"Zelle R 17" / "Brute Force" [USA 1947]


Wie schon in Kafkas dystopischer Erzählung "In der Strafkolonie" gelingt es "Zelle R 17", Dualismen politisch brisant auszuformulieren, die in Beziehung gesetzt werden zu einer jeweils individuellen und apodiktisch vertretenen Rechtsauffassung. In Gestalt des angehenden Gefängnisdirektors Capt. Munsey (Hume Cronyn), dem schnell daran gelegen war, das Abraham-Lincoln-Porträt seines Vorgängers gegen ein Selbstporträt auszutauschen, sowie in Gestalt des allzeit beschwipsten Gefängnisarztes Dr. Walters (Art Smith) verlagert Jules Dassin ein Essay über gerechte Bestrafung in den Subtext: Nicht unbedingt die bleihaltigen Exploitation-Anleihen oder die sich längst verselbstständigende Sentimentalität gegenüber dem "Draußen" machen aus "Zelle R 17" einen angestrengt unangestrengten Film, sondern dessen Pulverfass entlang eines verqueren Sozialdarwinismus, der herausgefordert wird von Anklagen liberalerer Rechtspraxis. Burt Lancaster wirkt ideal besetzt, derartige Ideen zu tragen. Sein Körper bewegt sich aufreizend vorsichtig, quälend zeitlupenhaft gar, aber auch fest, widerstandsfähig, die Wohlgeordnetheit und die Zwänge zur Anpassung ethisch, später körperlich zu hinterfragen. Mit vergleichsweise plakativen Mitteln – atmosphärischem Dauerregen zu Beginn, der an den Gitterstäben abläuft – erinnert Dassin an eine bessere Zeit, gleichfalls an diese Zeit, in der ein müder Haufen ein letztes Mal menschlich alle Register zieht. Dieses Verständnis humanistischen Verstehens mag dick aufgetragen sein, aber es beschert diesem (ein wenig vergessenen) Film innere, ergreifende Überzeugung.
7 | 10

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