Experten sind sich uneinig, was den Terminus “Zuckersucht” betrifft, wie dieser Artikel zeigt. Den einen fehlen die typischen Entzugserscheinungen, wenn man auf Zucker verzichtet, andere wiederum verweisen auf Laborratten, die zu zittern anfangen, wenn man ihnen ihr Essen ohne Zucker serviert, nachdem sie daran gewöhnt worden sind.
Nun sind Menschen ja keine Laborratten und da wir nicht zur Flasche greifen, sobald uns die Schokolade ausgeht, würde ich mich nicht als zuckersüchtig bezeichnen. Wohl aber ist unser Körper auf Zucker geeicht, auf Traubenzucker nämlich, denn nur der passt durch die Wand der Darmzotten und wird durch das Blut im Körper verteilt. Wir speichern Energie auch als “tierischen Zucker” in der Leber und wenn wir alt werden, ist “süß” der einzige Geschmack, den wir noch so spüren können wie in unserer Jugend. Süß ist auch der Geschmack, den die Natur als primäres Lockmittel bereithält, egal ob in Früchten oder im Nektar der Blüten. Wir haben schon in unserer Frühzeit gelernt, dass alles süße nicht nur schnell viel Energie gibt, sondern auch reif und ungiftig ist. Daher gibt uns Zucker, also Süße ein gutes, sicheres, geborgenes Gefühl.
Wenn wir nichts Süßes essen, greifen wir zu Nahrung, die wir in Zucker verwandeln können. Also zu anderen Kohlenhydraten.
Zucker zu verteufeln heißt, das Hirn hungern lassen zu wollen, weil es ja nur mit Traubenzucker arbeiten kann.
Zucker vermag vieles und viel Gutes. Eines jedoch kann Zucker nicht. Uns auf Dauer allein glücklich machen. Die Pralinen oder das Eis geben uns, wenn wir traurig sind, einen kurzen Moment des Glücks. Doch sie können die Ursache der Trauer nicht beseitigen und sobald der Geschmack weg ist, kommt die Trauer zurück.
Ich ziehe es vor, Zucker als das zu verwenden, was er am besten kann: ein Leckerbissen sein. Ein Gewürz für Saucen, ein Dessert nach dem Hauptgang, ein Leckerbissen für gemütliches Zusammensein in einer Freundesrunde. Ich versuche zu vermeiden, ihn als Problemlöser einzusetzen, denn solche Trostpflaster verhindern in meinen Augen, dass ich aufstehe, die Ärmel hochkremple und entweder eine Lösung für das Problem suche oder einen Umweg, der mich um das Problem herum zu neuer Zufriedenheit führt.