Die Erfindung der Glasmacherpfeife vor rund 2100 Jahren in der Levante war eine technische Revolution. Mit ihrer Hilfe fertigten bald auch römische Handwerker eine ungeahnte Fülle verschiedenartiger Glasgefäße – von der schlichten Flasche bis zur kunstvollen Luxusware.
Aus: epoc, 1/2012
Glas ist eines der ältesten synthetisch hergestellten Produkte der Menschheitsgeschichte – eine Gemisch aus Quarzsand, Natron und Kalk, das bei hohen Temperaturen von 1200 bis 1400 Grad Celsius miteinander verschmilzt. Seit dem späten 3. Jahrtausend v. Chr. fertigten mesopotamische und ägyptische Handwerker aus dem "Kunststoff" Perlen und kleine Gefäße. Erst griechische Glasmacher vermochten es, seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. größere Schalen herzustellen: Sie legten einen heißen Glasfladen über eine halbrund gewölbte Tonform, der sich allmählich darüber absenkte.
Allerdings erlaubte diese Technik lediglich die Herstellung weniger Gefäßformen, die zudem viel Zeit beanspruchte. Doch im 1. Jahrhundert v. Chr. trat ein entscheidender Wandel ein: Glasmacher in der Levante entwickelten die Glasmacherpfeife – eine technische Revolution! Mit dem vermutlich ein bis anderthalb Meter langen Metallrohr konnte ein heißer Glasklumpen aufgeblasen und mit Zange und Schere in jede gewünschte Form gebracht werden.
Es dauerte nicht mehr lange, bis eine regelrechte Massenproduktion von Glasgefäßen einsetzte. Dazu verhalfen den Handwerkern vor allem Hohlformen aus gebranntem Ton, in die das Glas eingeblasen wurde. So ließen sich nicht nur rasch Behälter gleicher Art und Größe fertigen, sondern auch eine nahezu uneingeschränkte Palette von Gefäßformen herstellen.
Gleichzeitig verlor Glas auch als Luxusware nicht an Wert. Nichts führt dies deutlicher vor Augen, als die Diatretbecher des frühen 4. Jahrhunderts. Die dünnwandigen Kelche, um die sich – verbunden über fragile Stege – ein feines Netzwerk legt, sind Meisterstücke des antiken Glashandwerks und versetzen Fachleute wie Laien in Staunen. Wie mochte es gelingen, ohne moderne Hilfsmittel solch filigranes Geflecht zu fertigen? Experten streiten darüber seit Jahrzehnten. Hatten die Glaskünstler das Netz in monatelanger Schleifarbeit herauspräpariert oder in Formen gepresst?
Technische Merkmale an den Gefäßen selbst liefern Hinweise für die eine sowie die andere These. Eine Entscheidung zu Gunsten der aufwändigen Schleifmethode scheint jüngst ein Fund aus dem spätantiken Grenoble zu liefern. In der neuen Ausgabe von epoc (1/2012) bespricht epoc-Redakteurin Karin Schlott die Debatte und beleuchtet mit fachlicher Unterstützung der Bonner Glasexpertin Anna-Barbara Follmann-Schulz (ehemals LVR-LandesMuseum Bonn) Erfindergeist und Virtuosität der antiken Glashandwerker.
Aus: epoc, 1/2012
Glas ist eines der ältesten synthetisch hergestellten Produkte der Menschheitsgeschichte – eine Gemisch aus Quarzsand, Natron und Kalk, das bei hohen Temperaturen von 1200 bis 1400 Grad Celsius miteinander verschmilzt. Seit dem späten 3. Jahrtausend v. Chr. fertigten mesopotamische und ägyptische Handwerker aus dem "Kunststoff" Perlen und kleine Gefäße. Erst griechische Glasmacher vermochten es, seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. größere Schalen herzustellen: Sie legten einen heißen Glasfladen über eine halbrund gewölbte Tonform, der sich allmählich darüber absenkte.
Allerdings erlaubte diese Technik lediglich die Herstellung weniger Gefäßformen, die zudem viel Zeit beanspruchte. Doch im 1. Jahrhundert v. Chr. trat ein entscheidender Wandel ein: Glasmacher in der Levante entwickelten die Glasmacherpfeife – eine technische Revolution! Mit dem vermutlich ein bis anderthalb Meter langen Metallrohr konnte ein heißer Glasklumpen aufgeblasen und mit Zange und Schere in jede gewünschte Form gebracht werden.
Es dauerte nicht mehr lange, bis eine regelrechte Massenproduktion von Glasgefäßen einsetzte. Dazu verhalfen den Handwerkern vor allem Hohlformen aus gebranntem Ton, in die das Glas eingeblasen wurde. So ließen sich nicht nur rasch Behälter gleicher Art und Größe fertigen, sondern auch eine nahezu uneingeschränkte Palette von Gefäßformen herstellen.
Gleichzeitig verlor Glas auch als Luxusware nicht an Wert. Nichts führt dies deutlicher vor Augen, als die Diatretbecher des frühen 4. Jahrhunderts. Die dünnwandigen Kelche, um die sich – verbunden über fragile Stege – ein feines Netzwerk legt, sind Meisterstücke des antiken Glashandwerks und versetzen Fachleute wie Laien in Staunen. Wie mochte es gelingen, ohne moderne Hilfsmittel solch filigranes Geflecht zu fertigen? Experten streiten darüber seit Jahrzehnten. Hatten die Glaskünstler das Netz in monatelanger Schleifarbeit herauspräpariert oder in Formen gepresst?
Technische Merkmale an den Gefäßen selbst liefern Hinweise für die eine sowie die andere These. Eine Entscheidung zu Gunsten der aufwändigen Schleifmethode scheint jüngst ein Fund aus dem spätantiken Grenoble zu liefern. In der neuen Ausgabe von epoc (1/2012) bespricht epoc-Redakteurin Karin Schlott die Debatte und beleuchtet mit fachlicher Unterstützung der Bonner Glasexpertin Anna-Barbara Follmann-Schulz (ehemals LVR-LandesMuseum Bonn) Erfindergeist und Virtuosität der antiken Glashandwerker.