Roth hat das mit seinem kleinen Zwischenruf auf den Punkt gebracht. Er hat nicht weniger getan, als das gesamte Denkmodell dieser »Geistesgrößen« zu enttarnen. Wenn die fehlenden Fertilität ein Kriterium ist, um eine Konstellation nicht zu fördern, dann müssten viele Ehen zwischen Männern und Frauen unwirksam sein.
Insofern führte beispielsweise Heinrich VIII. eine gute zweite Ehe. Aus seiner ersten wollte und wollte kein Kind entstehen. Und als er abends bei Anne Will den Thomas Goppel reden hörte, betrat er die Kemenate seiner Catalina und sagte: »Hör zu, unsere Ehe hat keine Grundlage. Der Goppel hat es mir gerade bestätigt. Ich will die Scheidung.« Die erzwang er dann und heiratete Anne Boleyn. Beide führten eine glückliche Ehe. Denn sie bekamen ein Kind. Heinrich musste nicht mehr den Kopf verlieren. Das tat dann dafür Anne. Ehe ist ein Geben und Nehmen. Aber die Ehe an sich war gut. Das bittere Ende muss man so stehenlassen. Jede Ehe endet auf die eine oder andere Art mies. Deswegen kann sie doch vorher glücklich gewesen sein.
Ach komm schon, werden jetzt einige sagen. Heinrich und Anne und Elizabeth: Das ist doch Mittelalter - was hat das mit der Debatte zu tun? Epochal betrachtet ist die Einschätzung zwar falsch (das Mittelalter endete schon vorher), aber grundsätzlich stimmt es: Es geht in der Debatte um Mittelalter. Goppel und sein Auftritt: Das war mittelalterlich. Heinrich VIII. Privatleben heranzuziehen ist daher gar nicht so unstatthaft. Wer sich geistig auf dem Niveau von 1530 bewegt, dem kann man auch die Protagonisten jener Jahre als Vorbilder auf die Nase binden. Und der muss sich gefallen lassen, dass man die zwei Ehen seiner Chefin thematisiert und für kritisch betrachtet.