Wir haben ein Problem mit dem gegenwärtigen Verständnis der Aufklärung. Zumindest entsteht dieser Eindruck stark, wenn man den vorangegangenen Argumenten folgt. Freilich denkt nicht jeder so über die derzeitige Situation. Doch wie komm ich dann überhaupt dazu, so etwas zu behaupten? Die Gründe sind vielfältig und es ist schwer alles in einem Artikel zusammenzufassen, aber lasst mich ein Paar erläutern.
Da sind z.B. die Klischees. Diese erleichtern vielen das Leben so sehr, da sie meist eine ganz profane Erklärung über komplexe Dinge geben. Und wer mag schon sich den Kopf über diese Dinge, wie den Nahostkonflikt u.ä., zerbrechen. Hinzu kommen noch die so liebevoll genannten Halbwahrheiten, die sehr stark die Medienlandschaft prägen. Im Volksmund spricht man auch gern von Lügen oder Augenwischerei. Es ist immer wieder zum Haare raufen, wenn ich sehe, wie große Teile der Bevölkerung darauf anbeißen. Da frage ich mich doch zu Recht, ob man da noch von Aufklärung sprechen kann, oder etwa nicht?!
Des Weiteren ist unser stark konsumgeprägtes Leben geradezu kontraproduktiv, da es uns davon abhält, auch mal innezuhalten und rational zu reflektieren, welcher Sinn hinter dem ganzen Unserem Handeln steckt.
Wie schon im ersten Teil angedeutet. Wir glauben das beste Herrschaftssystem zu besitzen, das beste Menschenrechtsverständnis zu haben und in der besten Gesellschaftsform zu leben. Doch Aufklärung bedeutet auch immer Kritik. Es ist die Reaktion auf Unaufgeklärtheit, gesellschaftliche Zustände und Verhaltensweisen, denen wir im Alltag konfrontiert sind. Betrachte ich diese in der Gegenwart, so sehe ich wohl oder übel, dass wir eher zurück- als voranschreiten. Und auch das beste Herrschaftssystem ist nur so gut, wie ihre Umsetzer.
Viele verbinden mit der Aufklärung auch die Überwindung des tiefen Mittelalters und seinem Aberglauben mithilfe der rational geprägten Naturwissenschaften. Doch man verkennt dabei bzw. schenkt der Tatsache nicht genügend Aufmerksamkeit, dass die Aufklärung nicht erst mit dem 18. Jahrhundert begann. Man hat vielmehr erst dann angefangen die Idee zu erfassen und zu definieren. Existiert hat sie schon seitdem der Mensch bewusst hinterfragt und philosophiert hat, denn bei ihr handelt es sich um die geistige Selbstständigkeit des Individuums.
Dennoch ist es nicht zu bestreiten, dass im 18. Jahrhundert die Aufklärung einen Aufschwung im Kern Europas zu spüren bekam. Man trat aus der Unmündigkeit heraus und bediente sich seines Verstandes ohne Leitung eines Anderen. Wobei es vielleicht übertrieben wäre, von der gesamten Bevölkerung zu sprechen. In Frankreich mag das vielleicht noch der Fall sein, wo die Aufklärung 1789 zu der bekannten Französischen Revolution führte. In Deutschland wiederum berührte das Gedankengut der Philosophen und Aufklärer die Politik so gut wie gar nicht. Friedrich der Große mag da eine kleine Ausnahme sein. Doch heute haben wir uns in die selbstverschuldete Unmündigkeit zurückkatapultiert. Ein Zitat von Kant veranschaulicht das am besten:
„Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt usw., so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen.“ (Immanuel Kant: „Was ist Aufklärung?“, in: ders.: Was ist Aufklärung? Ausgewählte kleine Schriften. Meiner Verlag, Hamburg 1999, S. 20.)
Die Unterhaltungsmedien nehmen unsere Zeit so sehr in Anspruch, sodass wir für unsere geistige Selbstständigkeit kaum noch Zeit investieren. Große Verlage wie „Axel Springer“ übernehmen für uns das Denken. Die kritiklose Aufnahme des Geschriebenen führt uns dann wieder zu den altbekannten Klischees. Und diese sind Gift für die Aufklärung, derer wir uns doch so sehr rühmen.
Fortsetzung folgt am 15.August 2010
Teil 1: Mach’s gut… Aufklärung