Es gibt viele Gerichte im Koch-Universum, die vermeintlich einfach aussehen aber bei genauerem Hinsehen so einfach gar nicht sind: wie häufig bekommt man zum Beispiel im Restaurant richtig (!!!) gute Bratkartoffeln?
Erschreckend selten.
Und warum ist es so schwer, gute Croissants, außergewöhnliches Baguette oder ein begeisterndes Bauernbrot aufzutreiben?
Die Antwort auf diese Fragen ist wohl, dass die meisten Dinge, die einfach erscheinen, gar nicht so einfach sind. Und dass Qualität viel Hingabe und Übung erfordert sowie die sprichwörtliche Extrameile, ohne die es vielfach einfach nicht geht.
Ein schönes Positiv-Beispiel für herausragende Qualität im Einfachen haben wir übrigens kürzlich in dem absolut empfehlenswerten Restaurant Tribeca in der Nähe von Eindhoven erlebt. Dort machte am späten Abend, während alle Gäste ihre Dessert-Gänge verputzten, eine Service-Mitarbeiterin mit einem unscheinbarem Korb die Runde. Aus diesem Korb überreichte sie jedem Gast ein frisch gebackenes Madeleine. Und was für eins: heiß und saftig im Inneren, umhüllt von einer ganz dezent knusprige Kruste, mehr ein Krüstchen, mit feinsten Röstaromen. Alles in allem ein Gesamtkunstwerk von einer Güte, die mit „perfekt“ ziemlich gut beschrieben ist. Bis zu diesem Abend hatte ich nicht den Hauch einer Ahnung, wie viel Genuss in einem Madeleine stecken kann.
Was das mit dem heutige Rezept zu tun hat?
Ganz einfach: mit diesem Rezept lassen sich Zimtschnecken fabrizieren, die, ähnlich wie die oben beschriebenen Madeleines, verdammt nah am oberen Ende der Qualitätsskala angesiedelt sind: unerhört buttrig, nahezu süffig, mit einer hauchzarten Karamell-Kruste, voller Geschmacksnuancen und, Dank der sehr geringen Hefe-Dosis, völlig frei von irgendwelchen störenden Hefe-Aromen.
Das Lob für dieses wirklich außergewöhnliche Gebäck gebührt übrigens Lutz Geißler vom wunderbaren Plötzblog. Ich habe mir lediglich erlaubt, das Rezept a) auf den Thermomix umzubauen (die Küchenmaschinen-Variante ist auch angeben) und b) in Details leicht zu modifizieren.
Nämlich:
1.) Ich habe das Dinkelvollkornmehl im Vorteig durch Weizenvollkornmehl ersetzt. Dahinter steckt kein ausgeklügelter Plan sondern lediglich die Tatsache, dass ich eigentlich nie mit Dinkelmehl backe, deshalb auch keines im Haus habe und mittelfristig nicht plane, welches anzuschaffen.
2.) Der Zucker für die Füllung ist dezent reduziert – ebenso wie die Buttermenge.
3.) Zu guter Letzt habe ich dem Rezept etwas mehr Anstellgut gegönnt als bei Lutz Geißler vorgesehen.
Zimtschnecken
Vorteig
- 70 g Weizenvollkornmehl
- 150 g Weizenmehl 550
- 115 g Milch (3,5%)
- 2 g Hefe (frisch)
Hauptteig
- Vorteig
- 490 g Weizenmehl 550
- 40 g Anstellgut (ob Roggen oder Weizen ist egal)
- 35 g Kartoffeln (gekocht und zerdrückt, Sorte ist egal)
- 105 g Magerquark
- 105 g Ei (ca. 2 Stück)
- 16 g Salz
- 140 g Milch (3,5 %, 5 Grad)
- 95 g Zucker
- 210 g Butter (5 Grad)
Füllung
- 180 g Butter
- 120 g Zucker
- Zimt nach Belieben
Vorteig
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Alle Zutaten vermengen (der Vorteig wird ziemlich fest) und 16 – 20 Stunden bei 16 bis 18 Grad Celsius (z.B. im Kellerabgang o.ä.) reifen lassen. Der Vorteig wird etwas fluffiger, bleibt aber relativ kompakt.
Hauptteig
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Variante Thermomix: Alle Zutaten außer Butter und Zucker im Rückwärtsgang auf Stufe 5 – 6 für zwei Minuten kneten. In den letzten 45 Sekunden nach und nach Butter und Zucker zugeben.
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Variante Küchenmaschine: Alle Zutaten außer Butter und Zucker fünf Minuten auf niedrigster Stufe, danach weitere zehn Minuten auf zweiter Stufe kneten. Es soll ein straffer, glatter Teig entstehen.
Im Anschluss den Zucker zwei Minuten auf zweiter Stufe einarbeiten, danach die Butter dazugeben und den Teig weitere 5 Minuten auf zweiter Stufe kneten. Der Teig soll glatt und seidig werden.
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Den Teig abgedeckt für 8-12 Stunden bei ca. 16-18°C gehen lassen. Am besten eignet sich ein kühler Flur oder ein Kellerabgang. Das Teigvolumen sollte sich nahezu verdoppeln.
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Die Butter temperieren und mit dem Zucker für die Füllung mischen. Im Thermomix geht das sehr einfach, indem man die Butter leicht erwärmt und dann den Zucker darunter mixt. Die Mischung ggfs. kalt stellen. Vor der Verwendung sollte man sie frühzeitig aus dem Kühlschrank nehmen, damit sie streichfähig ist.
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Den Teig 2-3 mm dünn viereckig ausrollen. Am besten geht das auf einer bemehlten Arbeitsfläche. Das Viereck sollte am Ende doppelt so breit wir lang sein.
Mit der Buttermischung bestreichen und von der breiten (mithin der längeren) Seite her nicht zu fest aufrollen.
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Von der Rolle ungefähr zwei cm dicke Scheiben abschneiden und mit ca. 1,5 – 2 cm Abstand auf ein ordentlich gebuttertes Blech setzen.
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Bei Raumtemperatur (20 – 22 Grad) abgedeckt ca. 4 Stunden gehen lassen.
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Mit einer Ei-Milch-Mischung bestreichen, mit etwas Zucker möglichst gleichmäßig bestreuen und bei 220 Grad, fallend auf 180 Grad, für ca. 30 Minuten backen.
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Die erste Schnecke noch dampfend heiß verputzen, den Rest auf einem Rost auskühlen lassen.