Ernst Ferstl
Quelle: Helmut Mühlbacher
Ihr Lieben,ich möchte Euch heute Abend zu Beginn der neuen Woche eine Geschichte von Christoph Georges erzählen:"Der Tagelöhner"
"Es geht um einen Tagelöhner, der auf seiner Wanderung einen reichen Grafen trifft. Der Graf ist sehr großzügig zu ihm und schlägt ihm folgendes Spiel vor:
"Alles Land, das Du hier siehst, gehört mir. Ich bin heute sehr gut gestimmt, deshalb will ich Dir alles Land überlassen, das Du bis Sonnenuntergang umlaufen kannst. Wenn Du aber zu spät hier ankommst, dann ist alles verloren."
Der Tagelöhner geht darauf ein. Er hat ja nichts zu verlieren. Es ist noch früh am Tag und er wird sicherlich reichlich Land für sich gewinnen können. Gar nicht gierig macht er sich am frühen Nachmittag schon auf den Rückweg. Eine fette Wiese umschreitet er noch im weiten Bogen - es ist ja noch früh am Tag.
Da sieht er am Horizont einen Hain, der auf einen Bach hindeutet. Ein eigener Wasserlauf wäre natürlich sehr wertvoll und so macht er sich auf, den Bach zu erreichen. Es ist ja noch genügend Zeit.
Er erreicht den Hain und macht sich dann eiligst auf den Rückweg. Der Tag dämmert schon. Er sieht den Grafen auf dem Hügel warten und eilt bergan, um rechtzeitig wieder am Ausgangspunkte zu sein. Die Zeit wird knapp und er beginnt zu laufen. Bergauf ist das nicht leicht.
Er erreicht den Hügel gerade, als die Sonne untergeht. Er hat sein Ziel erreicht - aber: Es war zu viel für ihn. Sterbend sinkt er zu Boden. Der Graf wundert sich nicht. Er hat dieses Spiel schon oft gespielt und es ist schon alles vorbereitet. Ein Stück Erde: zwei Meter lang und einen Meter breit sind genug. Er wirft den Leichnam hinein und ist zufrieden."
Quelle: Helmut Mühlbacher
Ihr Lieben,Ihr werdet jetzt sicher sagen: "Lieber Werner, eine solch traurige Geschichte kannst Du uns doch nicht zum Beginn einer neuen Woche erzählen!"
Ihr habt recht, diese Geschichte ist traurig und makaber.
Aber sie ist vor allem deshalb traurig, weil der Tod des Landstreichers nicht durch den Grafen verursacht wurde, sondern durch die aufkeimende Gier des Landstreichers.
Vor vielen Jahren, als ich noch in Göttingen wohnte, hatte ich einen Freund, der Fensterputzer von Beruf war. Er putzte aber nicht nur für die Firma Fenster, bei der er angestellt war, sondern er putzte auch schwarz nebenbei für viele Kunden.
Er gönnte sich keinen freien Tag. Eine eigene Wohnung besaß er auch nicht, sondern er wohnte noch bei seinen Eltern in seinem alten Kinderzimmer, um Geld für die Miete zu sparen. Sein Ziel war es, möglichst viel Geld anzuhäufen und dann eine Traumfrau zu heiraten und die Welt zu bereisen.
So weit kam es allerdings nicht: Mit 43 Jahren starb er an einem Herzinfarkt und hinterließ Sparbücher mit insgesamt fast 300.000 DM. Was hat er nun von all seiner Schufterei und seinem Geld gehabt?
Strebsamkeit und Eifer sind etwas Gutes. Aber sie dürfen uns nicht dazu verleiten, immer und immer mehr haben zu wollen. Wir sollten auch immer daran denken, die Früchte unserer Arbeit zu genießen, uns an dem, was wir besitzen, zu erfreuen.
Quelle: Helmut Mühlbacher
Ihr Lieben,ich wünsche Euch eine wirklich gute neue Woche mit dem rechten Maß an Bescheidenheit und Zeit zum Entspannen und zum GlücklichseinEuer fröhlicher Werner
Quelle: Karin Heringshausen