Zertifikate im Consulting – Zeitverschwendung oder Alleinstellungsmerkmal?

Sie besitzen Abkürzungen wie PMP, CPRE Foundation oder TOGAF Level 1: Zertifikate für Einzelpersonen. Mit ihnen weist Du als Unternehmensberater Dein Wissen, Kompetenzen und Erfahrungen in einem spezifischen Themengebiet nach. Fakt ist: in den letzten 20 Jahren hat sich Umfang und Anzahl an Zertifizierungsprogrammen und den einhergehenden Schulungsoptionen drastisch erhöht. Macht es da überhaupt noch Sinn, Zeit und Geld in eine offiziell anerkannte Qualifizierung zu stecken? Oder ist Deine Energie in individuelle Weiterbildungsmaßnahmen besser investiert? Im Beitrag beleuchte ich das Thema Zertifikate im Consulting.

Zertifikate in der Unternehmensberatung

Mit Deiner Unterschrift unter den Consulting Arbeitsvertrag hast Du Dich dem fortwährenden Lernen verpflichtet. Um Deine Kunden auch im nächsten Jahr erfolgreich zu beraten, benötigst Du immer wieder neues Wissen, Kompetenzen und Erfahrungen. Eine Möglichkeit Deine Fähigkeiten systematisch auf- und auszubauen, besteht im Erwerb von offiziellen Zertifikaten. Diese stellen Unternehmen, Institutionen sowie gemeinnützige Vereine als Teil von Weiterbildungs- und Zertififizierungsprogrammen aus.

Am Markt üblich sind Personen- und Produktzertifizierungen. Ersterer weisen Dein Know-How in fachlichen, methodischen und sozialen Gebieten nach. Beispielsweise ist der Project Manager Professional (PMP) des Project Management Instituts (PMI) ein bekanntes Zertifikat für die Fähigkeiten in der Leitung von Projekten. Produktzertifizierungen demonstrieren Deine Kenntnisse bzgl. einer bestimmten Technologie, Anwendungsproduktes oder IT-Systems. So betreibt der US-Softwareriese Microsoft ein großes (und sicherlich auch lukratives) Zertifizierungsprogramm für seine digitalen Produkte.

Speziell zu IT-Zertifikaten kann ich Dir das 5-minütige Video von einem guten Kollegen Dr. Klaus Haller empfehlen. Dieser beleuchtet die Relevanz von Zertifikaten für IT-Professionals.

Vor- & Nachteile von Zertifikaten

Über die Jahre als Berater habe ich mich kontinuierlich in den Themen Requirements Engineering, Enterprise Architecture und IT Service Management weiterqualifiziert und in diesen Gebieten auch mehrere aufeinander aufbauende Personenzertifikate erworben. War dieser Aufwand sinnvoll?

Nähern wir uns der Frage aus drei Sichten:

Sichtweise Berater
Aus Deiner Consultant Sicht bedeutet eine Zertifizierung ein mehr oder weniger großer Wissenszuwachs. Dabei ist der Erhalt des Zertifikates nicht entscheidend, sondern der Weg dorthin. Dieser führt häufig entlang von Trainings, Selbststudium und Projektarbeit. Das aus meinen Erfahrungen Positive an einer Zertifizierung: Du erlernst qualitätsgesichertes Wissen welches von einer Vielzahl von Personen strukturiert, zusammengestellt und geprüft worden ist. Oft existiert auch eine Gemeinschaft rund um die Zertifizierung mit der Du in Kontakt treten und Dich austauschen kannst.

Ein weiterer Vorteil von Zertifikaten: unternehmensintern und -extern besteht Transparenz über Deinen Ausbildungsstand und Deinen Fähigkeiten. Diese lassen sich ebenfalls mit Kollegen und Wettbewerbern vergleichen und gegeneinander abwiegen. Das ist wie bei einem Studien- und Berufsabschluss.

Sichtweise Arbeitgeber
Aus Perspektive Deines Arbeitsgebers – dem Consultingunternehmen – sind Zertifizierungen zunächst Investitionen in den Berater. Diese sind nicht unerheblich, addieren sich Trainings- und Prüfungsgebühren, Reiseaufwände sowie Opportunitätskosten schnell zu mehreren Tausend Euro. Als Belohnung erlangt die Firma einen qualifizierten, am Markt meist attraktiveren Mitarbeiter, der Kunden zu höheren Tagessätzen bzw. Festpreis in Rechnung gestellt werden kann.

