Zu Ohren gekommen

Von Robertodelapuente @adsinistram
Nein, eine Zentralstelle für den Umgang mit Ereignissen gibt es dort, wo es Pressefreiheit gibt, ganz sicher nicht. Aber stille Absprachen vielleicht? Komisch ist es schon, dass verschiedene Radioanstalten in dieselbe Kerbe schlagen. Bei den Berichten über den Stand der Koalitionsverhandlungen kommen jetzt gehäuft Nebensätze und kurze Einwürfe vor, die ungefähr so lauten: "... die Große Koalition, an der kaum noch jemand zweifelt ..." oder "Wer zweifelt noch an der Entstehung dieser Koalition?" Das ist komisch, denn eigentlich hieß es doch, dass die Sozialdemokraten noch ihre Belegschaft befragen wollen.

Aber diese Mitgliederbefragung scheint im öffentlichen Dialog immer weniger vorzukommen. Dieses "... an der keiner mehr zweifelt ..." ist nicht einfach so dahingesagt. Es soll den Mitgliedern der Partei einheizen. Soll sagen: Die Öffentlichkeit hat sich mit der Großen Koalition abgefunden. Jetzt macht das, was man von euch erwartet. Die rhetorisch geschaffene Faktenlage hämmert den Stimmberechtigten medial in die Köpfe, wie das Ergebnis bei der Abstimmung auszufallen hat. Im Grunde ist diese so unscheinbar klingende Zweifelsfreiheit schon die Vorbereitung auf den Sturm, der auftreten würde, sollten es die Sozialdemokraten wagen, sich gegen den vorgelegten Koalitionsvertrag zu stellen. Darin schwingt ein wenig Drohung mit.
Es sind diese vermeintlich unachtsamen Nebensätze, die im Medienbetrieb zuweilen mehr aussagen, als all die Hauptsätze voller Informationen. Vor Wochen berichtete man noch zweifelnd und erklärte den innerparteilichen Prozess, den die Sozialdemokraten bezüglich GroKo verabschiedet hatten. Man sprach auch den möglichen Verlust der politischen Zukunft der Parteispitze an, sollte sie die Koalition wollen, nicht aber die Gesamtpartei. Nun hat sich die Stoßrichtung der Berichterstattung gewandelt. Jetzt wird nicht mehr nur beschrieben, jetzt wird sprachlich gefeilt, tropfenweise ausgehöhlt, in Richtungen gewiesen und "Politik gemacht".
Da sitzen dann stimmberechtigte Leute aus der SPD vor dem Radio und werden vor gemachte Tatsachen gestellt. Und so fragen sie sich dann: Warum überhaupt noch abstimmen? Die Sache ist doch schon so gut wie fix. Oder: Wie kann ich es nur wagen dagegenzustimmen? Und für alle anderen bleibt eine eher generelle Frage: Wie frei sind eigentlich Entscheidungen in einer Mediokratie?
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