zu Guttenberg: Neue Plagiatsvorwürfe

An und für sich würde es nicht überraschen, wenn der Baron zu Guttenberg selbst sein neues Buch irgendwo (teilweise) ohne Nennung von Quellen abgeschrieben hätte. Jedenfalls war die gefälschte Doktorarbeit kein Einzelfall; er soll sogar bei seinem Abitur gepfuscht haben.

Gesichert scheint zu sein, dass er in einem Aufsatz aus 2004 sich ebenfalls umfassend mit “fremden Federn” schmückte. Daraus wird deutlich, dass wir es hier mit einem Charakterbild zu tun haben, das einige erhebliche Defizite aufweist.

Der KURIER schrieb am 04.12.2011 unter der Überschrift

Neue Vorwürfe gegen Guttenberg

folgendes:

2004 veröffentlichte er einen Aufsatz zu den Beziehungen zwischen EU und Türkei. Bereits dieses Schriftstück soll Guttenberg in weiten Teilen zusammenkopiert haben. Mehr als die Hälfte der Seiten enthalten Plagiate, so die Vorwürfe.

Zur Erinnerung: Die Doktorarbeit enthielt auf 371 Seiten von 393 Seiten (=94,4 %) 10421 plagierte Zeilen (=63,8 %).

Bereits der Student im 1. Semester wird bei mindestens einer Standardvorlesung über die “Technik des wissenschaftlichen Arbeitens” darauf eindringlich aufmerksam gemacht, dass richtig und vollständig zitiert werden muss, weil ansonsten die Zurückweisung der Arbeit droht. Meist wird in diesem Rahmen auf Texte aufmerksam gemacht, die detailliert auf die richtige Zitierweise im Sinne einer Erläuterung der unterschiedlichen Zitierweisen (Umfang und Form von z.B. Fußnoten) eingehen. Hinzu kommt, dass bei der Abfassung wissenschaftlicher Arbeiten “Formalien” einzuhalten sind (Inhaltsverzeichnis usw.), auf die ausdrücklich hingewiesen wird. Schließlich hat jeder Autor sogar am Schluss seiner Arbeit zu versichern, dass er die Arbeit “selbst” angefertigt hat und die Regeln der Zitierweise, die auch durch diese Erklärung angesprochen sind, beachtet hat.

Die vorgenannten Selbstverständlichkeiten, die “jeder” Student zur Kenntnis nimmt, will zu Guttenberg nicht verstanden oder einfach vergessen haben. Spätestens bei der Unterzeichnung seiner ERKLÄRUNG (siehe oben) hätte er sich daran erinnern müssen, dass da viele Zitathinweise fehlen.

Es ist ein politischer Skandal, dass die zuständige Staatsanwaltschaft sich geweigert hatte, das begonnene Verfahren fortzuführen und das Gericht entscheiden zu lassen. Zur Anklage kam es nur deshalb, weil eine Journalistin den Mut aufgebracht hatte, sich gegen den umfassenden geistigen Diebstahl ihrer Leistungen (nach meiner Erinnerung auf 40 Seiten) zu wehren. Ansonsten hätte es die POLITIK bereits im Vorfeld geschafft, dass das Verfahren erst gar nicht aufgenommen worden wäre. Deshalb hatte man nach der Klage der geschädigten Journalistin viel (juristische) Mühe aufgebracht, einen Grund für die Niederschlagung des Gerichtsverfahrens zu finden.

Wie die Staatsanwaltschaft überhaupt zu dem Ergebnis kommen konnte, dass vor dem Hintergrund der universitären Ausbildung (siehe oben) überhaupt jemand auf die Idee kommen kann, dass man auf 94,4 % der Seiten Falschzitate bzw. die Aneignung fremder Leistungen übersehen konnte, bleibt das Geheimnis der Staatsanwälte.

Alleine der Umfang der Falschzitate ist Beweis dafür, wie umfassend die vorsätzliche Täuschung und Aneignung fremden geistigen Eigentums war. Das ergab sich schon alleine daraus, dass mit “schriftstellerischem” Geschick einzelne Worte so angepasst wurden, dass das vermittelte Sprachbild gut passte.

Die Staatsanwaltschaft kam dann zu dem Ergebnis, dass nur ein geringer “materieller Schaden” entstanden sei und deshalb eine Geldstrafe ausreichen würde.

Ob die Staatsanwälte auf “höhere Weisung” gehandelt hatten, wird sich vielleicht noch herausstellen. Aber vielleicht fürchteten die Entscheider auch den Karriereknick, wenn sie Regeln anwenden würden, die nur für den Normalbürger gelten.

An und für sich müssten jetzt Urteile aufgehoben werden, bei denen die Richter in Fällen mit weitaus geringerem Umfang der Fälschung und des geistigen Diebstahls deutlich höhere Strafen verhängt hatten.

