20 PS versus 310 PS, eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h gegenüber 250 km/h, 0,2 Liter Hubraum im Vergleich zu 3,0 Litern Hubraum – Der RE60 des indischen Herstellers Bajaj scheint der typischen Limousine -in diesem Fall dem Audi A6 allroad quattro – in allen Belangen unterlegen zu sein. Kaum zu glauben, aber einer Studie des Center of Automotive Research (CAR) der Uni Duisburg-Essen zufolge wird der Straßenverkehr der Zukunft tatsächlich von günstigen Miniautos geprägt werden.
Hui in den Schwellenländern, pfui auf dem deutschen Markt – besonders Indien glänzt als Pionier in diesem Segment, während deutsche Hersteller der Entwicklung deutlich hinterherhinken.
Miniautos als Aushängeschild indischer Hersteller
In der Studie unter Leitung des Auto-Professors Ferdinand Dudenhöffer wurde die zukünftige Bedeutung von Billigautos, wie dem RE60, für Schwellenländer untersucht, wie das Handelsblatt berichtet.
Was versteht man unter einem Low-Budget-Auto? In der Regel werden so Fahrzeuge bezeichnet, deren Preise sich um 35 Prozent unter den Preisen von Durchschnitts-Modellen im Markt bewegen.
Der RE60 als billigstes Auto der Welt kostet nur 2.000 Euro und könnte sich damit zusammen mit dem ähnlich günstigen Tata Nano als Preisführer in den weltweit am schnellsten wachsenden Automärkten – den Schwellenländern – etablieren. In Deutschland ist teilweise die richtige Auto-Bereifung fast teurer als dieses Fahrzeug.
Die Vorzeichen stehen gut: Gerade in Indien hat sich die Zahl der neuzugelassenen Fahrzeuge in den letzten fünf Jahren um 200% auf etwa 2,5 Millionen erhöht. Davon sind mehr als zwei Drittel Kleinwagen. Grundsätzlich gilt: Je geringer das Einkommen, desto höher sei das Marktpotenzial für Miniautos, veranschaulicht Dudenhöffer.
Deutschland hinkt hinterher
Nicht nur in Indien wird sich dieser Trend einstellen: Umfasste der globale Fahrzeugmarkt mit einem Neupreis von weniger als 8.000 Euro noch 6,5 Millionen Autos im Jahr 2011, wird sich bis zum Jahr 2030 ein Wachstum auf bis zu 25 Millionen Fahrzeuge einstellen.
In Deutschland scheint diese Entwicklung noch nicht angekommen zu sein: Im Jahr 2011 wurden lediglich 8031 dieser Low Cost-Fahrzeuge verkauft, wobei Dacia mit seinem Erfolg auf einem solch komplexen Fahrzeugmarkt die zukünftigen Wachstumschancen des Billigsegments in Deutschland unterstreicht. Wie Dudenhöffer betont, liegt das Marktpotenzial dieses Segments bei 100.000 Verkäufen –im weltweiten Vergleich ist dies jedoch nicht allzu bedeutsam.
Deutsche Hersteller und billig – das passt nicht
Die deutschen Hersteller sind in diesem Segment lange nicht Weltklasse – und werden dies wohl auch kaum werden. Für Premiumhersteller wie Audi, BMW und Mercedes würde der Eintritt in das Low-Budget-Segment eine völlig neue strategische Ausrichtung bedeuten. Selbst Volkswagen mit seiner Marktpräsenz in (fast) allen Fahrzeugsegmenten führt kein eigenes Billigfahrzeug im Portfolio. Weder das momentan billigste Modell des VW-Konzerns, der Skoda Fabia, mit einem Neupreis von rund 9.500 Euro in China, noch der neue VW Up mit etwas weniger als 7.000 Euro, sind der asiatischen Billig-Konkurrenz dauerhaft gewachsen.
Ohne Billigautos wären die Konsequenzen für den Europas Branchenprimus verheerend: So würde VW das am schnellsten wachsende Autosegment vernachlässigen und somit langfristig profitable Märkte, vor allem in Indien und auch China, aufgeben.