Zu dritt

Zu dritt Ich will hier die einzelnen Geschehnisse zwischen Italo und mir nicht vertiefen. Es gab Höhen und noch mehr Tiefen.
Mein Vater sagte mir einmal:"Ein Mann, der seine Frau schlägt, der ist in meinen Augen ein Schwächling! Denn er ist nicht in der Lage, den Konflikt mit akzeptablen Mitteln aus der Welt zu schaffen. Und wenn ein Mann seine Frau erst einmal geschlagen hat, dann tut er es wieder!"
Ich habe den Wahrheitsgehalt seiner Worte erlebt, bei uns war es genau so. Ich habe noch oft zu spüren bekommen, wie kräftig mein normannischer Kleiderschrank war. Und trotzdem blieb ich bei ihm.
Trotzdem hatte ich die Hoffnung, dass alles gut werden würde.Trotzdem liebte ich ihn. Zumindest dachte ich das, denn was ist das für eine Liebe, die sich so demütigen lässt?
Bis zur Geburt unserer Tochter gab es keine aggressiven Ausraster mehr. Auch hielt ich mich mit meinen frustrierten verbalen Vorwürfen zurück, um ihn nicht zu provozieren.
Anfang Januar 1982 - 6 Tage vor dem errechneten Geburtstermin - war es soweit. Morgens bereits hatte ich undefinierbare Rückenschmerzen, die in Wellen kamen und gingen. Bis zur Mittagszeit waren die Rückenschmerzen immer stärker geworden. Ich konnte das nicht einordnen, denn Wehen erwartete ich im Bauchbereich und nicht im Rücken,  Also rief ich meinen Frauenarzt an und der meinte, dies wären vermutlich die Vorboten der Geburt, die kurz bevor stünde. Ich solle warten, bis die Schmerzen in den Bauch zögen und dann - wenn die Schmerzen weiterhin regelmäßig wiederkehren würden - ins Krankenhaus gehen.
Also hielt ich den ganzen Tag durch, nichts veränderte sich, alles blieb gleich, Schmerzen im Rücken, aber keine Wehen im Bauch.
Spät abends gegen 23 Uhr dann verlor ich Fruchtwasser. Das war für mich der Moment, ins Krankenhaus zu gehen, selbst wenn ich immer noch keine klassischen Wehen hatte. Italo war leider etwas alkoholisiert und ich sträubte mich mit Händen und Füßen, mich von ihm ins Krankenhaus fahren zu lassen.
Ich rief meine Eltern an und so fuhren wir alle zusammen ins Krankenhaus. Dort wurde ich erst untersucht, es wurde ein CTG gemacht und man sagte mir, dass die Wehen (ja, meine Rückenschmerzen waren tatsächlich Wehen) noch nicht stark genug wären und dass die Geburt noch etwas dauern würde.
Etwas dauern... in meinem Fall hieß das mehr als 20 Stunden, aber das wusste ich da noch nicht.
Damals sahen die meisten Kreissäle fast wie ein OP-Raum aus, ein relativ leerer Raum, in der Mitte eine Art Frauenarztstuhl, eine riesige OP-Lampe direkt darüber angebracht und die Wände bis zur Decke gekachelt. Für mich ein kalter, furchteinflößender Raum. Da hinein schob man mich mit meinem Bett, legte mir eine Klingel aufs Kopfkissen und meinte, ich solle klingeln, wenn sich mein Zustand verändern würde.
Italo und meine Eltern hatten das Krankenhaus wieder verlassen, sie mussten am nächsten Tag alle wieder arbeiten und da eine baldige Geburt nicht in Sicht war, war es das Beste so.
Da lag ich nun, alleine im kalten Kreissaal, versuchte mich zu beruhigen und schlief vor lauter Erschöpfung irgendwann auch ein. Immer wieder kam eine Hebamme und schaute nach mir, aber die ganze Nacht blieb mein Zustand unverändert.
Am nächsten Morgen riet man mir, aufzustehen und Treppen zu laufen, um den Geburtsvorgang zu beschleunigen und anzukurbeln. Also tat ich das. Stundenlang. Wer jemals bei akuten Wehen Treppen gelaufen ist, der weiss, wie ich mich fühlte. Ich dachte, ich wäre am Ende meiner Kräfte angekommen, nicht ahnend, welche Kräfte in einer Frau stecken, wenn sie ein Kind gebärt.
