Die Argumentation einer „Zweiklassengesellschaft“ halte ich für ziemlich frech, aber aus Sicht der GIS ist sie wohl nur konsequent – weiterhin wird nämlich mit der Existenz eines Empfangsgeräts (bzw. in diesem Fall: Internet-Anmeldung) in einer Wohnung selbstverständlich die regelmäßige Rezeption des ORF-(Radio-)Programms unterstellt!
So heißt es aktuell auf der Website des ORF-Gebühreninformationsservice:
Die GIS nimmt die Entscheidung zur Kenntnis und wird sie selbstverständlich unverzüglich umsetzen. Gleichzeitig stellt die GIS fest, dass durch diese Entscheidung eine Zweiklassengesellschaft unter den ORF-Hörerinnen und -Hörern entsteht: Wer die ORF-Radio-Programme auf herkömmlichen Weg konsumiert, bezahlt Rundfunkgebühr, wer dieselben Programme über das Internet hört, nicht.
Um das klar zu stellen: Ich finde einen staatlich finanzierten Rundfunk äußerst wichtig. Nur ist das derzeitige An- und Abmeldesystem von Empfangsgeräten ein absoluter Schmarren – alleine schon, was den Verwaltungsaufwand sowie die GIS-Vernaderungen (samt bewusster Falschinformation und Drohgebärden durch MitarbeiterInnen) betrifft -, und das ORF-Budget sollte m.E. besser durch die ohnehin sehr hohe Steuerquote abgedeckt werden (und NICHT durch eine ZUSÄTZLICHE Haushaltsabgabe).
Gebühren trotz Werbewahnsinn
Die Menge der über die ORF-Programme ausgestrahlten Werbung war für mich über die vergangenen Jahre kaum mehr auszuhalten. Und das ist der primäre Grund, warum ich mittlerweile gar keinen Fernseher mehr besitze. Den für mich viel essentielleren, im Hi-fi-Verstärker verbauten, für ORF-Programme jedoch praktisch nicht genutzten Radio-Tuner (alle paar Wochen mal ein paar Minuten FM4 und immer wieder mal gezielt [!] tolle Ö1-Beiträge übers – ja, genau – Internet) habe ich allerdings nicht ungern weiterhin angemeldet.
Ebenso löst die ORF-Programmierung bei mir seit Jahren nur Kopfschütteln aus: An Samstag- und Sonntagabenden beispielsweise werden – teils im Abstand weniger Wochen – immer wieder dieselben Blockbuster wiederholt, parallel dazu gibt’s einen (manchmal wirklich guten) Tatort oder das Musikantenstadl und ähnliche Sendungen. Montag bis Donnerstag werden spannende Reportagen und Diskussionen, aber auch die teils hervorragende Comedy- und Kabarett-Schiene, oft erst nach der ZiB 2 angesetzt – das ist in zweierlei Hinsicht viel zu spät: Entweder man ist zu müde oder man schaut schon was anderes, das früher begann (mittlerweile auch gerne „on demand“). Mitunter beschäftigt man sich auch überhaupt mit anderen Dingen und schaltet nicht extra wegen einer Sendung ein. Und am Freitag wird man spätestens seit ca. November 2002 (Starmania 1) regelmäßig mit ganz, ganz schlimm „performten“ Talente-Shows (und viel Werbung) belästigt. Natürlich sind da nicht NUR furchtbare KünstlerInnen mit dabei, aber meine Ansprüche an Musik sind halt doch wahnsinnig hoch!
Österreichische Qualität versteckt
Was mich besonders oft geärgert hat: Tolle österreichische Spielfilme – oft genug vom ORF mitfinanziert – werden gerne am Sonntag ab (frühestens) 23.00 Uhr versteckt. Und uns mittlerweile am liebsten via Flimmit nochmal (weil eh schon gebühren-mitfinanziert) verkauft.
Natürlich, es gibt Festplattenrekorder (hab ich mangels Fernseher natürlich auch keinen mehr), und es gibt die TV-Thek. Aber damit wird die „Spontaneität“ / Zufälligkeit (aber auch die RezipientInnen-Gewohnheit sowie der Live-Charakter) des TV-Konsums – ein Prinzip, auf dessen Basis der ORF seine Werbeminuten zumindest teilweise verkauft – nur noch weiter abgebaut. Womit die (quasi sicheren) Gelder aus Gebühren für den ORF natürlich um so wichtiger werden.
Das größte Problem des ORF ist aber in meiner Wahrnehmung, dass man die ganzen (ich betonte nochmals: meist spannend und toll gemachten!) Nachrichtensendungen nicht mehr sehen MUSS – und dennoch nichts verpasst, so lange man z.B. (Online-) Zeitungen liest, ein bissi twittert und interessante FB-„FreundInnen“ hat.
Abschließend stelle ich fest: Ich würde gerne mal einen Monat ORF 1 und ORF 2 programmieren: Ihr würdet mich lieben und der GIS ihre Gebühren mit euphorischer Begeisterung überweisen!
(Der Kommentar ist zuerst am 24. Juli als Facebook-Post erschienen.)