Doch es gibt noch weitere Argumente für Zertifizierungen. Der Mitarbeiter bringt Wissen zurück ins Unternehmen, beherrscht nach den Trainings ein Standardrepertoire an Begriffen und Konzepte. Zudem lassen sich Zertifikate exzellent in Jahresgesprächen verzielen bzw. ermöglichen dem Unternehmen den Mitarbeiter an sich zu binden.

Sichtweise Kunde
Kundenunternehmen geben Zertifikate bei der Auswahl eines Beraters Sicherheit. Schließlich handelt es sich um einen formalen Nachweis der Kompetenzen des externen Mitarbeiters. Hat ein Projektleiter zwei fast identische Beraterprofile vor sich liegen, verfügt jedoch einer der Consultants über ein Zertifikat, wird der Leiter mit hoher Wahrscheinlichkeit für den Kandidaten mit dem Zertifikat entscheiden.

Kunden schätzen Zertifikate, speziell bei Jungberatern. Die offiziellen Nachweise kompensieren den zum Teil den mangelnden Praxishintergrund und die fehlenden Projekterfahrung der Junior Consultants.

Die Wahl der richtigen Zertifizierung

Wie oben gezeigt besitzen Zertifikate aus Sicht des Kunden, Arbeitgeber und Consultant eine Vielzahl von Vorteilen. Aber: sie generieren für Dich bzw. Dein Beratungsunternehmen auch finanzielle und zeitliche Aufwände.

Bevor Du Dich also einem X-beliebigen Zertifizierungsprogramm verschreibst, solltest Du Dir folgende sieben Fragen stellen.

1. Unterstützt die Zertifizierung meine beruflichen Ziele als Unternehmensberater? Möchtest Du zum Beispiel als Spezialist im Requirements Engineering positionieren, bringt Dir ein CPRE Foundation Zertifikat (siehe Beitrag) mehr als ein Nachweis über Softskills im Konfliktmanagement.

2. Welche alternativen Zertifizierungsprogramme bestehen am Markt?
So bietet zum Beispiel für das agile Projektvorgehensmodell Scrum sowohl die Scrum Alliance als auch Scrum.org einen Curriculum an.

3. Welchen Stellenwert geniest das aus Training, Prüfung und/oder nachgewiesener Praxisarbeit resultierende Zertifikat?
Je renommierter und verbreiteter eine Zertifizierung, desto größer ihr wahrgenommener Mehrwert für den Kunden und Dein Unternehmen.

4. Wie hoch sind die Kosten zum erzeugten Nutzen?
Besitzt Du bereits umfangreiche Erfahrung im Thema, wird Dein Wissenszuwachs mit der Zertifizierung wahrscheinlich sehr gering ausfallen. Manche Programme erfordern nach einer bestimmten Zeit auch eine Neuzertifizierung, die wiederkehrend Aufwände generiert.

5. Auf welche Weise kann die Zertifizierung erworben werden?
Beispielsweise bevorzuge ich Selbststudium vor Pflichttraining. Für Ersteres benötigst Du Disziplin und gute Materialien, kannst Zeit und Ort aber selbst bestimmen. Ein Präsenztraining kostet meist mehr als 500 Euro pro Tag bzw. kannst Du in dieser Zeit keinem Kunden beraten.

6. Wie hoch ist die Bestehensquote der Abschlussprüfung?
Viele Zertifizierungen beinhalten eine Prüfungen in der der Kandidaten sein erlerntes Wissen nachweisen muss. Einige Programme veröffentlichen die Bestehensquote dieser Abschlusstests. Liegt diese Quote nahe 100 Prozent ist das ein Indikator, für eine zu einfache Prüfung. Offenbar will der Anbieter viele Teilnehmer anziehen und an diesen Geld verdienen. Eine Quote unter 60 Prozent wiederum ist ein Signal für ein hartes Auswahlverfahren. Hier musst Du mit einer intensiven Vorbereitungszeit rechnen.

7. Welche Gültigkeit besitzt das Zertifikat?
Insbesondere Produktzertifikate in der Informationstechnik unterliegen einer kurzen Lebensdauer. Wechselt die Softwareversion oder wird die IT-Applikation gar eingestellt, ist das Zertifikat nur noch wenig Wert.

Fazit

Zertifizierungsprogramme bilden für Traininingshäuser und Zertifizierungsinstitute ein lukratives Geschäftsmodell. Umso wichtiger für Dich, durch etwas Recherchearbeit die Spreu vom Weizen zu trennen um das richtige Programm für Deine Wissens- und Karriereziele zu identifizieren. Nutze dazu die hier vorgestellten 7 Fragen. Viel Erfolg bei Deiner Qualifikation.

> In welchen Themenbereichen hast Du Zertifikate erworben? Hat sich das gelohnt? Ich freue mich über Deinen Kommentar!


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