Zunehmend wolkig

Erstellt am 2. Juni 2013 von Markuswaeger @markuswaeger

Je länger mich Software-Abomodelle beschäftigen, desto mehr entdecke ich die Schattenseiten davon, ohne dabei Vorteile für den Nutzer erkennen zu können (einmal abgesehen vom Lockangebot, dass man derzeit für drei auch alle Programme von Adobe haben kann – mal sehen wir lange das so bleibt).

Letzter Gedankengang: Warum gibt es Lightroom, anders als fast alle anderen Adobe-Programme, noch zu kaufen? Weil es für Lightroom, anders als bei den anderen Programmen, ernstzunehmende Alternativen gibt? Was wird sein, wenn Adobe auch in diesem Produktfeld die Mitbewerber erstickt hat? Geht Lightroom dann auch in der Cloud auf und für den Kauf verloren? Was, wenn man auf Lightroom in der Cloud einsteigt und eines Tages das Abo beenden möchte? Kein Abo mehr bezahlen, keine Bibliotheken mehr nutzen?

Gut. Lightroom ist für mich kein Thema. Ich mag das Programm ohnehin nicht. Aber!

Ich sehe aktuell drei Modelle für Software zu bezahlen:

  • Das alte Modell, bei dem man eine Vollversion kaufte, alle drei, zwei, ein Jahre ein Upgrade angeboten bekam und dafür dann etwa die Hälfte der Vollversion bezahlte. In meinen Augen ein Auslaufmodell, weil viel Software ausgereift ist und es für die Software-Unternehmen zukünftig wohl zunehmend schwieriger wird dem Kunden Argumente für Upgrades zu liefern.
  • Bei Apples Kaufmodell kauft man zwar auch eine Vollversion, aber spätere Versionen werden nicht als Upgrade angeboten, sondern als Vollversion und sind zum Vollpreis zu erwerben. Klingt nach keinem guten Deal, doch wenn man sich die Preise im App-Store ansieht, dann kosten Aperture oder iWorks einen Bruchteil der früheren Vollversion und sind somit deutlich billiger als zuvor die Upgrades.
  • Und dann gibt es eben das Mietmodell. Dass so etwas kommen würde, dachte ich mir seit langem, und stand dem bislang auch positiv gegenüber. Erst die Konditionen, die Adobe für seine Creative Cloud geschnürt hat, haben mich dazu bewogen mich kritisch damit zu befassen und meine Bedenken habe ich bereits in den vier Artikeln »Ab in die Creative Cloud«, »Konsequenzen der Creative Cloud«, »Es geht auch ohne Creative Cloud« und »Neue Wege« niedergeschrieben.

Neben diesen drei Modellen gibt es natürlich auch noch Freeware und Donationware, aber ich gehe davon aus, dass einige Leute auch leben können wollen, von dem, was sie programmieren.

Gehen wir also davon aus, dass das Upgrade-Modell ein Auslaufmodell ist und sehen wir uns an, was es bedeutet, wenn sich Abomodelle à la Creative Cloud insgesamt durchsetzen. Bei mir fiele dann Miete an, für: Creative Cloud, Aperture, Billings, CleanMyMac, CSSEdit, Chronosync, Cyberduck, DxO FilmPack, DxO ViewPoint, FontDoctor, FontExplorer, Fontlab Studio, iWorks, MarsEdit, Mouseposé, OmniFocus, OmniOutliner (auf OmniGraffle würde ich dann wohl verzichten, weil ich das nicht so oft brauche), ScreenFlow, Snapz Pro, Webesign und das Betriebssystem.

Das Betriebssystem? Klar. Wäre für Apple ein kontinuierlicher Geldfluss und würde für Microsoft viele Probleme lösen. Es wäre die logische Konsequenz, dass Betriebssysteme zu Mietsoftware werden, wenn das bei allen anderen Programmen auch so ist. Ich versuche dabei nur einen Trend, der sich mit der Creative Cloud abzeichnet, weiter zu denken.

