Kevin Hart zwischen Sylvester Stallone und Robert De Niro in Zwei vom alten Schlag
Es ist schon blamabel, dass die Altstars von einst heute eher in Erinnerungen schwelgen als sich mit all ihrer schauspielerischen Stärke neuen Stoffen zuzuwenden. Sylvester Stallone – ja, in Filmen wie Cop Land hat auch er diese Stärke bewiesen – unternimmt lieber filmische Ausflüge zurück in längst vergessene Actionheld-Zeiten, in denen noch Muskelpower und Feuerkraft vor technischer Raffinesse stand, holt mit den Expendables gleich eine ganze Schar von Kollegen zurück auf die Kinoleinwände oder durchlebt noch einmal den Horror seiner Rambo und Rocky Zeiten. Robert De Niro mimt derweil das Mafiaoberhaupt in The Familiy, mit Reminiszenen an sich selbst, wenn De Niro sich im Kino De Niro in Goodfellas anschaut. Und als hätten wir noch nicht genug vom ewigen Zurücktrauern in die Vergangenheit musste sich Regisseur Peter Segal (50 erste Dates, Die Wutprobe) auf das Unterfangen einlassen, diese beiden Männer für einen Boxfilm zusammen zu bringen.
Das heißt: Rocky gegen den Raging Bull, Sylvester Stallone darf noch einmal zurück ins Jahr 1976 reisen, wo er zum ersten Mal als Rocky Balboa in den Boxring gestiegen ist um gegen Apollo Creed (Carl Weathers) anzutreten. Zwar verlor Rocky damals durch den Punktesieg von Champion Apollo, aber er war der Champion der Massen geworden – während Robert De Niro erst 1980 als Jake LaMotta in Wie ein wilder Stier den Boxring besteigt und eigentlich von vornherein zum scheitern verurteilt wird, denn der Regisseur heißt Martin Scorsese, ein Mann der kein Interesse an Helden hat. Und so greift Segal diese Bilder auch für seinen Film wieder auf, macht Stallone zum Helden der Geschichte, der sich sogar mit einem lädierten rechten Auge herumschlagen muss – damals in Rocky erlitt auch Balboa hier eine schwere Verletzung. Auf der anderen Seite steht De Niro, der sich mit seinem Übergewicht herumplagt, auch dass musste er bereits als LaMotta durchleben. Es scheint wie ein wirkliches Aufeinandertreffen zweier Filmfigur-Ikonen, nur unter neuer Identität.
Alan Arkin trainiert Sylvester Stallone
Es mutet immer noch beeindruckend an, was die moderne Computertechnologie zu leisten im Stande ist. In den ersten Minuten sehen wir junge Versionen von Stallone und De Niro gegeneinander boxen. Auch wenn es immer ein wenig wie bei Madame Tussauds wirkt, wenn diese im Computer entstandenen verjüngten Stars in einen Film eingearbeitet werden, bleibt es doch eine effektive Zeitreise. Wir sehen die beiden in ihrem ersten gemeinsamen Kampf, bis dahin ungeschlagen. Dann schafft es jedoch Kid (De Niro) seinen Intimfeind Razor (Stallone) in einem spektakulären fünfzehn Runden Kampf auf die Matte zu schicken, während die Revanche andersherum ausgeht. Ein Grudge Match, also ein entscheidender Kampf bleibt aus, da sich Razor aus unerfindlichen Gründen zur Ruhe setzt.
Doch jetzt ergibt sich die Gelegenheit und es kommt zum Grudgement Day. Natürlich müssen sich hierfür beide Männer wieder in Form bringen. Ihre jeweiligen Trainer – ob alter Freund oder neu gefundener Sohn – verzweifeln daran, dass keiner von beiden wirklich trainiert, sondern es in vielerlei Momenten ausartet, zum “Twitter Training” wird: bei öffentlichen Auftritten geraten Kid und Razor immer wieder aneinander und werden dabei von einer jungen, höchst amüsierten Generation per Smartphone aufgezeichnet. Der Kampfaufbau findet nun also Online unter höchst modernen Voraussetzungen statt, während die beiden alten Hasen bald einsehen, dass es nicht nur um diesen letzten Kampf alleine geht, sondern darum ihr Leben doch noch in eine richtige Richtung zu lenken.
Robert De Niro
Das soll vor allen Dingen durch Menschen geschehen, die den beiden einsamen Boxern doch noch ein Familienleben bescheren. Sally, die Ex von Razor (Kim Basinger) kehrt zu ihm zurück, ihr Sohn und vor allem auch Kids Sohn B. J. (Jon Bernthal) lernt seinen Vater kennen. Manche Momente in Zwei vom alten Schlag erscheinen wie ein sauber ausgeführtes Drama. Ein gutes Drehbuch hätte aus den hier vorzufindenen Konstellationen einen Klassiker werden lassen können. Der Fehler liegt aber genau hier: Das Drehbuch von Tim Kelleher und Rodney Rothman sowie die Regie von Segal sind auf Komödie ausgelegt. Gerade Darsteller Kevin Hart, hier als Quasselstrippe à la Chris Rock oder Tucker unterwegs, beweist, dass Segal sich heimischer fühlt, wenn er Zoten mit Adam Sandler drehen darf. Der Einfallsreichtum seiner Witze rangiert von “Ich bin zu alt für diesen Scheiß” bis hin zu Retnern in peinlichen Situationen, sicherlich gut von Adam Sandler vorgeführt, allerdings nichts für De Niro, nicht einmal für Stallone.
So dümpelt der Film vor sich hin, zieht eine Schote nach der anderen, präsentiert am Ende noch einen scheinbar wenig gealterten Michael Buffa, der seine Stimme immer noch gewaltig zum Einsatz bringen kann. Irgendwann ist dann aber auch mal Ende. Dringend aber noch den Abspann abwarten, dort wartet nämlich tatsächlich der beste Witz – traurig aber wahr: Mike Tyson und Evander Holyfield teilen sich nach dem Ohr-Abbeißer von 1997 nicht nur das Bild, sondern auch den besten Moment des Films.
“Zwei vom alten Schlag”
Originaltitel: Grudge Match
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2013
Länge: ca. 113 Minuten
Regie: Peter Segal
Darsteller: Sylvester Stallone, Robert De Niro, Kim Basinger, Alan Arkin, Jon Bernthal, Kevin Hart, LL Cool J
Kinostart: 9. Januar 2014
Im Netz: warnerbros.de/grudgematch