Gedanken zum 1. Mai, Tag der Arbeit
Es gibt viel zu verlieren, du kannst nur gewinnen
Genug ist zu wenig – oder es wird so wie es war
Stillstand ist der Tod, geh voran, bleibt alles andersHerbert Grönemeyer – “Bleibt alles anderes”
Es ist 1. Mai, und es ist Montag. Am Tag der Arbeit arbeitet kaum jemand, und ich denke, die meisten von uns freuen sich über diesen Feiertag. Besonders, wenn das Wetter gut ist.
In meiner Heimat sind wir am 1. Mai meistens auf die Straße gegangen, zur Demo. Worum es ging? Um Solidarität. Zeigen, dass wir da sind. Zusammenhalten. Sich beteiligen.
Hier in Hamburg ist der 1. Mai ein Tag voller Schlagzeilen. Krawalle, Wasserkanonen, Polizeieinsatz, kaputte Fensterscheiben, Angst um Ausschreitungen. Wer nicht radikal ist, macht einen großen Bogen um die Schanze.
Work is not a job.
Catharina Bruns, Unternehmerin
Keine Demos zur Zukunft der Arbeit? Nope. Eher Konferenzen, auf denen man sich für teueres Geld Vorträge von schlauen Leuten anhören darf. Oder Online-Diskussionen bei Xing. Oder beunruhigende Beiträge in den Medien. Soeben habe ich einen Artikel von der Bertelsmann-Stiftung kommentiert… Die Überschrift lautete: “Tag der Arbeit: Doch wie viele werden in Zeiten der Roboter-Technik noch Arbeit haben?”. Meine Antwort:
Was mich aufregt
Es regt mich auf, dass wir – und hier spreche ich von dem Wir meiner zweiten Heimat Deutschland – wenig Wir-Gefühl haben (Ausnahme: Fussball-Weltmeisterschaft). Dass es wenig Zusammenhalt gibt. Und dass sich nur sehr wenige an der Gestaltung der Zukunft beteiligen.
Es regt mich auf, dass diejenigen, die sich an der Gestaltung der Zukunft der Arbeit beteiligen, möglichst schnell ein Markenlogo drauf und ein Preisschild dran machen. Erinnert mich an das geschützte “Schland” Wort. So schließt man schnell diejenigen aus, die sich mit so etwas nicht auskennen oder eher frei mitwirken wollen.
Es regen mich 3.0, 4.0 und andere sinnlose Buchstaben und Zahlen. Unnötige Verkomplizierung von ohnehin komplexem Material.
Es regen mich Betriebsräte auf, die angstgetrieben so viele gute Initiativen ausbremsen oder stoppen.
Es regen mich Politiker und Lobbyisten auf, die nicht wissen, worum es geht, aber trotzdem öffentlich Stellung beziehen zu “Man muss was tun”. Wer ist “man”?
Es regt mich auf, dass wir einander oft sehr schlecht zuhören. Dass wir unsere Sehnsüchte, Bedürfnisse und Wünsche nicht kennen. Dass wir weder uns selbst zugeben, wie sehr wir überfordert sind.
Zukunft der Arbeit
Ja, alles dreht sich. Ja, es ist viel, komplex und unvorhersehbar. Keiner weiß, was morgen kommt und wo es dann weh tut.
Keiner weiß, was morgen kommt und wo es dann weh tut.
Perfekte Ausgangslage, um in Bewegung zu kommen. Genau die richtigen Rahmenbedingungen, um in Bewegung zu bleiben. Stillstand ist der Tod.
Apropos Tod
Diejenigen, die viel Macht und Einfluss auf das, wie unsere Gesellschaft sich entwickelt, sind – zumindest biologisch – dem Tod viel näher, als die, die noch viel Zeit in der neuen Arbeitswelt verbringen werden. Mittfünfziger bis Mittsechziger, Anzüge, Privilegien, gewohnte Strukturen – warum sollten die bitte schön etwas ändern wollen?*
Und die Mittzwanziger bis Mittdreißiger? Viel zu viele passen sich an. Dem Wortschatz, dem Verhaltenskodex, dem Mindset. Manch sprechen von Karriere, als hätten wir da draußen 1974.
Viel zu viele passen sich an.
Zum Glück gibt es die anderen. Die jungen Wilden, die sich nicht anpassen. Nur dass sie auch selten dort reingehen, wo Veränderungen nötig sind. Sie gründen ihre eigenen Unternehmen, wandern nach Asien aus und leben dort als Digitalnomaden, finden ihren Weg – vorbei an dem Mainstream.
Mag sein, dass sich auf diesem Wege auch viel verändert. Dass durch – Achtung Buzzword – Fachkräftemangel und fehlenden Nachwuchs diejenigen einfach aussterben, die sich nicht verändert haben. Wäre voll das Darwinsche Prinzip. Doch auch dies – zugucken müssen, wie fähige, fitte Leute auf ihre Rente warten – regt mich auf.
Vielleicht sind wir zu satt? Wir haben zu viel, es fehlt uns an nichts, wir jammern auf dem allerhöchsten Niveau dieses Planeten. Aus so einem Zustand entstehen selten Impulse für wirkliche Veränderungen. Weil wirkliche Veränderungen nicht immer angenehm sind.
Vielleicht sind wir zu satt?
Mein Beitrag
Nun, meckern kann jeder. Was tue ich?
- über die Zukunft und unsere Möglichkeiten schreiben und sprechen
- mich bei verschiedenen Initiativen beteiligen und einbringen
- lesen, lernen, neugierig sein, weiter gehen
- andere schubsen, motivieren, an- und aufregen, bis sie auch in Bewegung sind
- Vorbild sein: mutig, optimistisch, emotional
Und was machst du?
*Nicht falsch verstehen: Ich arbeite viel mit den Managern über 50, und es gibt grandios gute Vordenker und Entscheider unter ihnen. Um das Mindset dieser Generation dem Neuen gegenüber offen zu machen, braucht es viel Geduld. Doch der Einsatz von Zeit und wertschätzender, liebevoller Umgang mit der erfahrenen Generation lohnt sich immer!
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