Aber da irrt der rechtsunkundige Laie. Es war ja geradezu Absicht, zu Guttenberg vor einem Gericht mit unabhängigen Richtern zu bewahren, da das Gericht ohne Klageerhebung nicht tätig werden kann. Man wollte, möglicherweise sogar auf Anweisung, zu Guttenberg einem Gerichtsverfahren, das alleine vom Umfang und der Bedeutung des Falles geboten gewesen wäre, nicht aussetzen, weil mit einer viel höheren Strafe zu rechnen gewesen wäre. Vielleicht wird irgendwann bekannt werden, mit welchem “Druck” da gearbeitet wurde, damit es nicht zu einem Gerichtsverfahren kommen konnte.

Dass die “Staatsanwaltschaft” die vorsätzliche Täuschungsabsicht nicht erkennen wollte, anders als die Universität Bayreuth, zeugt von einer obrigkeitsstaatlichen, weisungsgebundenen und willigen Blindheit.

SPON plakatierte zu Guttenberg etwas milde als Dr. strg. c. (Steuerung + Copy – Taste der PC-Tastatur) und die Universität Bayreuth ging bei ihrem Urteil von der vorsätzlichen Täuschungsabsicht aus. Wie die weisungsgebundenen Staatsanwälte zu einem anderen Urteil kommen konnten, als die Fachleute, bedarf an und für sich noch einer intensiveren Befassung. Denn jeder Bürger sollte vor dem Gesetz gleich behandelt werden, postulieren viele juristische Kommentare. Warum das ausgerechnet bei zu Guttenberg nicht eingehalten wurde, ist eine noch ungeklärte Frage?!

Die Plagiats-Urteile der Vergangenheit hatten die Täter angesichts des Umfangs der “vorsätzlichen Täuschung” viel härter bestraft, als den Baron. Darf das so einfach hingenommen werden, oder müsste nicht langsam auch die Struktur der “weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften” reformiert werden, damit nicht der politische Einfluss auf den Verlauf der Verfahren Einfluss nehmen kann?

Gänzlich abwegig ist, dass die Mainstream-Medien den Plagiator mit höchsten Ämtern wieder in Verbindung bringen. Wer seine kurze politische Karriere bis zur Plagiatsaffäre verfolgt hatte der weiß, dass bereits der Lebenslauf reichlich verbal “geschönt” wurde, um nicht vorhandene Kompetenz und Erfahrung herauszustreichen. Die Täuschung ist und bleibt offensichtlich ein Charakterzug, gepaart mit der Verdrängung der eigenen Realität.

Zu seinen “Karriere-Erfolgen” gehörte die rigorose Veränderung des Wehr- und Zivildienstes, ohne jede Rücksicht auf das dann eintretende “Pflege-Chaos” in den Altenheimen und Krankenhäusern. Es gibt allerdings immer noch tumbe Journalisten, die solche unverantwortlichen “Hau-Ruck-Verfahren” als Heldentat feiern wollen.

Ähnliche Fehlleistungen garnieren seinen politischen Werdegang; die schlechten Noten bei der Sacharbeit wurden aber durch die Huldigungen der Boulevard-Blätter übertüncht. BILD(ER) kommen besser an, als profane erfolgreiche Sacharbeit. Da wurde die Seele des adeligen Gloria vergangener Zeiten medial berührt, und die Damenwelt jauchzte entzückt auf. Anscheinend kann man schon durch geschickte mediale Darstellung Kompetenz und Erfahrung und sogar Charakter kompensieren, Eigenschaften, die für hohe und höchste Ämter eigentlich Voraussetzung sein sollten.

Dass BERTELSMANN und SPRINGER endlich ihren eigenen Kanzlerkandidaten küren wollten, wurde durch die Plagiatsaffäre durchkreuzt. Aber die Herrscher über die Meinungsbeeinflussung wollen noch lange nicht aufgeben. Peinlich nur, dass DIE ZEIT einige Leser verloren hat, die nach der gezielten Feilbietung des neuen Buches empört ihr Abonnement aufkündigten. Die getreuen Leser, die nicht selten einen “unbescholtenen” akademischen Werdegang nachweisen können, die also ihre wissenschaftlichen Arbeiten nicht gefälscht hatten, zeigten sich entsetzt über die unterstützte Medienkampagne, eindeutigen Rechtsbruch als nahezu unschuldig, durch emsige Arbeit abgelenkte Gutwilligkeit darzustellen.

Aber die Verbalakrobatik der Schmierenpresse kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass umfassend fremdes geistiges Eigentum als eigene Leistung dargestellt wurde, kein Einzelfall in seiner Karriere.

Der Gescheiterte ist zu Recht gescheitert. Solche Charaktere sind für hohe oder gar höchste Ämter völlig ungeeignet, wie sich das bei den zurückliegenden Fehlleistungen (z.B. Kundus-Affäre) bereits gezeigt hatte.

Der unverstandene, chaotische Selbsttäuscher (bei milder Beurteilung) sollte die Politik von seiner Anwesenheit verschonen.

Er wurde von der politisch beeinflussten Justiz (Staatsanwaltschaft) bevorzugt behandelt; mehr Schonung sollte es nicht geben.



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