Einmal Selbstständigkeit und zurück: Bist du gescheitert, wenn es zurück in die Festanstellung geht? Wann dieser Weg sinnvoll ist und wie sich beides sogar unter einen Hut bringen lässt, erfährst du in diesem Artikel.
Warum Selbstständigkeit nicht das Nonplusultra ist
Wir befinden uns in einer Zeit, in der Selbstständigkeit glorifiziert wird.
Die Story einiger Coaches geht dann so:
Früher war ich ein unglücklicher Angestellter in einem Unternehmen. Ich hatte einen schrecklichen Chef, musste sinnlose Aufgaben abarbeiten und konnte mich nicht entwickeln. Dann aber schmiss ich meinen Job, reiste nach Teneriffa, machte tagsüber drei Meditations-Sessions und trank jeden Abend meinen Gerstengras-Smoothie, während ich mir im Strandkorb auf dem MacBook mein Online-Business aufgebaut habe. Zurück kam ich als geläuterter Unternehmer, der nun freudestrahlend der Selbstverwirklichung frönt. Falls ich nicht gleich auf Teneriffa geblieben bin.
Ich schreibe das nicht, um mich über diesen Weg der Persönlichkeitsentwicklung lustig zu machen. Meditation und Gerstengras-Smoothie möchte ich auch nicht mehr missen. 😉
Worum es mir geht, ist das klischeehafte Gegensatzpaar: hier die gute Selbstständigkeit, dort die böse Festanstellung. Meine eigene Entwicklung zeigt etwas anderes und ich möchte sie als Chance nehmen, mit diesem Klischee aufzuräumen.
Festanstellung ist nicht gleich Festanstellung
Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob du in einem Großraumbüro neben einem cholerischen Chef sitzt und der Befehlsempfänger bist. Oder ob du beispielsweise an einem spannenden Projekt mitarbeitest, bei dem du kreativ mitgestalten und eigene Ideen einbringen kannst. Darüber hinaus öffnen sich immer mehr Unternehmen der Option, ihre Mitarbeiter zumindest teilweise im Home Office zu beschäftigen.
Beide Situationen kenne ich. Und im ersten Fall bin ich tatsächlich den Weg des Schleudersitzes gegangen. Das war zwar damals strenggenommen keine Festanstellung, sondern eine freiberufliche Geschichte, aber die Dienste haben sich trotzdem wie Zwang angefühlt.
Jedenfalls bin ich wenig elegant aus der Sache ausgestiegen, aber da fehlte mir noch die Erfahrung. Apropos Erfahrung: All das Negative hatte damals eine Überzeugung in mir geprägt:
Nie wieder Festanstellung.
Weil ich mit dieser Arbeitsform genau das verband, was ich weiter oben erwähnt habe: schreckliche Chefs, sinnlose Tätigkeiten für ein Produkt, hinter dem ich nicht stand. Mit so etwas wollte ich nie wieder meine Zeit vergeuden. Deshalb begab ich mich vor einigen Jahren in die Selbstständigkeit.
Was folgte, waren harte Jahre, in denen sich die Dinge nur langsam entwickelten. Und ich weiß, dass es vielen Selbstständigen auch so geht. Und dass sich manche deswegen schämen, wenn ihnen die Coaches doch einen sich schnell erfüllenden Traum von Unabhängigkeit, Freiheit und Selbstverwirklichung versprochen haben.
Heute sehe ich die Dinge differenzierter, weshalb ich derzeit wieder in einer Festanstellung arbeite. Und das sehr zufrieden, weil es eine über Monate sorgsam gereifte Entscheidung war. In Kombination mit ausgewählten nebenberuflichen Wunschprojekten ist das die für mich perfekte Kombination.
Kommen wir nun zu den drei Hauptgründen, warum es sinnvoll sein kann, als Freelancer in eine Festanstellung zu wechseln.
Vom Freelancing zur Festanstellung: 3 gute Gründe
Es gibt gute Gründe dafür, vom Freelancing zurück in eine Festanstellung zu gehen. Wobei „zurück“ in diesem Zusammenhang ein irreführender Begriff ist. Weil er suggeriert, dass es automatisch ein Rückschritt ist, diesen Weg einzuschlagen. Dabei geht es vielmehr darum, dass du mit offenen Augen durch dein Leben gehst und flexibel auf Situationen reagierst.
