% zu Lasten der eigenen Gewinnspanne.
Tabakboykott gegen Philip Morris bei einem Münchener Kioskbetreiber
Da aber auch die Händler hungrige Mäuler zu stopfen haben, regt sich Widerstand im Tabakland. Die Ersten haben begonnen, Produkte von Philip Morris schlichtweg auszulisten. Getreu dem Motto: Lieber gar nichts verkaufen, als umsonst für einen Tabakmulti zu arbeiten. In München hat beispielsweise der Kioskbetreiber vom Photo links sein Geschäft, der berichtet, dass das Gebaren von PMI völlig aus der Reihe falle. read on…Während andere Markenhersteller sogar Teile der Steuererhöhung selbst tragen würden, gehe man dort wohl davon aus, dass die kleinen Händler aufgrund einer mangelnden Dachorganisation nicht in der Lage seien, auf Bestseller wie Marlboro zu verzichten und die Preiserhöhungen stillschweigend akzeptieren müssten. Weit gefehlt: Kunden reagieren mit Verständnis auf den Teilboykott und zeigen sich flexibel. Pallmall statt L&M, Lucky Strike statt Marlboro – alles kein Problem.
Ob Kunden allerdings tatsächlich dem Beschwerdeaufruf gefolgt sind und unter der angegebenen Telefonnummer bei der Münchener Philip Morris Vertretung angerufen haben, ist nicht bekannt. Reaktionen von PMI selbst ebensowenig. Bleibt zu hoffen, dass das couragierte Aufbäumen des Kioskbetreibers zu einem Einlenken führt und ohne Umsatzeinbußen bleibt. Bisher scheint es tatsächlich danach auszusehen: Er habe bereits gehört, dass der Konzern auf die Linie der Konkurrenten einschwenke und in Kürze ebenfalls den Endverkaufspreis erhöhe.