Zweckverfehlung

Eine weitere Sonderform der Leistungskondiktion ist die sog. condictio ob rem, gem. § 812 ABs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB. Hintergrund der Sonderform besteht darin, dass ein verfolgter Zweck durch die Leistung nicht eingetreten ist.

Wer durch die Leistung eines anderen [...] ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn [...] der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt. "

Wichtig ist, dass es sich bei dem Zweck nicht um eine Verbindlichkeit handeln darf, da sonst andere Formen der Leistungskondiktion vorrang genießen. Es muss also ein Zweck verfolgt werden, der über die Verbindlichkeit hinaus geht. Es sollen somit die Fälle erfasst, bei dem der Leistende ein bestimmtes Verhalten erreichen will, dieses Verhalten allerdings nicht eintretet.

1) Beispiele:
  • Die Freundin F arbeitet im Supermarkt S als Kassiererin und entwendet 500€. Die Mutter M möchte, dass gegen ihre Tochter keine Strafanzeige wegen Diebstahls von S erhoben wird und zahlt an S 2000€. S erhebt dennoch Strafanzeige gegen F.
  • Der Freier F verliebt sich in die Prostituierte P und übergibt ihr 10.000€, damit sie sich von ihrem Zuhälter Z freikaufen kann. Nach der Übergabe (und Übereignung) der 10.000€ beschließt P weiterhin als Prostituierte für Z tätig zu sein.
2) Wirksamer Vertrag (Anwendung unterschiedlich):

Liegt ein wirksamer Vertrag vor, gibt es zwei Vorgehensweisen. Die Rechtsprechung wendet § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB an, sofern der Bereicherungsgläubiger mit der Leistung einen über die Erfüllung hinausgehenden Zweck verfehlt. Solche Fälle sind auch bekannt unter dem Namen der „Anstaffelungsfällen".

Die Literatur hingegen geht bei solchen Fällen überwiegend den Weg über die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB.

Beispiel: V verkauft sein Grundstück an die Gemeinde G, damit sie auf dem Grundstück ein Fussballplatz errichtet. V verlangt dafür einen wesentlich niedrigeren Preis als der des Marktwertes. G entschließt sich jedoch für den Bau eines Kindergartens.

3) Zweckvereinbarung:

Die Zweckvereinbarung muss bei allen Beteiligten entweder ausdrücklich, kann aber auch stillschweigend, erfolgt sein. Es reicht nicht aus, einen Zweck entweder einseitig zu beschließen oder wenn es dem anderen Beteiligten lediglich bekannt ist. Wichtig ist, dass dieser Zweck zwar vereinbart wurde, es allerdings nicht zur einer Verbindlichkeit kam.

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