Es gibt viele Möglichkeiten, um Schuld und strukturelle Mitverantwortung für unseren anstehenden Systemcrash auszulagern. Gierige Spekulanten, gewissenlose Konzerne, korrupte Politiker. Die Auswahl an Buhmännern ist so groß wie nie.
Weg mit der FED?
Gibt es Möglichkeiten, dies zu ändern? Nein. Aus der Nummer kommen wir nicht mehr raus. Zu groß ist das Machtgefälle zwischen globalen Entscheidungsträgern und Bürgern, zwischen Zwang und Vernunft. Ob politische Elefantenrunden oder Aufstocker, alle Beteiligten sind den Zwängen desselben kapitalistischen Systems unterworfen. Es mag wohl möglich sein, die FED abzuwickeln, es wird sich jedoch nicht verhindern lassen, dass an anderer Stelle ein vergleichbares Äquivalent aufploppt. Lediglich Tageslicht und Sauerstoff gibt’s für lau. Der Rest kostet Geld.
Weg mit dem Geld?
Also weg mit dem Geld. Ein verlockendes Gedankenexperiment, über das ich schon mehrfach geschrieben habe.[1] Jedoch zu kurz gesprungen. Wenn das Geld abgeschafft wird, so der allgemeine Tenor, dann müssen wir eben wieder Tauschen. Wo ist der Unterschied zwischen Tauschen und Bezahlen? Richtig, es gibt keinen. Diesselbe Misere, nur unter anderen Vorzeichen. Also kein Tausch mehr, stattdessen kollektivierter Fluss von Bedarfsgütern. Jeder bringt sich kostenlos in den täglichen Produktionsprozess ein, erhält im Gegenzug alles was er zum Leben benötigt und das zum Nulltarif. Wenn Waren keinen Wert mehr besitzen, wenn also der Bäcker seine Brötchen ebenso kostenlos zur Verfügung stellt, wie der Schuster seine Schuhe oder der Landwirt seine Kartoffeln, dann steht nicht mehr Wert gegen Wert, sondern Engagement gegen Engagement. Dies wäre zumindest theoretisch ein realisierbares Konzept. Allerdings nur, solange sich nicht alle Beteiligten von ihrer eigenen Gier überwältigen lassen. Ohne den Einzelnen geht’s nicht.
Faulheit heißt das Ziel
Alles, was Menschen tun, dient dem Zuwachs an Effizienz. Mit weniger Kraft mehr erreichen als vorher, das ist das Konzept, nach dem die Natur Leben erschafft. Wären Aufwand und Ertrag genau gleich groß, so wäre das Ergebnis Null. Daher muss der Ertrag stets höher sein, als der Aufwand. Ohne diese kleine Unwucht könnte kein Leben existieren. In dem Maße, indem wir diese Kunst als Menschen kultiviert haben, könnte es zugleich unseren Untergang bedeuten. Um soviel zu bekommen, wie George Soros innerhalb einer Stunde verdient, müsste eine 400 Euro Reinigungskraft im selben Zeitraum die Arbeitsleistung von rund 14 Jahre erbringen. Soros ist da deutlich effizienter. Mit einer kleinen Fingerbewegung setzt er das Vielfache dessen um, was seine Raumpflegerin an Geld bewegt.[2] Aber auch George Soros tut das nicht ganz freiwillig. Auch er ist ein Gefangener seines Systems. Würde er in seiner Effizienz nachlassen und sinkende Umsätze generieren, würde er in kürzester Zeit von der Konkurrenz verschlungen werden. Effiziens und Wachstum gehen Hand in Hand.
Weg mit den Politikern?
Wann immer die Systemfrage gestellt wird, dürfen Politiker nicht fehlen. Wer auf einen charakterlich gefestigten und in weiser Vorraussicht kluge Entscheidungen treffenden Staat hofft, wird enttäuscht werden. Politiker sind genauso dumm, käuflich, erpressbar und egoistisch wie alle anderen Menschen auch. Aufgerüttelt werden sie nur durch Katastrophen wie Kriege im eigenen Land. Zudem stehen sie unter dem enormem Druck, soviel als möglich vom Weltmarkt ihrer eigenen Wirtschaft nutzbar zu machen. Wenn Frau Merkel in China landet, dann sicherlich nicht, um über Marx zu diskutieren. Vielmehr hat sie einen Tross von Wirtschaftsexperten, Ökonomen und Großproduzenten im Schlepptau, die auf lukrative Verträge hoffen. Die Konditionen und Eckdaten haben sie bereits im voraus in langen Nächten unter Zuhilfenahme komplexer Wirtschaftsalgorithmen und unter genauester Beobachtung des politischen Weltgeschehens bis ins kleinste Detail erkundet. Die Welt ist ein Geschäft. Zufälle gibt es auf dieser Ebene so gut wie keine mehr. Und sollten die erhofften Vertragsabschlüsse nicht zustande kommen, die angepeilten Ressourcen stattdessen der internationalen Konkurrenz zugute kommen, so stände die Existenz aller beteiligten Firmen unmittelbar auf dem Spiel. Und damit auch die Existenz des Standortes Deutschland. Frau Merkel hat daher keine andere Wahl, als die Hochfinanz zu hofieren. Allenfalls über das Maß ließe sich noch streiten.
Weg mit den Menschen?
