Zickenbändiger statt Krisenerklärer

Zickenbändiger statt Krisenerklärer

Dass im deutschen Fernsehen wiederverwertet wird, ist keine neue Erkenntnis. Günther Jauchs Sendung wird schließlich auch mindestens drei Mal wiederholt. Doch Jauchs Redaktion hat in einem Anflug von Faulheit einfach mal einen vier Wochen alten Beitrag des Politmagazins Report Mainz gezeigt, der beweisen sollte, dass ganz plötzlich Griechen ihr Geld mit vollen Händen im Ausland, also auch in Berlin ausgeben. Als Zeuge: Ein italienischer Immobilienmakler und eine Deutsch sprechende Griechin, die in Athen neuerdings per Kleinanzeige Berliner Wohnungen vermarktet. Und siehe da: Ganze zehn bis zwölf Anrufe gehen pro Inserat bei ihr ein. Werbung wirkt.

Der Makler spricht derweil auf Englisch von 100.000 Quadratmetern Wohnfläche in Berlin und 100 Millionen Euro getätigten Investments. Wer kurz nachrechnet, kommt auf einen Quadratmeterpreis von 1000 Euro und das entspricht eher Sozialwohnungsbau denn repräsentativer Bleibe. Kurz: Das Beitrags-Recycling hat nicht nur Staub angesetzt, sondern muss sich auch noch mit Logikschwächen herumplagen. Vielleicht wird die Mär von den ganz plötzlich heftig in Deutschland investierenden Griechen ja doch noch wahr, wenn der Beitrag fortan in jeder ARD-Talkshow noch einmal zu sehen ist.

Und dann muss sich der Gastgeber auch noch das Heft aus der Hand nehmen lassen. In der zehnten Sendung pfeifen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und die ARD-Börsenerklärbärin Anja Kohl auf die Etikette und verursachen mit wilder Rechthaberei in doppelter Ausführung ein langes Pfeifen im Ohr der Zuschauer. Ringrichter Jauch muss die beiden Kontrahentinnen wegen der dauernd überlasteten Tonspur trennen.

Und dann will Anja Kohl auch gleich noch Jauch beerben. Gleich zwei Mal spielt sie Moderatorin und fragt Gregor Gysi so knallhart aus, dass dem Linken-Fraktionschef eventuell Hören und Sehen vergeht, sicher aber die Lust auf eine klare Antwort. Kapitalismus und Sozialismus vertragen sich eben auch im deutschen Fernsehen nicht wirklich.

Für die Kompetenz ist an diesem Abend vor allem Finanzexperte Max Otte zuständig. Während Ursula von der Leyen mit der Durchsetzungskraft einer siebenfachen Mutter mit ihrer Vision von einem kuscheligen Europa zum Arzt strebt, gibt Otte, der sich selber gern als Crash-Prophet sieht, die Marschrichtung für ein Euro-Aus für Griechenland vor: «Da wäre gar keine Katastrophe», sagt der Wirtschaftswissenschaftler. Richtig, für die Finanzmärkte nicht.

Die Katastrophe ist ja auch schon anderswo angekommen: Bei den Griechen selber. Exemplarisch werden Verwandte des Hamburger Journalisten Michalis Pantelouris und die drastischen Auswirkungen des Sparkurses auf sie gezeigt. Sie sind es, denen das dreiundneunzigste Palaver rund um die Griechenland-Krise am wenigsten helfen kann.

Bestes Zitat: «Ich kann Ihnen nicht versprechen – aber wir arbeiten daran – dass wir in der kommenden Woche ein anderes Thema haben werden.» Günther Jauch ist verhalten optimistisch.

Die Sendung in voller Länge in der ARD-Mediathek.

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«Günther Jauch» – Zickenbändiger statt Krisenerklärer

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