Zur Bergziege mutiert?

Von Brennr @BrennrDE

Eigentlich ging ich davon aus, dass ich nach dem Jungfrau Marathon erst einmal keine Lust auf weitere Höhenmeter hätte. Doch ich hatte Blut geleckt und die beiden Laufveranstaltungen “Himmelsleiter Trail” und “Strahlenburg Trail” in unmittelbarer Nähe boten sich förmlich an, die bergerprobten Beine erneut zu quälen. Ganz so hoch wie in der Schweiz gingen die beiden Läufe zwar nicht, aber dennoch kamen fast 1.200 Höhenmeter zusammen. Und sehr viel Spaß!

Himmelsleiter Trail
Im Rahmen des 2. Gelita Trailmarathon Heidelberg gab es dieses Jahr zum ersten Mal die Kurzstrecke über die Himmelsleiter und zurück. Diese Natursteintreppe bin ich vor über zwei Jahren zur Vorbereitung auf einen Treppenlauf (Frankfurter Messeturm) hochgelaufen. Sollte machbar sein. Die Strecke ist mit knapp 10 Kilometern Länge angegeben. Im Vorfeld dachte ich, dass es vom Start (Heidelberger Schloss) die Straße bis zur Himmelsleiter geht, dann die 1.200 Stufen hoch und danach wieder die Straße runter bis zum Ziel am Schloss. Doch der Streckenverlauf war erfreulicherweise ganz anders und ich wählte im Vorfeld zum Glück einen Trail-Schuh (Mizuno Wave Ascend 8) und keinen Straßenschuh.
Das Wetter war perfekt (heiter, 14 Grad). Vom Start aus ging es ein kurzes Stück über Asphalt, aber schon gleich befand ich mich mitten im Wald. Es ging zum Teil sehr steil zu, aber es gab auch unerwartete Abwärtspassagen. So kamen natürlich deutlich mehr positive Höhenmeter zusammen, als die 270 der Himmelsleiter. Bis zur Himmelsleiter war ich laufend unterwegs. Ich passte meine Tempo gut den jeweiligen Steigungen an. Die ersten Stufen der Himmelsleiter lief ich zunächst auch hoch, doch schnell merkte ich, dass ich das nicht durchhalten kann und mich eher kaputt mache. Hinzu kam, dass ein Überholen z.T. nicht oder nur schwer möglich war. Zügigen Schrittes kämpfte ich mich hoch und je näher ich dem “Gipfel” kam, desto schneller wurde ich. Geschafft!
Das war die Pflicht und nun kam die Kür. Vollgas den Berg runter. Die Strecke war nun sehr anspruchsvoll. Lose und unterschiedlich große Steine. Für mich kein Grund zu bremsen. Ich genoss das Auge-Fuß-Koordinationsspiel und überholte etliche Läufer, die z.T. ungläubig und kopfschüttelnd auf meinen Harakiri-Stil reagierten. Eine unerwartete Steigung bremste mich nur kurz aus und dann ging es weiter abwärts zurück zum Schloss. Überraschend früh kam das Ziel immer näher. Das lag daran, dass die Strecke deutlich kürzer als die angegebenen 10km war. Es waren letztendlich nur 8,8km. Eigentlich egal, aber wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich etwas früher die letzten Reserven rausgekitzelt. Dementsprechend war ich für den Zielsprint noch richtig fit und flog förmlich ins Ziel. Ich konnte sogar lächeln.
Womit ich nicht rechnete, war die Medaille. Ich ging davon aus, dass diese nur den Marathonis vorbehalten war. Etwas überrascht nahm ich sie dankend entgegen. Danach bediente ich mich an den Versorgungsständen im Ziel. Leider dauerte es eine Weile, bis ich meine Tasche wieder hatte, denn am Gepäckzelt bildete sich eine lange Schlange. Dies müsste man noch verbessern. Ansonsten war es eine schöne Veranstaltung mit einer tollen Strecke. Hat richtig Spaß gemacht!
PS: Ich hatte bei diesem Lauf doch tatsächlich zum ersten Mal meinen ChampionChip nicht dabei! Ich sag’s euch, das ist der Horror! Das wünsche ich keinem. Meine handgestoppte Zeit wurde freundlicherweise dennoch aufgenommen (Platz 41 von 200).