Bei meiner Aufzählung habe ich die vielen kleineren Programme, die auf meinen Festplatten rum dümpeln, gar nicht mit aufgezählt, ganz abgesehen von den Programmen, die ich mal gekauft habe aber eigentlich nicht mehr brauche oder vielleicht auch nie brauchte. Hier erkenne ich auch einen Vorteil von Abomodellen – Software die man nicht mehr braucht kann man kündigen. Allerdings kostete vieles davon weniger als einen Euro, oder zumindest doch nicht viel mehr. Ausnahmen sind Lightroom (ja, ich habe Lightroom einmal als Lizenz erworben) und Capture One Pro. Beides zusammen wohl etwa 500 Euro an Abgängen von meinem Konto.

Fraglich ist, bei den vielen Programmen die die meisten von uns nutzen, Abomodelle langfristig die günstigere Variante sind. In meinem Fall wäre ein Einstieg in die Creative Cloud schon jetzt mit mehr Ausgaben verbunden, als bei der bisherigen Upgrade-Tradition – selbst bei jährlichen Upgrades (von den Preisen aus gerechnet die zuletzt und aktuell üblich sind).

Und wer sagt mir, dass mir meine Software auch weiterhin auf meinen beiden Arbeitsrechnern zur Verfügung steht – auf meinem Desktop und meinem Laptop – oder ob ich zukünftig je Rechner bezahlen muss? Noch ist das so, bei Adobe. Aber ob das so bleibt? Wenn ich das mit Apples Modell vergleiche, kann ich bei App-Store-Programmen alle Rechner, die unter meiner App-Store-Anmeldung registriert sind, mit gekaufter Software ausstatten (ich glaube bis zu fünf, bin mir aber nicht sicher).

Natürlich garantiert mir niemand, dass Apple – und andere Unternehmen, die ein Kaufmodell verfolgen – ihre Konditionen zukünftig nicht ändern. Doch während es einem Vermieter von Software rechtlich wohl freistehen dürfte seine Konditionen für eine Vertragsverlängerung nach belieben anzupassen, kann ich mir nicht vorstellen, dass es durchsetzbar wäre Konditionen für bereits verkaufte Software nachträglich zu ändern.

Spinnen wir die Ideen noch ein bisschen weiter und überlegen uns, ob es nicht wahrscheinlich ist, dass sich Mietmodelle auch auf andere Bereiche der Software ausdehnen lassen: Bücher und Musik. Bei Büchern ist das für mich nachvollziehbar – normalerweise lese ich sie nur einmal. Für die Verlage wäre es aber wohl ein Negativgeschäft, denn mieten macht ja nur Sinn, wenn es günstiger ist als kaufen. Bei Musik hingegen wird das ja längst angedacht. Nun: Mir persönlich bedeutet das Gefühl die Musik zu besitzen etwas – aber das mag irrational sein.

Alle Programme, die man braucht, mieten zu müssen, dürfte sich preislich zusammenläppern. Selbst wenn es unterm strich billiger wäre, als die Programme zu kaufen (was ich ernsthaft bezweifle): Die Konsequenz ist, dass man zwar Investitionen in Updrades hinauszögern kann (viele fahren wohl noch immer gut mit Windows 7, Vista oder gar älter, mit Lion oder gar Leopard, mit Photoshop CS3, etc.) Wer aber im Falle, dass sich Software-Abos insgesamt durchsetzen, seine Abos kappen wollte, hätte zwar noch Hardware, aber keine Software mehr, die darauf läuft. Hätte allerdings auch einen Vorteil: Man hätte Ruhe vor Facebook und müsste sich nicht von lästigen Fragen von Bloggern die Zeit stehlen lassen!

PS: Und ich würde nicht Zeit damit verschwenden zu schreiben, was wahrscheinlich eh niemanden interessiert. Wobei: Es regnet.