Ein 15-jähriges Mädchen muss einen Mann heiraten, der doppelt so alt ist wie sie. Alltag in Nepal, wo die Hälfte aller Mädchen Kinderbräute werden. CARE kämpft gemeinsam mit mutigen Frauen – und Männern! – gegen diesen Brauch. Zehn Millionen. Das ist die Zahl der Mädchen, die jedes Jahr vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet werden. Oft gegen ihren Willen, gegen die Zeichen ihres noch kindlichen Körpers, gegen ihre Zukunftsträume werden sie zu Kinderbräuten und damit zum Besitz ihres Ehemannes und seiner Familie.
Dabei können sie sich selbst nicht dagegen wehren, ob der Ehemann doppelt so alt ist wie sie selbst, ob er zur Gewalt neigt oder in seiner Frau einfach eine billige Arbeitskraft für den Haushalt sieht.
Jede siebte dieser Kinderbräute wird sogar im Alter zwischen elf und 14 Jahren verheiratet. Sie sind selbst noch Kinder, aber dem Willen ihres Mannes haben sie nichts entgegenzusetzen.
Und dann, viel zu häufig, passiert es:
Eine verfrühte Schwangerschaft, die das Leben des Mädchens und des ungeborenen Kindes gefährdet. Denn Mädchen unter 15 Jahren haben ein fünfmal so hohes Risiko, bei der Geburt zu sterben, wie Frauen, die älter sind als 20. Ihr Körper ist noch nicht bereit für eine Schwangerschaft und eine Geburt, von den psychischen Folgen ganz abgesehen. Eine solch frühe Heirat und der meist damit verbundene körperliche Missbrauch ruft oft ein Trauma hervor, das die Mädchen ihr ganzes Leben lang begleitet. Mädchen werden als finanzielle Last empfunden Doch warum wird Kinderheirat weiter praktiziert, warum steht sie in einigen Teilen der Welt immer noch auf der Tagesordnung?
Sicherlich sind die Ursachen vielfältig, von Land zu Land verschieden und liegen teilweise in jahrhundertealten Traditionen begründet. Aber es geht auch – wie so oft – ums Geld. Mädchen werden bis zu ihrer Heirat als finanzielle Last empfunden, die von den Eltern und Verwandten getragen werden muss. Sie werden – anders als Jungen – nicht als Versorger und zukünftiges Familienoberhaupt geliebt und gefördert, sondern müssen häufig schwer im Haushalt arbeiten, dürfen nicht zur Schule gehen und werden dann so früh wie möglich verheiratet, um nicht weiter zur Last zu fallen. So auch in Nepal.
Wir werfen einen Blick in ein Dorf, in dem viele Wanderarbeiter und Mitglieder niedriger Kasten leben. Kasten sind in Nepal weitverbreitete Einteilungen von Menschen in eine soziale Schicht, abhängig von der Familie wird man in eine hohe oder niedrige Kaste geboren. Für Angehörige niedriger Kasten ist es fast unmöglich, eine Arbeit zu finden, mit der sie sich und ihre Familien ernähren und an der Gesellschaft teilhaben können. Es gibt kein Entrinnen und keinen sozialen Aufstieg, denn die Einteilung in eine Kaste und damit der soziale Rang bestehen ein Leben lang.
Auch Nitu Kumari Paswan lebt in einer Familie, die Tag für Tag um ihre Existenz fürchten muss:
„Die Menschen hier sind arm und von der Gesellschaft ausgeschlossen. Armut ist auch der Grund dafür, dass viele Eltern ihre Töchter früh verheiraten.“ Nitu ist jetzt 15 Jahre alt, sollte aber schon vor drei Jahren verheiratet werden. „Für junge Mädchen muss eine viel kleinere Mitgift gezahlt werden, zudem sind Unterhalt und Schulbildung teuer. Uns Kinder zur Schule gehen zu lassen, bedeutet für unsere Eltern hohe Ausgaben. Mein Vater wollte mich früh verheiraten, weil er sich das nicht leisten konnte“, erklärte Nitu die Entscheidung ihres Vaters. Ihre Eltern hofften, dadurch einen Teil der finanziellen Belastung abgeben zu können. Denn obwohl beide hart arbeiten, reicht das Geld kaum zum Leben: „Da wir kein eigenes Land besitzen, arbeitet meine Mutter auf den Feldern unserer Nachbarn. Jeden Tag bringt sie ein paar Getreidekörner Lohn mit nach Hause. Nach der Schule helfe ich ihr oft auf dem Feld, damit wir besser über die Runden kommen. Mein Vater fährt eine Rikscha. Es ist ein gefährlicher Beruf und obwohl er sehr hart arbeitet, verdient er im Durchschnitt umgerechnet nur 1,50 Euro pro Tag.“
Lesen Sie nächsten Donnerstag hier bei FrauenBlog die Fortsetzung dieses Beitrags: “Ein Tag der alles veränderte”
Aus: care_affair / care.de
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