zugzwang

Was schreib ich nur?

Ich sitze hier im Zug und schaue mir die Landschaft an, die draußen vorbeizieht, wie die Themen über die ich in den letzten Wochen hätte schreiben können. Blöd ist nur, dass der Natur das Licht ausgepustet wurde und ich statt vorbeihastender Bäume meine unmittelbare soziale Umwelt im Fenster sehe. Gespiegelt, was sie jedoch gerade auch nicht liebenswerter macht. Im Zug komme ich mir manchmal so vor wie früher mit nur drei Fernsehprogrammen – man muss das Programm einfach ertragen, sonst muss man Hausaufgaben machen hat man gar keine Unterhaltung. Während es früher jedoch einen Ausschalter gab, bleibt mir hier nur eine grausame Konsequenz: mich oder die nervenden Mitfahrer aus dem Beförderungsmittel zu transportieren. Das erklärt auch sicher so manchen (von der Bahn liebevoll titulierten) ‘Personenschaden’. Nun, die Bahn ist ja doch nicht so schlimm, wie viele über sie schimpfen. Immerhin bemüht sie sich. Sie macht es uns mollig warm und kühlt die erhitzten Gemüter angenehm – wenn sie das Ganze noch dem julianischen Kalender anpassen würde und nicht irgendeiner schamanischen Zeitrechnung, in der der Winter auf den Sommer fällt, wäre es perfekt. Und wir haben eines gelernt: der Wille zählt. Zumindest solange der Kunde zahlt.

Eins ist aber sicher, für Unterhaltung sorgen die öffentlichen nur zu gern. Woran das wohl liegt? Bewegen die Räder nicht nur Körper, sondern auch Gemüter? Jedenfalls habe ich schon einige Male Kurioses erlebt, von wilden Streitgesprächen, die ihr großes Vorbild, die ordinäre Talkshow, durch ihre Eloquenz in die Knie zwingen – bis hin zu ins Handy gehauchten Liebesschwüren von Ahmed, nachdem er gerade erst Murat klar gemacht hat, wie krass drauf er ist, Alter!

Hier ein paar Kleinodien aus dem Leben einer Pendlerin. Ganz ohne Wertung.

Mittwochs, sehr spät in der U-Bahn. Eine Frau mit wirrem Haar, aber klarem Gesichtsausdruck setzt sich mir gegenüber. ‘Wie finden Sie eigentlich die Sache mit den Rohren?’ ist ihre Frage. ‘Ach, das können Sie ja garnicht wissen. Sie kennen den Zusammenhang ja nicht!’, erkennt sie ganz richtig. ‘Aber kennen Sie das? Sie fassen eine Gurke an und denken, es wäre eine Antenne? Alternativ geht das auch mit einem Einkaufswagen.’
Ich musste die Dame leider enttäuschen, das war mir noch nie passiert.

Tagsüber, zwischen Feuersee und Schwabstraße. Claudia zu Herta: ‘Das ist typisch der Klaus. Immer wie der Elefant im Purzelladen!’

Nur in der Nähe der Gleise, trotzdem abwegig genug. Hassan zu Viktor: ‘Ey, jetzt weiß ich wieder, wo wir sind! Weisch wo? Da drüben wurden wir verhaftet!’

Ich wünsche eine gute Reise!


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