Den lieben langen Tag änderte sich nichts an meinem Zustand, ich hatte regelmäßig Wehen, aber laut den Ärzten waren die nicht stark genug, um den Muttermund vollständig zu öffnen. Es wurde Nachmittag, es wurde Abend, nichts ging voran. Ich war am Verzweifeln, ich wollte nur noch endlich, endlich mein so lang herbeigesehntes Baby im Arm halten.
Abends gegen 19 Uhr kam der zuständige Arzt nochmals zu mir und meinte, auch diese Nacht wäre eine Geburt nicht zu erwarten. Er fragte, ob ich eine Valium-Tablette nehmen wollte, damit ich etwas Ruhe und  Schlaf bekäme. Erschöpft nickte ich, noch eine Nacht mit diesen Schmerzen und kaum Schlaf, das würde ich nicht mehr aushalten.
Also nahm ich das Valium und schlief auch kurz danach ein.
Es muss so eine knappe Stunde später gewesen sein, da wachte ich wieder auf. Du liebe Güte, was muss ich dringend auf die Toilette, dachte ich in meinem Valium-Wahn. Ich verspürte einen Druck auf dem Darm wie noch niemals zuvor in meinem Leben. Und was machte ich? Anstatt die Schwester zu rufen ging ich benommen auf die Toilette und versuchte mein Glück und gab dem Presszwang nach. Immer und immer wieder. Ich weiß nicht, wie lange das ging, aber irgendwann kam mir der Gedanke,.dass da was nicht stimmte, denn ich hatte beim Drücken und Pressen nicht den erwünschten Erfolg. Ich realisierte langsam aber sicher, dass es sich hierbei um den ersehnten Geburtsvorgang handeln könnte. Also brach ich meine erfolglosen Bemühungen ab, begab mich wieder ins Bett und klingelte nach der Schwester. Ich erzählte ihr, was ich gemacht hatte. Sie wurde blaß und untersuchte sofort meinen Muttermund... der war vollständig geöffnet, das Köpfchen war sichtbar und drückte gegen den Damm.  In kürzester Zeit war ich im Kreissaal, ich bekam noch ein paar Presswehen, und Minuten später war meine kleine Tochter geboren. Es ging so schnell, man konnte Italo nicht mehr rechtzeitig zur Geburt dazu holen, ich stand das alles alleine durch.
Ich war so glücklich, als  man mir Bianca das erste Mal in den Arm legte. Wie klein sie war, die kleine süße Nase, die kleinen Fingerchen und Füßchen. Auf dem Kopf hatte sie bereits einen richtigen Haarschopf, man hätte direkt mit ihr zum Frisör gehen können, ganz schwarze Haare hatte sie. Ihr Gesichtchen war durch die Strapazen noch ziemlich verschwollen, ihre Augen konnte man gar nicht sehen, es waren nur 2 Schlitze dort, wo man die Augen vermutete. Und ihr Kopf war ziemlich lang gezogen und hatte eine große Beule am oberen Hinterkopf. Das kam durch den Toilettenbesuch, den ich kurz vor der Geburt absolvierte.
Trotzdem: für mich war sie das schönste Baby der Welt! Ich schaute sie ununterbrochen an, streichelte sie, sprach ganz leise und zärtlich mit ihr. Nie werde ich diese Momente des puren Glücks vergessen, sie haben sich tief in meine Seele eingebrannt.
53cm und 3570g schwer war sie, mein kleiner Wonneproppen. Nachdem sie gemessen, gewogen, gewaschen und angezogen war, gab man sie mir wieder und die Schwester machte ein Polaroidfoto von uns beiden. Für dieses Foto bin ich heute noch unendlich dankbar und manchmal, wenn ich es betrachte, dann schießen mir immer noch, 30 Jahre später, Tränen der Rührung in die Augen.
Ich war Mutter geworden, was für ein überwältigendes Gefühl.
Auch Italo, der in der Zwischenzeit im Krankenhaus angekommen war, war begeistert. Es sah so rührend aus, als dieser große, muskulöse Mann seine neugeborene Tochter zum ersten Mal in den Arm nahm. Auch er war den Tränen nahe und ich sah einen unendlich zärtlichen Ausdruck auf seinem Gesicht, so hatte ich ihn noch nie gesehen.
Alles wird gut, dachte ich in diesem Moment, alles wird gut.


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