Zwei Heilige

Süß die Kleinen. Wie sie alljährlich am Martinstag mit ihren Laternchen von Haus zu Haus ziehen, mitten durch das protestantische Potsdam …

Ich geh mit meiner Laterne
Und meine Laterne mit mir.
Da oben leuchten die Sterne
Und unten da leuchten wir.
Laternenlicht, verlösch mir nicht!
Rabimmel, rabammel, rabum.

… wohlbehütet von der Elternschaft.

Die Stimmen der Mütter – höre ich – sind die schrillsten. Sie sind unangenehm in ihrem Eifer. Hausfrauengesinge – furrrchtbar! Den Martin – ohm im Himmel – wird es vielleicht freuen, mich nicht!

Plötzlich denke ich wieder einmal nach. “Hmmm”, sage ich mir, “~ @Orthodox ~ ? –> !”, überlege ich.

Formuliere schließlich die zugehörige Hypothese:

Wäre Martin, der Heilige, seinerzeit russisch-orthodoxer wäre wohl nie im Leben Heiliger geworden. Viel zu unterschiedlich sind die Mentalitäten der Gläubigen.

Sich in einem Gänsestall zu verstecken – also nein!

Sich selbst (als Mann obendrein!) eines Amtes für unwürdig halten – also nein!

Für Loser ist kein Platz zwischen den Heiligen der russisch-orthodoxen Kirche. Denn deren göttliches Personal ist von anderen Kaliber: Olga – nur um ein Beispiel zu nennen – Olga von Kiew, Fürst Igors Gattin war die personifizierte Rachsucht. Nachdem ihr Mann bei einem Beutezug gegen Drewljane starb, rächte sie sich mehrmals. So lockte Olga listig eine Delegation Drewljane nach Kiew, um, wie sie vorgab, über Frieden zu verhandeln, lud die Männer in ein Badhaus, liess alle Türen verschließen, dergestalt dass die Delegation am lebendigen Leibe verbrannte. Darüber hinaus ließ die Olga von Kiew 5.000 Drewljane am Grab ihres Mannes erhängen, einfach so, für ein gutes Gefühl sozusagen. Und das seinerzeit wunderschöne Städtchen Iskorosten ließ Olga bis auf die Grundmauern niederbrennen, einige Drewljane wurden lebendig verbuddelt – SO MUSS HEILIG SEIN!

Wo der Zorn die Rache heiratet, wird Grausamkeit geboren.
(Russisches Sprichwort)

Martin dagegen – war feige. Vor einer Schlacht gegen anrückende Germanen in der Nähe des heutigen Worms, verweigerte unser Martinus als Offizier [sic!] die Teilnahme an der anstehenden Auseinandersetzung mittels zweifelhafter Begründung, er sei von nun an nicht mehr miles Caesaris, ein Soldat des römischen Kaisers, sondern miles Christi, ein Soldat Christi, und bettelte anschießend darum, aus dem Armeedienst entlassen werden.

Schwerter zu Scharen! Spieße zu Sicheln!
Kein Volk wird gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden fortan nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken.

(Bibel,Mi 4,1–4 EU)

Auf dass Martin einst auf Olga traf – ohm im Himmel – ist nun erwünschte Legende.


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