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Thema Verkehrssicherheit. Die Dame vom Verkehrsministerium legt die Zahlen auf den Tisch: Alle zwei Minuten passiert ein polizeilich erfasster Unfall in Baden-Württemberg. Die größte Zahl der Unfälle geschieht innerorts. Zwei Drittel der Getöteten gibt es aber ausserorts. 11 Prozent der Verkehrstoten sind Radfahrer.
In Baden-Württemberg gab es in 2013 55 getötete Radfahrende, über 2.000 Schwerverletzte und über 6.000 leichtverletzte Radfahrende. 80 Prozent der Radunfallstellen fallen in die kommunale Zuständigkeit. Oftmals fehlt es an der Umsetzung baulicher Standards. Bei 90 Prozent der Unfällen ist der Mensch ursächlich. Vision zero – null Verkehrstote – heißt die anspruchsvolle Zielsetzung.
Thema Aggression im Stadtverkehr: Wie schafft man ein konfliktarmes Verkehrsklima? Ein Fachmann von der Universität Würzburg berichtet von der zunehmenden Zahl von Verkehrsunfällen, die auf aggressives Verhalten im Straßenverkehr zurück gehen. Stets seien Emotionen mit im Spiel: Wir können nicht nicht-emotional sein. Die gefühlte Sicherheit im Verkehr ging in den letzten Jahren zurück. Was sind die Ursachen für Aggressivität? Zunehmendes Verkehrsaufkommen und Staus, aber auch das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer spielen eine Rolle: Die Fehler machen immer die anderen. Mit zunehmender Verkehrsstärke wächst der Ärger. Es gibt auch das Problem, sich schwer in andere hinein versetzen zu können. Es herrscht ein egoistischer Hintergrund vor. Straßenverkehr unterbindet eine Reihe wichtiger Kommunikationskanäle, die für Kooperation und Toleranz nötig sind. Egozentrik ist vorherrschend. Jeder dritte Verkehrsunfall hat mit Aggressivität zu tun.
Thema Fußverkehr: Wie muss eine Stadt beschaffen sein, in der es möglichst wenig Fußgänger-Unfälle gibt? Im Wesentlichen ist der Kraftfahrzeugverkehr der Hauptverursacher bei den verletzten Fußgängern. Wie erwartet ist das Tempo ein gravierender Faktor. Städte sollen aber auch “wohnlich” bleiben oder werden. Die Aufenthaltsqualität sollte hoch sein. Fußgängerbereiche, Wohlfühlzonen.
Jede Stadt ist anders. Man sollte sich die Siedlungstätigkeit in den Kommunen anschauen: wo gebaut werde sei noch längst nicht auch das Fahrrad im Kommen. Die Siedlungsentwicklung bestimmt aber den künftigen Verkehr. Die Kommunen müssen sich daher viel stärker um die Stadtplanung, um Verdichtung und Durchmischung kümmern. Insgesamt sollen Straßenräume nicht auf bestimmte Nutzergruppen ausgelegt werden. Und man sollte zur Kenntnis nehmen, dass vielfach die Planung bereits an ihre räumlichen Grenzen stößt.
Die positiven Wirkungen des Radverkehrs sind belegt. Das bedeutet auch: mehr Platz fürs Fahrrad. Dabei darf – von außen nach innen geplant – der Radverkehr nicht zu Lasten des Fußgängerverkehrs gehen. Man sollte hingegen zügig, schnell und sicher per Rad vorankommen. Es entscheidet sich vor der Haustür, welches Verkehrsmittel verwendet wird: Radfahrern muss derselbe Komfort geboten werden wie den Mülltonnen vor dem Haus – die Abstellplätze sollen nämlich gut zugänglich sein. Es braucht zeitgemäße Abstellanlagen, Mobilitätsstationen, eine gute Verknüpfung mit dem öffentlichen Nahverkehr. Geschwindigkeiten müssen noch viel flächiger reduziert werden. Vielen Behörden sind die neuesten Regelungen der StVO noch immer nicht geläufig. Und immer wieder: Rücksichtnahme ist und bleibt die elementarste Regel.