Zweiter und letzter Akt im Königstheater

Von Perfektwir

Zeit: Mittagessen

Ort: Am Esstisch

Darsteller: Mutter, Tochter, Sohn

Grosser Abwesender: Vater

Requisiten: Königskuchen, Krone, König

“Und? Irgendein König am Tisch?”, frage ich, doch das ist nicht der Fall. Das Schicksal hat andere Chindsgi- und Schulkinder zu Königen gemacht.

Nach dem Tischabräumen fragt die perfekte Tochter: “Essen wir den Königskuchen zum Dessert?”

“Ja, das machen wir!”

Und jetzt erreicht das Theater leider seinen dramaturgischen Tiefpunkt: OHNE STREIT wählt jedes Kind ein Stück aus, auch ich darf dasjenige nehmen, das ich möchte. Alle beissen herzhaft in ihr Stück – und ich finde den König!

“Mami ist Königin…”, brummt die perfekte Tochter.

“Grrrrrrr!”, knurrt der perfekte Sohn.

“Ta-ta-ta-ta!”, schmettere ich und setze mir die Krone auf.

“Schon klar, dass du Königin bist, du bist ja auch die Chefin der Familie”, erklärt die perfekte Tochter (und ich beschliesse, diesen Satz von nun an bei bestimmten Gelegenheiten zu zitieren).

“Wisst ihr was? Weil die perfekte Tochter den König aus dem Religionsunterricht hat, schenke ich meinen dem perfekten Sohn. Die Krone behalte ich.”

“Nein, die brauche ich!”, versucht der perfekte Sohn dem Ganzen noch einmal ein Stück Dramatik zu verleihen, doch die königliche Antwort “Vergiss es, das ist meine Krone”, bringt ihn zum Schweigen.

Bonusmaterial:

1.) “Perfekte Tochter, putz dir bitte die Zähne”, rufe ich zum mindestens zweiten Mal.

“Du musst befehlen, du bist Königin!”

“Geh und putz dir sofort die Zähne!!!!”

Voilà, schon ist das Kind im Badezimmer und vergisst nicht einmal, welchen Auftrag es dort auszuführen hat.

2.) Der perfekte Sohn ist auch im Badezimmer und badet seinen König im Brünneli.

“Mami”, ruft er nach einer Weile, “weisst du, wo mein König ist?”

“Nein…”

“Ich auch nicht! Hm, vielleicht ist er ins Loch im Brünneli gefallen und runtergespült worden…”

“Ja, das könnte natürlich sein.”

Unterdessen steht er neben mir. “Das macht nichts, gell?”

“Nein, das macht wirklich nichts.”

“Nein…”