Zu Besuch bei Maria und Obbatalá

Zu Besuch bei Maria und Obbatalá Der 24.September ist der Festtag von Nuestra Señora de la Merced, einer der vielen Namen, unter denen Maria im spanischen Sprachraum verehrt wird. Die Gläubigen strömen an diesem Tag in Massen zur Kirche der Merced, einer der größten Kirchen in der Altstadt Havannas. Schon einige Straßenecken vorher sperren geparkte Polizeimotorräder die Straßen ab; nur Fußgänger dürfen passieren. Als ich mehr als eine Stunde vor Beginn der Festmesse ankomme, ist die Kirche bereits voll (Foto oben), und eine lange Schlange von Gläubigen zieht sich durch die ganze Kirche bis auf die Straße, um zu der Marienstatue über dem Altar hinaufzusteigen.
Zu Besuch bei Maria und Obbatalá

Zu Besuch bei Maria und Obbatalá Dort oben legen sie dann eine Blume ab oder machen ein Foto. Überall in den benachbarten Straßen kann man articulos religiosos kaufen, „religiöse Artikel“. Von einem Händler lasse ich mir die bunten Gläser erklären, die auf den ersten Blick wie Trinkgläser mit Stiel aussehen, in die aber Wasser eingeschlossen ist. Jede Farbe steht für eine andere Gottheit, die weißen (farblosen) Gläser sind die für Obbatalá, eine ursprünglich in Westafrika beheimatete Naturgottheit.
Zu Besuch bei Maria und Obbatalá
Eine Händlerin drängt mir hartnäckig eine „Kerze für Obbatalá“ auf (5 Pesos, umgerechnet 15-Euro-Cent), ein anderer Händler will mir die Statue der Merced-Maria oder die der Caridad-Maria für 5 CUC (4 Euro) andrehen. „Die Caridad-Maria ist die Patronin von Kuba“, lautet sein schlagkräftigstes Verkaufsargument, woraufhin ich antworte, „Aber ich bin kein Kubaner.“ Weil ich aber schon zwei Jahre auf Kuba lebe, frage ich mich nicht mehr, was westafrikanische Gottheiten bei einem katholischen Fest zu suchen haben. Die Afrikaner, die bis vor gut 120 Jahren von den Spaniern entführt und hier als Sklaven zum Arbeiten gezwungen wurden, brachten ihre Gottheiten mit. Und weil es ihnen nicht möglich war, sie offen zu verehren, verehrten sie sie unter der Maske der katholischen Heiligenstatuen. So entstand die Santería, die typisch kubanische Mischreligion. Obbatalá, dessen Farbe Weiß ist, wurde mit der ebenfalls immer in Weiß dargestellten Merced-Maria identifiziert. Dass Obbatalá männlich ist, war interessanterweise kein Hindernis für diese Gleichsetzung. Und so feiern am Festtag der Merced einige Obbatalá, einige Maria und einige feiern beide, ohne sich für den Unterschied zu interessieren. Den harten Kern der Santeria-Anhänger erkennt man an der weißen Kleidung, nach meinem Eindruck deutlich mehr als die Hälfte der Besucher der Festmesse.
Zu Besuch bei Maria und Obbatalá
Br.Cyrille stammt aus Westafrika, und Namen wie Obbatalá sind ihm aus seiner Heimat bekannt. Aber während ich die Santeria mit einem gewissen neutralen Interesse betrachte, ist seine Haltung deutlich ablehnend. „In Togo gibt es so etwas nur noch in entlegenen Gegenden. Aber in der Stadt nicht mehr,“ sagt er. In seiner strengen Art erinnert er mich manchmal an Jean Calvin, den Genfer Reformator aus dem 16.Jahrhundert. Als ich ihm am Abend von meinen Eindrücken beim Merced-Fest berichte, macht er einen Vorschlag, der mich in sprachloses Staunen versetzt: „Man sollte alle Statuen aus den kubanischen Kirchen entfernen.“ Auch Calvin war ja der Meinung, dass Bilder in Kirchen nichts zu suchen haben.



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