Zur Mutter-Kind-Kur mit dem Großen: Die Vorgeschichte

In einer Woche werde ich mit dem Großen zur Mutter-Kind-Kur fahren. Ja, nur mit dem Großen. Und ja, zur Mutter-Kind-Kur, was für mich lange Zeit niemals infrage gekommen wäre. In all den vergangenen Jahren war ich gegenüber Mutter-Kind-Kuren sehr skeptisch eingestellt. Ich hatte einfach zu viele negative, abschreckende Berichte gelesen und gehört, zu viele Mütter erlebt, die nach einer solchen Kur fix und fertig waren und sich erst einmal von Grund auf erholen mussten. Das hätte mir nach jahrelanger Erschöpfung endgültig den Todesstoß gegeben.
Besonders diejenigen, die mit (mehreren) kleinen Kindern gefahren waren, berichteten immer, dass der Druck und Stress eigentlich höher gewesen seien als zuhause. Oft taten sich die Kleinkinder mit der Fremdbetreuung auf der Kur schwer (es gibt in den meisten Fällen keine Eingewöhnung), meist wurden sie bzw. die ganze Familie krank, es gab keine Entlastung am Wochenende wie zuhause, sondern man war wirklich allein verantwortlich und die Kinder hatten mit Heimweh zu kämpfen. Nicht zu vernachlässigen ist auch eine zu hohe Erwartungshaltung von Müttern. Man erhofft sich nach vielen Jahren des Funktionierens massive Verbesserungen des physischen und psychischen Allgemeinzustandes. Natürlich kann aber eine 3-wöchige Kur nicht den gesamten Alltagsrhythmus zuhause verändern und ein paar Massagen und Vorträge können keine grundsätzliche Entspanntheit bewirken. Auch ist es sicherlich nicht so, dass die Freizeitstunden, sofern man sich den Wochenplan nicht zu voll knallt, die Alleinverantwortung und Mehrbelastung aufwiegen, vor allem mit mehreren Kindern. Wenn man Glück hat, hält sich das die Waage. Die beengte Wohnsituation, die Inflexibilität beim Essen, die fremde Umgebung kommen als Druckfaktoren dazu, neben Heimweh/ Vermissen, Einsamkeit, fehlender Mobilität, falls kein Auto vor Ort ist, und vielleicht auch Kindern, die sich mit der Umstellung schwer tun.
Eine Mutter-Kind-Kur, vor allem mit meinen beiden Kindern, die bekanntlich nicht die friedlichsten und harmonischsten Geschwister sind, war ein No-Go für mich. Danach wäre ich mit Sicherheit völlig erschöpft gewesen. Die vielen Negativ-Berichte bestätigten meine ablehnende Haltung. Irgendwann Mitte des letzten Jahres, als meine Rückenschmerzen trotz langanhaltender Physiotherapien einfach nicht besser, sondern fast noch schlimmer wurden, als ich dazu merkte, dass ich im Alltag eigentlich kaum Zeit für regelmäßige Physiotherapie hatte und diese Termine mich noch zusätzlich belasteten und stressten, dachte ich zum ersten Mal ernsthaft über eine Kur nach, wusste aber von Anfang an, dass ich davon nicht primär eine Verbesserung meiner Beschwerden erwarten, sondern sie lediglich als Auszeit vom Alltag ansehen würde.
Zur Mutter-Kind-Kur mit dem Großen: Die VorgeschichteBildquelle: Pixabay
Ich liebäugelte damals schon mit dem Gedanken, mit dem Großen allein zu fahren, was aber noch utopisch war, da die Kleine jegliches Insbettbringen durch den Papa ablehnte. Im September sprach ich das Thema schüchtern bei meiner Frauenärztin an und sie unterstützte mich sofort. Sie begleitet mich seit der Schwangerschaft mit der Kleinen und kennt unsere schwierige Geschichte mit dem Großen, unsere Situation und meine Verfassung etwas. Sie sagte zu, den Antrag zu befürworten.
Um das Antragsformular zu bekommen, musste ich bei meiner Krankenkasse anrufen und meine Situation ausführlich schildern. Nein, das Formular gibt es nicht online, anscheinend will man von zu einfacher Antragstellung abschrecken. Ich war darauf nicht vorbereitet und hatte das Gefühl, ich wirkte nicht sehr überzeugend. Ich zweifelte ja selbst noch an dem Kur-Gedanken! Aber ich bekam das Formular zugeschickt, füllte es aus und schickte es zu meiner Frauenärztin. Ich sagte mir, ich könne immer noch entscheiden, ob ich es endgültig einreichen würde. Eigentlich wäre eine Kur allein am nötigsten gewesen, aber dass ich das dem Mann nicht zumuten konnte und mir selbst nicht erlauben würde, war klar. Mit beiden Kindern wollte ich aber auf keinen Fall fahren. Und so wälzte ich die Möglichkeiten hin und her.
Warum nur mit dem Großen?
