WEIMAR. (fgw) Nicht wenige Gespräche drehen sich derzeit um die erst jetzt publik gewordenen Flüge unserer Wissenschaftsministerin (im Rahmen einer Papstaudienz) nach Rom. Frau Annette Schavan nutzte im März hierfür die Flugbereitschaft der Bundeswehr, was Kosten von ca.150.000 Euro verursachte, obwohl genügend andere Linienflüge von Berlin nach Rom zur Verfügung standen. Ein Klacks natürlich im Vergleich zu dem Geld, das für den „Stellvertreter Gottes“ bei dessen Deutschlandbesuch verbraten wurde!
von Uta Griechen
Bereits mehrere bundesdeutsche Politiker haben Herrn Ratzinger, genannt Papst Benedikt XVI., schon ihre Aufwartung gemacht, darunter auch der ehemalige Ministerpräsident von Thüringen, Dieter Althaus. Ihm scheint es geholfen zu haben, hat er doch nun – als Ex-Politiker – unverhältnismäßig hohe finanzielle Zuwendungen.
Es fällt mir schwer, Vertrauen zu Politikern zu entwickeln, welche die Meinung vertreten, nicht ohne „Gottes” Hilfe regieren zu können und ihre Frömmigkeit auf Kosten der Steuerzahler ausleben. Und ein Papst gehört nicht in den Bundestag, denn in diesem sollte debattiert und nicht die scheinbar absolute Wahrheit verkündet werden.
Welche Ausmaße soll diese Pastoraldiktatur eigentlich noch annehmen? Wird bald wieder in den Schulen gelehrt, dass Darwins Erkenntnisse Teufelswerk sind und die Erde erst seit 6000 Jahren existiert? Man müsste einige Entscheidungsträger endlich mal aufklären, dass Beten erwiesenermaßen weder bei Krankheit (manch Politiker ist eine regelrechte), Kriegen, Naturkatastrophen, noch bei der Eurokrise den geringsten Einfluss hat. Die Politiker, denen das möglicherweise schon bekannt ist, denken wahrscheinlich (ohne es zugeben zu wollen) ebenso wie der britische Historiker Edward Gibbon:
„Die Religion wurde zu allen Zeiten vom Volk als wahr, von den Weisen als falsch und von den Herrschern als nützlich betrachtet.”
Nützlich deshalb, weil man das einfache Volk mit Hilfe der Religion im Sinne des eigenen Machterhalts manipulieren kann. Die Verbindung von Staat und Kirche stellte über Jahrhunderte stets eine unheilvolle Allianz dar. Ein uneinsichtiger, verblendeter alter Mann, der glaubt, im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein, will unser Land wieder zurück ins Mittelalter missionieren. Deutschland soll also laut Papst wieder mehr zum Glauben finden, aber es wäre angebracht, wenn unsere Parlamentarier mal so einige Traditionen hinterfragen und nicht ständig ohne Hintergrundwissen darüber labern würden, gerade dann, wenn es sich um christliche Traditionen handelt. Und der alberne Spruch: „So wahr mir Gott helfe” bei der Vereidigung von Politikern fällt ebenfalls unter die zu hinterfragenden Traditionen!
Es ist wirklich nicht verwunderlich, dass die schon seit 1919 in der Verfassung festgeschriebene Trennung von Staat und Kirche so schleppend voranschreitet, wenn sich der halbe Bundestag beim Stellvertreter des Allmächtigen die Klinke in die Hand gibt, statt ihren Aufgaben gerecht zu werden.
„Gebt der Kirche einen Platz in der Verfassung, lasst sie noch einmal das Zepter der Macht berühren, und die mühselig erkämpften Errungenschaften von Jahrhunderten werden sich in Asche verwandeln.” (Robert G. Ingersoll, US-Politiker)
[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar und GBS-Mittelthürigen]
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