Zentralrat der Juden ruft zu Verfassungsbruch auf

pro kinderrechte quadrat300 Zentralrat der Juden ruft zu Verfassungsbruch auf

Kampagne-Logo (Foto: E. Frerk)

Nachdem ges­tern Berlins Justizsenator, Thomas Heilmann (CDU) Rechtsbruch beging(1.) indem er die Berliner Staatsanwaltschaft anwies, gegen die Beschneidung unmün­di­ger Kinder nicht vor­zu­ge­hen (und damit gegen Recht und Gesetz ver­stieß), soll nach Informationen der Berliner Zeitung(2.) das Jüdische Krankenhaus in Berlin bereits wie­der reli­giös begrün­dete Beschneidungen vor­neh­men.

Dabei ist das Vorgehen Heilmanns in der Angelegenheit mehr als frag­wür­dig. In den Pressemitteilungen heißt es zwar:

Heilmann stützt sich bei der ab sofort gül­ti­gen Regelung auf ein Gutachten der Berliner Generalstaatsanwaltschaft.

dabei wird aber (absicht­lich) über­se­hen, dass sich der Justizsenator erst mit Vertretern der betrof­fe­nen reli­giö­sen Gruppen traf und anschlie­ßend zwei Staatsanwälte auf­for­derte, ein Gutachten zu schrei­ben, des­sen Ergebnis von vorn­her­ein fest­stand: näm­lich, dass es bes­ser wäre, die reli­giös begrün­dete Beschneidung von Minderjährigen “zu über­se­hen” und nicht juris­tisch zu ver­fol­gen.

Fragwürdig daran ist nicht nur, dass sich Heilmann Rat nur von Seitens der Vertreter der Religionsgemeinschaften holte. Sondern auch, dass er als obers­ter Dienstherr in beam­ten­recht­li­cher Sicht die Staatsanwaltschaft in deren Ausübung als Judikative behin­dert bzw. zum Rechtsbruch anweist.

Als wäre das nicht genug, haben die Ärzte aus den gest­ri­gen Äuße­run­gen Heilmanns geschluss­fol­gert, dass sie – ent­ge­gen gel­ten­dem Recht – berech­tigt wären, Beschneidungen durch­zu­füh­ren.

Chefarzt Kristof Graf sagte: “Unsere Ärzte wer­den ab sofort wie­der Beschneidungen vor­neh­men.”

Man könnte mei­nen, dass allein diese Tatsachen schon dem Rechtsstaat Hohn spre­chen. Aber nein! Der Zentralrat der Juden setzt dem noch einen drauf!(3.)

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hält die vom Berliner Senat ange­kün­digte Straffreiheit für Ärzte, die Beschneidungen vor­neh­men, nicht für aus­rei­chend. Der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan J. Kramer, begrüßte den Schritt zwar als Signal zuguns­ten der Religionsfreiheit. “Aber die kon­krete Zwischenlösung hilft uns nicht wei­ter”

Auf die­sen Unfug, dass eine Körperverletzung not­wen­dig für Religionsfreiheit sei, gehe ich gar nicht mehr ein; aber dass der Zentralrat den offe­nen Rechtsbruch des Justizsenators für “nicht aus­rei­chend” hält und sich dage­gen ver­wehrt, dass lt. Empfehlung des Ethikrates des Bundestages bei den Operationen Amputationen wenigs­tens die grund­le­gen­den Regeln der Hygiene ein­ge­hal­ten wer­den sol­len ist schon ein star­kes Stück.
Sie ver­weh­ren sich dage­gen, dass ihre blu­tige Arbeit straf­recht­lich ver­folgt wer­den könnte:

Die jüdi­schen Beschneider könn­ten damit zwar sol­che Eingriffe vor­neh­men, müss­ten sich aber im Anschluss einer Einzelfallprüfung und mög­li­cher­weise einem Ermittlungsverfahren unter­zie­hen.

Ich halte das – mit Verlaub – für eine Frechheit! Die Empfehlung des Ethikrates ist schon lau genug – sie jedoch noch für zu “streng” und “ein­schrän­kend” zu emp­fin­den zeigt mir nur eines: dass da Vertreter einer Religion noch immer nicht in der Moderne ange­kom­men sind. Und offen­bar das Grundgesetz für ein unbe­deu­ten­des Blatt Papier hal­ten; den Talmud für wich­ti­ger.

Dem Fass den Boden aus schlägt dann aller­dings die oltra­or­tho­doxe Frau Knobloch; lange Zeit Vorsitzende des Zentralrates der Juden und zur all­ge­mei­nen Erleichterung seit 2010 Ex-Vorsitzende(4.).

Es sei eine Situation, „wie wir sie seit 1945 hier­zu­lande nicht erlebt haben“.

Sie ver­gleicht also die Debatte um die Beschneidung allen Ernstes mit den Judenprogromen im “Dritten Reich”? Das ist nicht wahr, oder? Ich hab mich ver­le­sen?

Nein, hab ich nicht, denn es geht dann so wei­ter:

Sie frage sich, ob die unzäh­li­gen Besserwisser aus Medizin, Rechtswissenschaft, Psychologie oder Politik, die unge­hemmt über Kinderquälerei und Traumata schwa­dro­nie­ren…

Wenn also eine Mehrheit der Juristen und eine Vielzahl der Mediziner und Psychologen die Auffassung ver­tre­ten, dass der Brauch der Beschneidung in Frage zu stel­len sei und eine öffent­li­che Debatte dar­über begin­nen, nennt Frau Knobloch dies “schwa­dro­nie­ren”?