Dies wäre die logische Konsequenz eines monetären Krieges, wie wir ihn führen. Wir sind auf dem besten Weg dorthin. Wenngleich kein Mensch wirklich weiß, wieviele Menschen derzeit auf diesem Planeten leben, geisterte erst unlängst die Zahl von sieben Milliarden durch die Medien. Dies kann stimmen oder auch geschickte Panikmache sein, nach dem Motto: „Das Boot ist voll!“
Durch die Blogs hingegen geistert eine andere Zahl. Zwei Milliarden Überlebende sollen angeblich das angestrebte Vernichtungsziel sein, welches Bilderburger und andere Elitezirkel sich auf die Fahnen geschrieben haben. Dabei ist das Ausmaß des Bevölkerungswachstums bereits seit Jahren rückläufig. Wir werden zwar mehr, aber nicht mehr so schnell wie früher.
Interessanterweise reagieren Menschen auf diesem Globus unterschiedlich auf Armut. Während Menschen der westlichen Hemisphäre eher mit Kinderverzicht auf Armut reagieren, scheint in der östlichen Hemisphäre vorwiegend die Auffassung verbreitet zu sein: „Je mehr Kinder, desto mehr Hände, die Geld verdienen können.“ In den wirklich armen Ländern dieser Welt scheinen Kinder somit auch dem Ziel einer Altersvorsorge zu dienen. Eine bessere soziale Absicherung weltweit könnte diesem Phänomen entgegenwirken. Aber das Gegenteil wird getan.
Essen auf Rädern
So werden in Afrika und anderen weiten Teilen der Welt zusehends landwirtschaftliche Ertragsflächen für den Anbau von Biotreibstoffen zweckentfremdet. Anstatt den Menschen dort ein bescheidenes Wohlstandswachstum zu ermöglichen, dessen Voraussetzung ausreichende Nahrung ist, werden die Menschen zusätzlich in die Armut bis hin zum Hungertod getrieben. Sei es durch Spekulationen, die die Nahrungspreise nach oben treiben, sei es durch das Wirken des IWF oder auch durch Ölpalmen in Monokultur.
Tief gesunken
Was sich derzeit unter der Wasseroberfläche unserer Weltmeere abspielt ist unbeschreiblich.[3] Mehrere Jahrzehnte lang haben Stromkonzerne bis 1994 ihren radioaktiven Müll im Meer verklappt. Schwach- und mittelstark radioaktiver Müll wurde in einfachen Fässern im Bauch der Ozeane entsorgt. Insgesamt haben die Atmommüll produzierenden Staaten dieses Welt in weniger als fünf Jahrzehnten wesentlich mehr als 100 000 Tonnen radioaktiver Abfälle ins Wasser gekippt. Übrigens eine deutsche Idee, der sich dann andere Staaten anschlossen. Die Fässer sind mittlerweile verwittert und der strahlende Inhalt sucht sich seinen Weg zu uns über die Nahrungskette. Zugleich leiten Sellafield und La Hague Tag für Tag völlig legal radioaktive Abwässer ungereinigt in die Nordsee ein. Nicht erst seit Fukushima werden in Fischen hochgefährliche Elemente wie Cäsium, Strontium und Plutonium nachgewiesen. Bald schon finden wir unseren Teller auch im Dunkeln.
Der verschlungene Planet
Das einzige, was wir zum Essen haben, ist unser Planet – und wir müssen essen. Das ist die Herausforderung, vor der wir als Menschheit stehen. Wir haben die Möglichkeit, sie zu bewältigen. Durch Permakultur, durch vertikalen Anbau, durch weltweite soziale Sicherungssysteme und vor allem durch eine grundlegene Änderung unserer Nahrungsgewohnheiten. Beispielsweise durch massiven Fleischverzicht. Wir wollen jeden Tag unseren Sonntagsbraten, aber jedes Kilo Braten verschlingt zuvor 10 Kilo an pflanzlicher Nahrung. Das kann die Erde nicht auf Dauer stemmen, insbesonders, da gerade eine Reihe ehemaliger Schwellenländer dabei ist, Fahrt aufzunehmen in Richtung Wohlstand und Wirtschaftswachstum. Der ökologische Fußabdruck jedes einzelnen Menschen misst gegenwärtig 2,2 globale Hektar (gha).[4] Soviel benötigen wir, um unseren täglichen Bedarf zu decken. Allerdings hat die Erde nur 1,8 gha zu bieten, mehr gibt der Planet beim besten Willen nicht her. Der Verbrauch der Menschheit als Ganzes übersteigt die Tragfähigkeit der Erde somit um ca. 20 Prozent. Ohne ungewissen Ausgang.
Sein oder nicht sein – Mensch oder Parasit
Das ist hier die Frage. Zuvieles gibt es, das sich ändern müsste. In den Köpfen, den Herzen und im Handeln der Menschen. Wir müssen als Ganzes begreifen, dass es unverzichtbar ist, mit unserem Denken in den nächst größeren Schaltkreis zu wechseln. Schaltkreis 1: Jagen und Sammeln. Schaltkreis 2: Tauschen und Tricksen. Schaltkreis 3: Mehr geben als nehmen sowie leben und leben lassen. Solidarität statt Egoismus. Autorität durch Kompetenz statt durch Unterwerfung. Vor allem jedoch: Freiwilliger Machverzicht aller Beteiligten. Dann könnten wir es schaffen.