Zurück zum Zelluloid!

Erstellt am 21. Mai 2012 von Michael

Die Kinos werden derzeit auf digitale Projektion umgerüstet. Was vor einigen Jahren noch von den echten Filmliebhabern als Schreckgespenst an die (Lein-)Wand gemalt wurde, ist Wirklichkeit geworden.
Vorbei ist die Zeit, wo der Filmoperateur Filme eigenhändig zusammengeklebt und auf die grosse Rolle gespult und ihn dann von Hand in einen mechanischen Projektor eingefädelt hat. Ob die Bildschärfe heutzutage noch manuell nachgestellt werden muss, entzieht sich meiner begrenzten Kenntnis. Vielleicht ist man dafür noch auf ein Individuum im Projektionsraum angewiesen.

Nun werden die mechanischen 35mm-Vorführmonster aus den Kinos geschafft und machen kleinen digitalen Projektoren Platz; der Film kommt auf der Festplatte, Sprachfassung und Untertitel können einprogrammiert und je nach Vorstellung geändert werden.

Das hat Vorteile, unbestritten. Es müssen keine riesigen Filmrollen mehr für teures Geld durchs Land geschickt werden. Wer einen Film am Abend in der Originalfassung und in der Kindervorstellung deutsch synchronisiert zeigen wollte, musste noch vor ein paar Jahren den Film in zweifacher Ausführung bestellen. Heute ist alles auf einer Platte.

Vor- und Nachteile des E-Kinos werden in Foren eifrig diskutiert, besonders intensiv und fundiert zum Beispiel im deutschen Filmvorführer-Forum. Das Fazit: Man muss “damit” leben, man arrangiert sich – oder man macht weiter, mechanisch wie bis anhin. Doch der Druck der grossen Studios wächst, die Kinos werden praktisch zur Neuerung gezwungen.

In dieser Zeit des Kino-Umbruchs legt sich gabelingeber einen 16mm-Filmprojektor zu. Ein mechanisches Filmvorführgerät, das echte Zelluloid-Filme auf die Leinwand projiziert.

Bislang hat gabelingeber seiner heimlichen Passion als verhinderter Filmvorführer mit einem Super8-Gerät gefrönt. In den Siebzigerjahren wurde das Format nicht nur für Hobbyfilmer populär, für den Heimkinomarkt wurden Spielfilme, Kurzfassungen von Spielfilmen, Trickfilme und alte Slapstick-Streifen auf Super8 kopiert und kommerzialisiert. Dann kam Video und das Schmalfilmgeschäft war erledigt. Fast. Ein Kreis angefressener Sammler hat sich gehalten und bis vor kurzem existierten in England zwei Händler, die neue Super-Filme herstellten und vertrieben. Peter Weir’s Master and Commander war der letzte aktuelle Spielfilm, der vollumfänglich auf Super8 herausgebracht wurde – in inzwischen sagenhaft guter Bild- und Tonqualität und auf farbbeständigem und reissfestem Filmmaterial notabene. Über die Kosten reden wir lieber nicht.

gabelingebers langjähriger, treu funktionierender Super8-Projektor

Trotz allem hält sich das Filmangebot auf Super8 in engen Grenzen. Auf eBay sind zwar alte Super8-Filme aus den Siebzigerjahren noch massenhaft zu haben, doch da wurden neben echten Klassikern auch mittelmässige oder gänzlich obskure Streifen wie Trimm dich fit, nimm Dynamit verkauft.

Auch die Bildqualität der älteren Super8-Abzüge hielt sich in Grenzen: Orson Welles Touch of Evil mit schwummerigem Bild und dumpfem Ton zu sehen, macht keinen grossen Spass. Auch die vollkommen rotstichig gewordene Fassung von Ben Hur nicht. Natürlich gab es hervorragende Filmeditionen, sowohl bild- als auch tontechnisch. Doch ist der Erwerb eines Films auf Super8 zu sehr “hit or miss”, wie die Engländer zu sagen pflegen – eine Lotterie mit unsicherem Ausgang. Ich habe grandiose Super8-Ausgaben gesehen, wie etwa die Komplettfassung von Walt Disneys Pinocchio (1940), die wirklich ans “grosse Kino” heranreicht, aber daneben auch Grauenvolles wie jene Kopie von Jazz Ball, einer an sich hoch interessanten Kompilation von Jazz-Nummern, die 1956 fürs US-TV gedreht wurde, die aussieht, als wäre sie mit überbelichtetem Film direkt vom Fernseher abgefilmt worden.

Aber eben: da gab und gibt es ja noch 16mm! In den USA existierte wohl jeder gedrehte Film bis Mitte der Achzigerjahre im 16mm-Format. Fernsehausstrahlungen von Filmen erfolgten dort lange Zeit ab 16mm-Film. Die Abzüge waren qualitativ hervorragend.

Und nun besitzt gabelingeber also auch eine solche 16mm-Ratterkiste. Und kriegt sich fast nicht mehr ein, wenn er versucht, das Spielfilmangebot zu überblicken. Sein Geldbeutel erzittert – seine Familie auch (“Werden wir in einem halben Jahr noch genügend zu Essen haben?”).

Ich werde berichten…