Zum Buch: Bilderan- und -enteignung


Unter der Rubrik "Zum Buch" stelle ich hier Zusatzmaterial, Ergänzungen, Korrekturen u. Ä. zu meinem kommenden Buch Terrorismus im Spielfilm: Konflikte - Genres - Figuren (Springer VS, 2016) ein.
Im Kapitel zum Nordirlandkonflikt und zur IRA im Film (Unterkapitel 3.2.3.1: "Historisierungen, Zeitgeschichte(n) und Aufarbeitung") gehe ich auf Terry Georges SOME MOTHER'S SON (MUTTER UND SÖHNE, Irland/USA 1996) ein. Dieser handelt von zwei Müttern (Helen Mirren, Fionnula Flanagan), deren Söhne nach einer Aktion gegen das britische Militär zu langen Haftstrafen verurteilt werden und mit in den Hungerstreik 1981 treten.
Obwohl Regisseur und Drehbuchautor Terry George, selbst mit republikanischer Vergangenheit, sich mit dem Film klar gegen die Hardliner-Politik der Thatcher-Regierung (die den politischen Status der Inhaftierten aufhob) wendet, ist SOME MOTHER'S SON geprägt vom Bemühen, beiden Seiten, der britischen und der irischen, Gerechtigkeit zukommen zu lassen bzw. die humanitäre Seite des Konflikts als menschliches Drama "entpolitisierend" in den Mittelpunkt zu stellen. Dabei wird auch die Vereinnahmung der Streikenden durch IRA und Sinn Féin kritisiert, derweil von dieser Seite wiederum dem Film eine allzu weiche, liberale Haltung vorgeworfen wurde.
Es hinderte freilich Sinn Féin und Co. nicht, sich Bildern aus dem Film als Motivvorlagen zu bedienen, um auf Flugblättern (eines davon ist einzusehen in der Northern Ireland Political Collection der Linen Hall Library in Belfast) oder - wie hier zu sehen - auf Wänden für Gedenkveranstaltungen zum 1981er-Hungerstreik zu werben.
Zum Buch: Bilderan- und -enteignung Some Mother's Son, Screenshot / Videoaufzeichnung der ZDF-Fernsehausstrahlung
Zum Buch: Bilderan- und -enteignung Quelle: Flickr, CC BY-NC-SA 2.0, Nutzer PPCC Antifa; aufgenommen am 10. August 2008)
Dies zeigt zum einen, wie Bildmaterial aus populären Filmen geeignet ist, erinnerungsfunktional an die Stelle von "authentischen" Aufnahmen zu treten, diese vielleicht gar zu verdrängen - und sei es nur, weil sie in ihrer Komposition besonders a-/effektiv sind und eine besondere "innere Wahrheit" jenseits bloßer Abbild- bzw. Beleghaftigkeit zum Ausdruck bringen
Zum anderen demonstriert es, dass vielleicht um Repräsentationen, Handlungen und Bedeutungen von Filmen und ihre politische Linie gestritten werden mag, Filme aber doch immer ein so neutrales attraktives Verfügungsmaterial mit seinen Bildern liefern, dass man sich dessen für die eigenen Zwecke einfach und gerne bedienen kann, man es sich aneignen mag - unabhängig von der Intentionen der Filmemacher oder der Gesamt Tendenz des "Films" selbst.  
Zwischen bloßer Reinszenierung und blanker Stellvertreterschaft ist der erinnerungskulturelle und -politische Gebrauchs- und Bedeutungsusammenhang also bisweilen kein einfacher, weil nicht zuletzt ein mehrstufiger und dynamischer.

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