Strahlenburg Trail
Auch dieser Lauf, nur eine Woche später, fand zum ersten Mal statt. Der Trend “Trailrunning” macht sich nun auch durch neue Laufveranstaltungen bemerkbar. Ich kannte die Umgebung bereits, da ich im August beim “Revierguide” des Trail-Magazins teilgenommen hatte. Start und Ziel war die schöne Strahlenburg und das Wetter war ebenfalls genial (sonnig, 15 Grad). Es gab zwei Läufe, den Fitness-Trail (7,6km) und den “King of the Hill” (15,2km). War ja klar, für welchen ich mich anmeldete. Im Vorfeld ging ich eigentlich davon aus, dass ich aus zeitlichen Gründen gar nicht teilnehmen kann. Doch es klappte dann erfreulicherweise doch. Zum Glück, denn ich hätte echt etwas verpasst.
Es gab zwei Runden à 7,6km zu absolvieren. Die ersten 1,5km gehen gleich mit 260m hoch. Das haute natürlich sofort rein. Doch inzwischen bin ich ja ein kleinwenig erfahrener und dosierte mein Tempo gut, um nicht gleich alle Körner auf einmal zu verbrauchen. Immerhin musste ich da auf der zweiten Runde erneut hoch. Ich spürte den Himmelsleiter Trail von einer Woche zuvor noch sehr in den Beinen. Ganz so leicht fiel mir das Laufen daher nicht. Ich war sogar am Überlegen, ob ich nicht nur eine Runde laufen sollte. Bergauf war schon sehr anstrengend.
Die Strecke war anspruchsvoll und abwechslungsreich. Zum Teil schmale Trails mit Wurzeln und Steinen, was will man mehr? Eben. Und deswegen quälte ich mich weiter hoch und genoss dann wieder die Abwärtspassagen. Wenn auch nicht so halsbrecherisch wie noch eine Woche zuvor. Dafür waren meine Beine zu müde.
Gegen Ende der ersten Runde fühlte ich mich wieder besser und ging entschlossen auf die zweite Runde. Manche Abschnitte vor allem zu Beginn konnte ich nun nicht mehr laufend bewältigen. Aber ein zügiges Gehen und Vollgas bergab führten dazu, dass ich doch tatsächlich einen negativen Split lief. Vor allem der letzte Kilometer riss es raus. Da gab ich mir ein geniales Duell mit einem Läufer, das in einem phänomenalen Zielsprint endete. Es ging zwar nur um Platz 72 von 173, aber es machte richtig Spaß. Sogar die Zuschauer waren von unserem Tempo überrascht. Im Ziel strahlten wir uns beide an und klatschten ab. So muss es sein. Ich gewann übrigens.
Auf der Burgterrasse konnte man nach dem Lauf bei schönstem Wetter den Ausblick genießen und dabei etwas essen oder trinken. Eine geniale Location für einen Trail-Lauf. Auch wenn er verdammt anstrengend war, dieser Lauf hatte sich gelohnt.
PS: Mit meiner Durchgangszeit wäre ich beim Fitness-Trail tatsächlich 15. von 105 geworden. Hätte ich mich hierfür angemeldet und auf der einen Runde alles gegeben, wäre Platz 10 eventuell möglich gewesen. Aber davon hätte ich mir eh nichts kaufen können. Da bin ich lieber „King oft he Hill“.

Fazit:
Diese beiden Trail-Veranstaltungen machten richtig Spaß und schreien förmlich nach einer Wiederholung. Gerade zum Ende der Saison sind diese ein schöner Abschluss des Wettkampfjahres. Das Laufen in der Natur mit Steigungen und Gefälle machen echt Laune. Nur ganz so steil muss es nicht sein. Eine Bergziege werde ich wohl nie. Dafür bin ich aber anscheinend eine Downhill-Sau.