Mir gefällt es sehr gut, ich bin positiv überrascht und fühle mich grundsätzlich wohl. Meine Kurse/ Anwendungen sind angenehm, zusätzliche Termine habe ich abgelehnt, weil ich lieber mehr Zeit für mich haben möchte. Den langsamen Start in der Kinderbetreuung empfand ich als sehr positiv und ich hatte die Hoffnung, dass der Große sie problemlos akzeptiert, was am Anfang auch der Fall war. Leider fällt es ihm mit jedem Tag schwerer, mich loszulassen und seine Betreuung dort zu akzeptieren. Das ist aber unabdingbar dafür, dass ich meine Termine wahrnehmen kann und mich erhole. Immerhin ist es insgesamt eine kürzere Betreuung als zuhause, an vielen Tagen nur halbtags und wenn der Mann und die Kleine zu Besuch kommen, können wir ihn natürlich auch ganz herausnehmen. Aber man darf eben nicht vergessen, dass es eine komplett neue Situation für die Kinder ist, fremde Erzieher, fremde Kinder, fremde Räumlichkeiten, und sie sich auch erstmal an den anderen Rhythmus gewöhnen müssen. Fast alle Kinder tun sich mit der Betreuung dort schwer. Durch das enge Zusammensein mit der Mama sind sie halt auch viel stärker als vielleicht zuhause auf sie fixiert und empfinden eine Trennung umso schmerzhafter. Dazu kommt Heimweh und Vermissen, ungewohntes Essen und möglicherweise auch ein verändertes Verhalten der Bezugsperson.
Mir fällt es hier deutlich schwerer als zuhause, ihn abzugeben, wenn er traurig und widerwillig ist. Er hat sich noch nie leicht mit Betreuung getan und das ist in 5 Jahren Kita auch nicht wesentlich leichter geworden. Auch zuhause ist er jeden Morgen traurig, hat Probleme mit dem Situationswechsel und würde, wenn man ihm die Wahl ließe, sich immer für's Zuhause-Bleiben entscheiden. Die Wahl haben wir natürlich nicht. Hier gäbe es zwar die Option, ihn gar nicht betreuen zu lassen, was bedeuten würde, dass ich meine Termine nicht wahrnehmen könnte und auch keinerlei Zeit für mich hätte. Das kann nicht Sinn und Zweck der Kur sein. Allerdings finde ich es wirklich deutlich belastender, ihn hier wegen meiner Massagen, Wassergymnastik oder einem Selbstfürsorge-Kurs abzugeben als wegen der Arbeit. Das schlechte Gewissen lässt grüßen. Sobald Mama etwas für sich tut, meldet es sich und dann kann ich die Zeit eben auch nicht genießen. Klar kommt eine erholte Mama auch dem Kind zugute, aber Erholung tritt nur ein, wenn der Kopf sich ausschaltet und man nicht den ganzen Tag grübelt und traurig ist. Ein schwieriges Dilemma. Ich hatte gehofft, dass das einfacher wird.
Was mich betrifft, so merke ich, dass ich zwar im Großen und Ganzen gelassener, geduldiger und ausgeglichener bin, allerdings in Gesprächen oder Gesprächskreisen sehr viele Emotionen hochkommen und schon Stichworte wie Selbstfürsorge genügen, um mir das Wasser in die Augen zu treiben. Es sind sehr viele unbearbeitete, unterdrückte Themen da, die nur angetippt werden, und ich hoffe, dass es demnächst noch ein wenig in die Tiefe geht. Denn was mir immer stärker bewusst wird, ist, dass ich etwas in meinem Leben ändern müsste, aber das gar nicht möglich ist, ohne entweder jemanden anderen oder mich selbst zu schädigen. Und dass viele Dinge im Rahmen der Möglichkeiten schon optimiert sind, der Rest jedoch einfach nicht änderbar ist. Im Prinzip habe ich alles, was ich hier erfahre, schon hunderte Male durchdacht und gedanklich gewälzt.
Weiterhin merke ich immer deutlicher, dass ich einfach nur allein sein und meine Ruhe haben will. Weder möchte ich am Tisch mit anderen Leuten zusammen essen und das gleiche Theater haben wie zuhause noch möchte ich die Intensität und Exklusivität im Zusammensein mit dem Großen dadurch aufweichen, indem ich mit anderen Mamas und deren Kindern Ausflüge etc. mache. Wir sind eine nette Gruppe und einige haben sich gleich von Anfang an zusammen getan, aber ich will das nicht, mir ist das schon zuhause zuviel und ich genieße es gerade hier so, dass ich Ruhe allein oder zu zweit habe. Das war ja auch eines meiner wichtigsten Ziele für die Kur, nicht nur für mich, sondern auch für den Großen, der oft ebenfalls unter dem häuslichen Trubel, den Geschwisterkonflikten und fehlenden Rückzugsmöglichkeiten leidet. Es scheint aber so, als würde er doch auch mittlerweile andere Kinder vermissen. Nun waren blöderweise seine beiden Freunde seit 3 Tagen in Quarantäne und das merkt man ihm an. Wäre das nicht passiert, würde er vielleicht heute nicht so traurig und ablehnend sein, wie er ist. Dadurch, dass ich die Einsamkeit suche, hat er eben auch nicht so die Chance, andere Freunde zu finden. Deshalb war ich heute Abend bewusst mit ihm im Tobe- und Spielraum (was ich nicht mag) und er hat es sichtlich genossen, mit ein paar anderen Kindern zu spielen. Danach ging es ihm besser, was mir wiederum auch sehr gut tat.
Insgesamt kommen wir gut miteinander klar, bis auf immer wiederkehrende Dinge, die auch zuhause ein Problem sind (Anziehen...). Er hat viel weniger Frust auszuhalten als zuhause, der durch die Schwester und auch den Papa entsteht, wie er mehrfach sagte. Die Kämpfe und Scharmützel fallen vollständig weg und das tut ihm gut und mir genauso. Die ständigen Ausraster oder Boykotte wie in letzter Zeit zuhause fehlen weitestgehend. Daran sieht man, wie ihn die häusliche Situation doch unter Stress setzt bzw. diesen noch verstärkt. Ich finde es schön, ihn so ruhig zu erleben und weiß, dass er noch viel mehr solcher Zeiten zuhause brauchen würde.
Für mich kann ich auch sagen, dass ich den physischen Abstand zu meiner Kleinen sehr genieße. Sie ist ja ein sehr körperbetontes Kind und ich habe sie seit fast 4 Jahren täglich (und nachts) an mir "kleben". Außerdem darf viele Dinge immer noch nur ich machen und ich empfinde das manchmal als sehr einschränkend. Im Moment fühle ich mich deshalb so ein klitzekleines Bisschen wie der Mensch, der ich vor meinen Kindern war, auch wenn der Große bei mir ist, und das ist definitiv ein angenehmes Gefühl. Leider werde ich das zurück im Alltag wohl nicht bewahren können.
Nun bin ich erstmal auf den Besuch des Restes der Familie am Wochenende gespannt und welche Dynamik dadurch entsteht. Für uns liegen noch zwei weitere Wochen Kur vor uns und ich freue mich darauf. Und hoffe inständig, dass der Große wieder etwas bereitwilliger in die Betreuung geht. Denn damit steht und fällt alles.