(Lies hier nach, um was es geht: Wegen noch laufendem Patent für eine von 3 Indikationen soll ich Lyrica nicht mit einem Generikum ersetzen … aber was passiert, wenn?)
Für diejenigen, die es interessiert, was die Krankenkassen denn geantwortet haben. Via Twitter habe ich von den grösseren diese offiziellen Antworten bekommen:
Sie berufen sich alle auf das Heilmittelgesetz und die Übernahme von Medikamenten. Das heisst: sie bezahlen die Medikamente, die der Arzt entsprechend der Diagnosestellung und Indikation aufgeschrieben hat und anhand der gesetzlichen Vorlagen, also: was auf der Spezialitätenliste steht mit den entsprechenden Limitationen.
„Wir unterstützen den Einsatz von Generika, sofern er sich innerhalb der gesetzlichen Grundlagen bewegt. Am einfachsten wäre es natürlich, wenn direkt der verschreibende Arzt an das Generikum denkt.“
Das bekam ich etwas ausführlicher noch von einer anderen Krankenkasse:
„Wenn das Medikament gegen Epilepsie oder Angststörungen verschrieben wird, kann der Arzt auch das Generika verschreiben. Die Krankenversicherung übernimmt dieses. Wird es jedoch für neuropathische Schmerzen verschrieben, wäre dies wie Sie richtig schreiben, ein “Off-Label-Use” wenn man das Generikum verschreibt. Es liegt in der Pflicht des Arztes, die richtige Indikation mit dem richtigen Medikament zu verknüpfen.“
Das heisst hier: sie schieben die Verantwortung komplett auf den Arzt, dass der das richtige Medikament aufschreibt … also Original (möglichst) nur noch für die neuropathischen Schmerzen und Generika für die Angststörungen oder Epilepsie (bei Neubeginn oder Umstellung).
Zur Frage, ob das gemerkt wird, wenn das nicht so verschrieben wird, respektive, was passiert, wenn das auffällt:
„Die Krankenversicherer verfügen über keine Diagnosedaten. Deswegen ist für sie nicht ersichtlich ist, für welche Indikation das Medikament / Generikum vom Arzt verschrieben wurde.“
Also … hat der Patient eine Chance, dass das durchgeht, ohne dass es auffällt und dann übernommen wird.
Aber: (andere Krankenkasse):
„Von Gesetzeswegen sind wir verpflichtet, nur Leistungen oder wie in diesem Falle Medikamente aus der Grundversicherung zu zahlen, für die u.a. die Wirksamkeit erwiesen ist (Zulassung von swissmedic) und die auf der Spezialitätenliste aufgeführt sind. …
Zur Beurteilung können deshalb medizinische Berichte zuhanden des Vertrauensarztes eingefordert werden.“
Das bedeutet: das kann kontrolliert werden. Und dann … Ja, dann kann das zu Rückforderungen kommen. Bei uns in der Schweiz nicht von der Apotheke, aber vom Patienten.
Mir ist klar, etwas anderes können die Kassen wohl auch gar nicht schreiben, da das gegen die gesetzlichen Vorgaben laufen würde. Einer auf Twitter (Nicht-Krankenkassen) hat gemeint, dass es für die Firma dann ja auch unattraktiver wird überhaupt neue Indikationen für ihr Medikament zu finden und zuzulassen (kostet auch alles Geld).
Ja – allerdings finde ich das wird hier wirklich nur eingesetzt, um noch einiges länger möglichst viel Geld aus dem Original herauszuholen. In diesem Fall bis 2017.
Was ich aber gelernt habe (und das wusste ich bisher nicht): Es gibt ein Mittel, mit dem Krankenkassen die Wirtschaftlichkeit bei den Ärzten kontrollieren und bei hohen Abrechnungen oder übermässigem Einsatz von (teuren) Originalen nachhaken: Die Wirtschaftlichkeitsbeurteilungen oder WZW-Verfahren der santésuisse.
Erst gibt es einen Warnbrief an den Arzt, worauf die ihre -nach Meinung der santésuisse, überdurchschnittlich hohen Kosten erklären müssen. Bei Bedarf werden Ärzte zu einem Gespräch eingeladen. Es folgen Zielvereinbarungen. Eine erneute Verwarnung im Folgejahr kann eine Eingabe der santésuisse bei Gericht bedeuten.
Wow. Das ist ziemlich heftig. Da liegt es sicher im Interesse des Arztes auch Generika wenn möglich zu verschreiben.
Meine Erfahrung in der Apotheke ist aber, dass viele Ärzte sehr lange brauchen, bis sie anfangen ein Generikum oder einfach den Wirkstoff zu verschreiben … und manche scheinen da nie zu wechseln (vor allem die älteren Hausärzte). Ob das jetzt Gewohnheit ist, sie wirklich nicht wechseln wollen (glaube ich nicht) oder das Vertrauen darauf, dass die Apotheke das dann schon selber ändert, weiss ich nicht. Und dann gibt es da noch die Spitäler, die von den Pharmafirmen riesen-Rabatte dafür bekommen, dass sie im Spital die Original-Medikamente abgeben und die dann auch auf den Austrittsrezepten landen. Rabatte, die wir hier in der Apotheke nie zu sehen bekommen … und wo auch sicher nicht ein Anteil an den Patienten weiter gegeben wird oder gar auf den dafür eingerichteten Fonds einbezahlt … aber das ist ein anderes Thema.
Eine Krankenkasse hat noch vorgeschlagen das Auto-Generikum Pregabalin Pfizer zu nehmen, das mit denselben Indikationen zugelassen wurde wie das Original von Pfizer.
Das wäre eine echte Lösung, nur … ist das Generikum gar nicht im Handel! Und ich bezweifle, dass es das so schnell kommen wird.
In England haben sie übrigens dasselbe Problem – dort noch verschärft durch die Tatsache, dass Medikamente hauptsächlich mit dem Wirkstoffnamen verschrieben werden. Pfizer hat da im September einen Gerichtsfall verloren (siehe Artikel hier) – Es ist für mich etwas schwierig herauszulesen – aber trotz dem müssen auch dort die Originale weiterhin für neuropathische Schmerzen abgegeben werden. Pfizer hat aber damit eine Warnung bekommen, dass sie die Apotheker nicht mehr mit grundlosen Drohungen in Briefen unter Druck setzen damit sie nicht das Generikum abgeben wenn es für neuropathische Schmerzen verschrieben wurde.
Für mich in der Apotheke heisst das alles: ich bleibe hier bei genau dem, was der Arzt verschrieben hat. Höchstens bei einer Neueinstellung bei Epilepsie oder Angststörungen habe ich eine Chance auf das Generikum zu wechseln – und dafür muss ich das Gespräch mit den Patienten suchen: um herauszufinden, für was er es braucht und seine Einwilligung zum Wechsel zu haben.