In der Zeit, in der ich mich mit dem Gedanken grundsätzlich beschäftigte, wurde die Idee, mit dem Großen allein zu fahren, immer größer. Ich hatte auch im Antrag angegeben, dass wir einen sehr schwierigen Start (und damit meine ich die ersten 4 Jahre) miteinander hatten und ich durch so eine gemeinsame Erfahrung gern noch mehr mit ihm zusammenwachsen würde. Auch war die Gelegenheit im Jahr vor seiner Einschulung günstig. So einfach könnte ich ihn später als Schulkind nie wieder loseisen. Ein weiteres Argument war, dass ich mir bei ihm zwar nicht sicher war, aber sehr stark hoffte, dass er mit seinen nun 6 Jahren die eingewöhnungslose Fremdbetreuung akzeptieren würde. Zwar hat er immer wieder Trennungsängste, aber ist auch verständig genug, um eine zeitweise Trennung einzusehen, damit ich mich erholen kann. Die Kleine ist zwar mutiger, immerhin ist es ihr zu verdanken, dass beide Kinder nach Weihnachten erstmals allein in der Kinderbetreuung unseres Stamm-Ferienparks blieben. Aber sie ist auch unberechenbarer und sehr von der Chemie zu einer Erzieherin abhängig und würde allein mit mir wahrscheinlich noch mehr an mir hängen als ohnehin schon. Ein unproblematische Fremdbetreuung des Kindes ist für mich persönlich eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine erholsame Kur und wäre mit ihr nicht garantiert gewesen. Beim 6 Jahre alten Großen kann ich mir natürlich auch nicht sicher sein, ob es klappt, aber ich hoffe stark auf seine Einsicht und Bereitschaft und spreche viel mit ihm darüber.
Dass ich nach seinerzeit 3 1/2, mittlerweile fast 4 Jahren, in denen ich eindeutig die wichtigste Bindungsperson für meine Kleine war, mal etwas Abstand von ihr haben wollte und brauchte, spielte auch mit hinein. Niemals hätte ich sie aber zu einer Zeit allein gelassen, in der sie noch sehr stark auf mich angewiesen war. Das größte Problem war weiterhin das Schlafengehen, was nur mit mir möglich war. Im Herbst 2016 machte sie dann endlich große Fortschritte und schaffte es, sich trotz meiner Anwesenheit freiwillig vom Papa ins Bett bringen zu lassen. Damit fiel ein großer Unsicherheitsfaktor meines Planes weg. Zwar will sie derzeit wieder NUR von mir ins Bett gebracht werden, aber ich weiß, sie wird das schaffen, denn die ursprüngliche Hürde ist überwunden. Als dies absehbar war, wurde ich immer sicherer, dass ich mit dem Großen allein fahren könnte.
Trotzdem hatte ich sehr viele Bedenken und ein schlechtes Gewissen, die Kleine zuhause zu lassen, verständlicherweise. Immerhin war sie noch nie mehr als 15 Stunden von mir getrennt, hängt stark an mir und auch ich würde ihre Frohnatur, ihr liebevolles, patentes, quirliges Wesen sehr vermissen. Dafür hätte der Große endlich mal eine längere ungestörte Exklusivzeit mit mir. Ihr wisst, wie gut meinen Kindern Exklusivzeiten tun (siehe auch dieser Bericht). Eine Kollegin und die liebe Sandy vom Blog Ein Haufen Liebe, die ebenfalls mit ihrem gleichaltrigen Großen auf Mutter-Kind-Kur fahren würde (mittlerweile schon zurück) und ihre Kleine zuhause ließ, halfen mir mit Ratschlägen und beruhigten mich. Es war in jedem Fall kein einfacher Entscheidungsprozess.
Zur Mutter-Kind-Kur mit dem Großen: Die Vorgeschichte
Nach unserem Herbsturlaub war das von meiner Frauenärztin ausgefüllte Formular im Briefkasten und ich schickte es gleich weiter an die Krankenkasse. Nur den Großen als Begleitkind einzutragen fühlte sich wirklich sehr komisch an. Ehrlich gesagt, rechnete ich nicht mit einer Bewilligung, denn es gibt sicherlich viele Frauen, die in einer noch viel anstrengenderen Situation sind als ich und stärkere physische oder psychische Probleme haben. Aber bei einer Mutter-Kind-Kur handelt es sich ja auch um eine Präventionsmaßnahme, die vor einem endgültigen Zusammenbruch bewahren und neue Energie für den Alltag geben soll. Genau das brauche ich.
Als kaum anderthalb Wochen später (Anfang November) die Bewilligung kam, konnte ich es trotzdem kaum glauben. Die Gefühle waren gemischt. Die von der Krankenkasse festgelegte Kurklinik und den Ort kannte ich nicht. Als ich aber nachschaute und sah, dass wir nach Usedom fahren würden, freute ich mich total, denn dorthin wollte ich schon immer mal und irgendwie hatte es noch nie (bis auf einen ganz kurzen Besuch) geklappt. Von der Kurklinik wurde ein Termin im Dezember vorgeschlagen. Dieser passte aber aus diversen Gründen überhaupt nicht und ich fragte deshalb einen Termin im März/ April an. Und nun ist es bald soweit. Wir sind sehr gespannt, ohne aber mit zu vielen Erwartungen heranzugehen (eine schwierige Balance), und ich werde selbstverständlich berichten.
Im nächsten Teil lest ihr etwas über unsere Planungen, sowohl was den Aufenthalt vom Großen und mir auf Usedom angeht als auch für die Organisation zuhause.
Wart ihr schon einmal zur Mutter-Kind-Kur, evtl. sogar auch nur mit einem Kind? Was könnt ihr berichten? Oder seid ihr skeptisch, vielleicht aus den gleichen Gründen wie ich bisher?

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