von Steffen Hirth
Der Anstieg der Weltbevölkerung und der vom Menschen verursachte globale Wandel gefährden vor allem die Lebensgrundlage künftiger Generationen und die Ernährungssicherung der Bevölkerung des globalen Südens. Mit der Verbindung von ökologischer Landwirtschaft und fairem Handel durch die Kampagne "Öko+Fair ernährt mehr" könnte man dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung jedoch einen Schritt näher rücken.
Eines der größten Anliegen der Entwicklungszusammenarbeit ist seit langem die Ernährungssicherheit. In extremer Weise demonstriert die Bebenkatastrophe in Haiti die Schwierigkeiten bei der Versorgung der Bevölkerung eines wenig entwickelten Staates - jedoch abgesehen von solchen außergewöhnlichen Ereignissen, liegt die Verantwortung für die häufig unzureichende Ernährung in strukturschwachen Ländern bei der von den Menschen verursachten extremen Ungleichverteilung von Mitteln und Technologien.
Wachstum der Weltbevölkerung
Die erfolgreiche Suche nach "Fortschritt" spiegelt sich in der Bevölkerungsentwicklung wieder. Nach einem extrem langsamen Anstieg bis etwa 3000 v. Chr. folgt ein nicht wesentlich schnellerer Anstieg durch die Verbreitung der Landwirtschaft. Erst mit Einsetzen der Industriellen Revolution gegen Ende des 18. Jahrhunderts beginnt ein sehr viel stärkeres Anwachsen der Bevölkerung von der ersten Milliarde um 1800 bis zu den 6,8 Milliarden Menschen, die heute auf der Erde leben und wirtschaften (siehe Deutsche Stiftung Weltbevölkerung).
Globaler Wandel drängt zum Handeln
Wenn der globale Energiebedarf der Menschheit heute eine Million mal höher ist, als vor 10000 Jahren, dann kann man nicht davon ausgehen, dass menschliche Aktivitäten ohne Folge für das Erdsystem bleiben. Es verdichten sich die Indizien für die Annäherung an die Grenzen der natürlichen Tragfähigkeit der Erde, so dass weiteres Handeln wie bisher zu absehbaren Schäden des Lebenserhaltungssystems führen wird (IPCC 2001, zit. nach Mauser 2007: 967).
Als die sechs drängendsten Umweltprobleme gelten Klimawandel, globale Umweltwirkungen von Chemikalien, Gefährdung der Weltmeere, Verlust von Biodiversität, Entwaldung, Bodendegradation und Süßwasserverknappung bzw. - verschmutzung. Diese Veränderungen, ausgelöst durch das Wechselspiel zwischen den Aktivitäten der Menschen und den Prozessen in der natürlichen Umwelt, fallen unter den Begriff des Globalen Wandels.
Die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen sind nur zu sichern, wenn die Menschheit sich den Problemen des globalen Wandels stellt. Ziel jeder Politik muss deshalb die nachhaltige gemeinsame Entwicklung der gesellschaftlichen und ökologischen Systeme der Erde sein (Mauser 2007: 967).
Kampagne zur Ernährungssicherung
Um Aufmerksamkeit für dieses Ziel zu erwecken, richtet die Kampagne " Öko+Fair ernährt mehr!", eine Kooperation des Weltladen-Dachverbands und Naturland, einen Appell an die zuständigen Fachminister, Ilse Aigner (Landwirtschaft) und Dirk Niebel (Entwicklung). Gefordert wird darin die Unterstützung kleinbäuerlicher, ökologischer Landwirtschaft in Ländern des Südens, sowie die Abschaffung von Agrarexportsubventionen.
Hintergrund der Kampagne ist folgender: Wie auch aus dem aktuellen Weltagrarbericht hervorgeht, hungern derzeit etwa 1 Milliarde Menschen. Davon leben zwei Drittel auf dem Land - ausgerechnet dort, wo Lebensmittel produziert werden. Zunehmend erschwert wird die Ernährungssicherung durch Bodendegradation und Naturkatastrophen, die infolge des Klimawandels häufiger auftreten.
Ebenso wie die Ursachen dieser Probleme anthropogen sind, liegt auch ihre Lösung in der Hand der Menschen. Eine zum Auftakt der Kampagne durchgeführte Studie kommt zu dem Schluss, dass Fairer Handel und ökologische Landwirtschaft einen bedeutenden Beitrag zur weltweiten Ernährungssicherung leisten können.
Ökologische Landwirtschaft...
Durch den Umstieg auf ökologischen Anbau kann sich die Bodenfruchtbarkeit erhöhen (Aufbau einer Humusschicht, Gründüngung, Mischkulturanbau, bessere Wasseraufnahme und Speicherkapazität). Des weiteren fallen keine Kosten für Mineraldünger, Pestizide oder externes Saatgut mehr an, so dass erstens die Verschuldung der Kleinbauern verhindert und zweitens der Verursachung von Umweltschäden vorgebeugt wird.
Im Gegensatz zur konventionellen Landwirtschaft ist der ökologische Landbau somit in der Lage landwirtschaftliche Erträge langfristig zu sichern. Dies ist besonders wichtig zumal schon etwa ein Viertel der Landfläche von Desertifikationserscheinungen betroffen oder bedroht ist (Baumhauer 2007: 983).
...und fairer Handel
Eine nachhaltige Bewirtschaftung des Landes setzt zudem soziale Sicherungssysteme voraus. Zunächst einmal liegt es bei den reichen Ländern ihre Agrarexportsubventionen einzustellen, da sie mit künstlichen Niedrigpreisen lokalen Kleinbauern den Verkauf ihrer Produkte erschweren.
Während die Politik seit Jahrzehnten zögert, können die Konsumenten in den Ländern des Nordens schon jetzt durch den Kauf fair gehandelter Produkte den Kleinbauern im Süden eine verlässliche Einkommensquelle bieten. Die Sicherung sozialer Rechte, Selbstorganisation und Mitbestimmung ermöglichen bei gegenseitiger finanzieller Unterstützung auch in Krisenzeiten die Sicherung der Ernährung.
Mit dem Verbund von ökologischem Anbau und Fairem Handel macht die Kampagne auf eine der wichtigen Aufgaben im 21. Jahrhundert aufmerksam. Bei einem weiteren Anstieg der Bevölkerung auf vermutlich 9 Milliarden im Jahr 2050 können die unter dem Globalen Wandel gehandelten, anthropogenen Umweltprobleme nur gemildert werden, wenn durch ökologische Landwirtschaft das Lebenserhaltungssystem der Erde erhalten bleibt und eine weitere Verbesserung der Lebensumstände auch den globalen Süden einschließt, wozu Fairer Handel beiträgt.
Für die Menschen in Haiti bleibt nur zu hoffen, dass die derzeitige Katastrophenhilfe auch im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung des Landes wirksam wird. Gerade dort ist es wichtig, über einzelne Katastrophenfälle hinaus in die Zukunft zu blicken.
Um sofort zu Handeln sei empfohlen den Appell auf oekoplusfair.de zu unterzeichnen und damit ein klares Statement an die Politik zu senden.
Baumhauer, R. (2007): Desertifikation und Klimawandel. In: Gebhardt, H., Glaser, R., Radtke, U., Reuber, P. (Hrsg.): Geographie. München: 983-987.
Mauser, W. (2007): Globaler Wandel und Grenzen des Wachstums. In: Gebhardt, H., Glaser, R., Radtke, U., Reuber, P. (Hrsg.): Geographie. München: 966-975.