Kommen wir nun zu drei ziemlich guten Gründen, vom Freelancing in die Festanstellung zu wechseln.
#1 Dein Geschäft läuft schlecht
Es kommen keine Kunden rein oder nur solche, die einen unverhältnismäßig hohen Aufwand verursachen.
Artikeltipp: Kundenbeziehungen aufbauen und pflegen
Als Ergebnis reicht das Geld hinten und vorne nicht, obwohl du schuftest. Durststrecken kennen alle Freelancer, aber wenn aus der Durststrecke ein monatelanger Dauerzustand wird, dann läuft das Geschäft einfach nicht gut.
Viele Freelancer entwickeln hier einen falschen Stolz. Sie glauben, es wäre persönliches Versagen, wenn sie in einem solchen Fall wieder zurück in einen festen Job gehen. Doch das stimmt nicht. Es gehört viel Mut dazu, unangenehmen Tatsachen ins Auge zu blicken und entsprechend zu handeln.
Dann übernimmst du nämlich Verantwortung für deine Situation und kümmerst dich aktiv darum, dass dein Leben besser wird. Daher ist es besser, zurück in einen Job zu gehen, als in einer prekären Situation zu verharren.
Umgekehrt solltest du nicht in einer schwierigen Phase sofort das Handtuch werfen. Durchhalten gehört auch dazu, wenn es mal nicht so läuft. Manchmal ist es auch schwierig, den Unterschied zwischen Durchhalten und „Es geht so nicht weiter“ zu erkennen. Doch wenn alle Zeichen auf Dauer gegen deine Selbstständigkeit sprechen, dann solltest du diese Botschaft des Universums ernstnehmen. 😉
#2 Die Bedingungen der Anstellung passen perfekt zu dir
Und zwar, weil es die perfekten Bedingungen für dich sind. Wie auch immer die aussehen mögen: ein guter Verdienst Geld, coole Projekte oder Verantwortung. Vielleicht auch alles zusammen?
Dazu profitierst du von der finanziellen Absicherung, was wiederum Planbarkeit und Entspannung in dein Leben bringt. Auch dieser Faktor ist nicht zu unterschätzen.
#3 Die Festanstellung bringt dich in eine starke Verhandlungsposition
Mit einem Vollzeitjob im Rücken kannst du eine Lean-back-Haltung fahren. Du nimmst nebengewerblich nur noch diejenigen Aufträge an, die dir wirklich Spaß machen und lukrativ sind.
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Diese Souveränität spüren deine potenziellen Kunden. Da ist keine Needyness, kein „Ich bin auf den Auftrag angewiesen“. Das macht dich automatisch attraktiver und steigert deine Chancen immens, Kunden zu gewinnen.
Sei flexibel und offen für Neues
Bedeutet eine Festanstellung die Aufgabe der Selbstständigkeit? Auch das ist ein Klischee, mit dem ich aufräumen möchte. Die Selbstständigkeit lässt sich durchaus fortführen, zum Beispiel an den Wochenenden.
Da ich meine Arbeit liebe – sowohl die in Festanstellung als auch die freiberuflichen Projekte – würde ich sowieso fleißig sein. Habe ich deswegen keine Freizeit mehr? Auch das ist ein Irrglaube. Wie jeder andere Mensch auch gehe ich aus, treibe Sport, fahre in den Urlaub und entspanne abends. Es ist alles eine Frage der Selbstorganisation und Disziplin. Wenn ich konzentriert und fokussiert arbeite, dann schaffe ich mein Pensum, ohne mich zu überwerfen.
Ob man sich überlastet, hängt daher weniger mit dem gewählten Arbeitsmodell zusammen. Sondern damit, ob du mit deiner eigenen Kombination glücklich wirst. Ob als Selbstständiger, Festangestellter oder im Kombimodell ist deine indivdiuelle Entscheidung.
Fazit
Weder die Festanstellung noch die Selbstständigkeit ist das gelobte Land. Beide Modelle haben ihre Vor- und Nachteile. Aber in kluger Kombination kannst du die jeweiligen Vorzüge nutzen und die Nachteile reduzieren. Denn dein eigentlicher Job ist es, mutig genug zu sein, jenseits von Trends deinen eigenen Weg zu finden, dein Geld glücklich zu verdienen. Ich wünsche dir viel Erfolg dabei!
Nie wieder Festanstellung und für immer Selbstständigkeit? Wie ist deine Sicht auf das Thema?
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