Als wäre auch das noch nicht genug, schreibt ein  ”Dalia Wissgott-Moneta” in der Jüdischen Allgemeinen:

Die gefähr­lichs­ten Mörder des letz­ten Jahrhunderts, des Jahrhunderts ihrer Eltern und Großeltern, waren Antireligiöse mit ihrer ganz eige­nen Religion. … Ein hoher Prozentsatz die­ser Mörder waren Akademiker, auch Ärzte.

und meint damit auch die Unterzeichner des Aufrufs von Prof. Franz.

Noch ekel­haf­ter aber ist die Erklärung »Religionsfreiheit kann kein Freibrief für Gewalt sein« des Professors Matthias Franz von der Universität Düsseldorf, die flugs 700 Ärzte, Juristen, Psychoanalytiker und andere Akademiker unter­schrie­ben haben. Denn diese Erklärung ent­hält ver­bale Gewalt durch Verdrehungen, Pseudowissenschaftlichkeit, Gerüchte und Hetze und ist immer noch im Internet nach­zu­le­sen.

Damit setzte er die Mediziner, Psychologen und Juristen, die dort unter­schrie­ben, mit Hitlers Schergen auf eine Stufe. Dies und die Aussage von Frau Knobloch gren­zen an Volksverhetzung.

Bei der Kampagne, die wir der­zeit erle­ben, geht es nicht wirk­lich um die reli­giös begrün­dete Beschneidung. Es geht um die Umkehrung der Wahrheit. Besonders auf­fäl­lig ist, dass fast alle Medien brav das Mantra der schwe­ren Traumatisierung durch die Beschneidung der Vorhaut männ­li­cher Kinder her­un­ter­be­ten und dann beson­ders schrill und hys­te­risch rea­gie­ren, wenn ihre These wis­sen­schaft­lich wider­legt wird, wie es Leo Latasch im Ethikrat getan hat.

Ich weiß nicht, was der Autor der Jüdischen Allgemeinen so im Allgemeinen liest. Wenn ich mir die Medien so betrachte (und das mache ich täg­lich und gerade im Hinblick auf diese Thematik beson­ders gründ­lich), dann sehe ich ein Über­maß an reli­gi­ons­freund­li­chen und unwis­sen­schaft­li­chen Artikeln zum Thema.

Zu den “wis­sen­schaft­li­chen Thesen”, die Herr Latasch beim Ethikrat ver­trat, zitiere ich hier ein­mal aus­führ­lich aus einem hpd-Artikel:

Latasch ver­las zunächst wahl­los wir­kende Blogeinträge zum Thema, deren ein­zige Gemeinsamkeit darin bestand, dass sie im Internet zu lesen waren. Sein Ziel bestand offen­bar darin, kin­der­recht­li­che Argumente mit anti­se­mi­ti­schen und aus­län­der­feind­li­chen Aussagen in einen Topf zu wer­fen. Den Offenen Brief zur Beschneidung von Professor Dr. med. Matthias Franz, der von hun­der­ten Medizinern und Juristen unter­zeich­net wor­den war, ver­las Latasch aus­schnitt­weise aus dem Kontext geris­sen und bezeich­nete die Passage, in der die Beschneidung als sexu­elle Gewalt bezeich­net wird, ein­fach mal als „unge­heu­er­lich“.
Besonders her­vor­zu­he­ben ist an Lataschs Vortrag jedoch, dass er einen klei­nen Ausschnitt aus einem Video zeigte, in wel­chem die Beschneidung eines wenige Tage alten Säuglings dar­ge­stellt wird. Mehrere Männer machen sich am Körper und am Penis des Winzlings zu schaf­fen, wor­auf­hin der so herz­zer­rei­ßend schreit, dass viele im Publikum nach Luft schnapp­ten, den Kopf schüt­tel­ten, fas­sungs­los schie­nen. Derweil kom­men­tierte Latasch völ­lig unge­rührt den Eingriff: „Der Mohel tunkt mehr­fach den Zeigefinger in süßen Wein.“ „Das Präputium wird nach vorne gezo­gen, mit Hilfe einer Knopfsonde wird die Verklebung gelöst. Eine Metallplatte…“ Eine Frau fiel ohn­mäch­tig um, jemand rief nach einem Arzt. Einer im Publikum schrie: „Das ist Sadismus!“ Latasch blickte kurz auf, als die Frau ohn­mäch­tig wurde, war­tete kurz ab, und setzte dann seine Ausführungen fort, lei­erte die medi­zi­ni­schen Vorteile der Vorhautamputation her­un­ter. Die Krönung sei­nes Vortrags war der Satz, dass das Kind für den Eingriff nüch­tern sein müsse. „Wir wis­sen also gar nicht, ob das Neugeborene nicht auch aus Hunger schreit oder weil es fest­ge­hal­ten wird“.

Nic

1. http://www.berliner-zeitung.de/politik/justizsenator-heilmann-berlin-stellt-beschneidungen-straffrei,10808018,17174624.html
2. http://www.berliner-zeitung.de/politik/entscheidung-des-berliner-justizsenators-juedisches-krankenhaus-beschneidet-wieder,10808018,17182584.html
3. http://www.n-tv.de/politik/Zentralrat-der-Juden-unzufrieden-article7147651.html
4. http://www.berliner-zeitung.de/politik/ex-zentralratspraesidentin-knobloch-fordert-mehr-respekt-fuer-juden,10808018,17182756.html


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