Zeitversetzte Videointerviews – Mehr Chancen für Bewerber!

Eine neue Art des Interviews bahnt sich ihren Weg. Ob als Trainee bei der Deutschen Telekom oder als ein Teilnehmer von „Talent Meets Bertelsmann“, Bewerber werden heute immer öfter zum so genannten zeitversetzten Videointerview gebeten.

Grund genug für uns, einen näheren Blick auf diese neue Interviewmethode zu werfen. Dazu haben wir einen Experten befragt: Falko Brenner ist Diplom-Psychologe und verantwortet den Bereich Forschung & Entwicklung bei der viasto GmbH, einem jungen Berliner Unternehmen, das eine Software für zeitversetzte Videointerviews entwickelt hat.

Falko, wie seid ihr bei viasto auf die Idee mit den zeitversetzten Videointerviews gekommen, welche Idee steckt dahinter?

Noch viel zu oft werden gute Bewerber fälschlicherweise abgelehnt, weil sich Personalabteilungen an traditionellen Methoden wie der Lebenslaufanalyse oder Noten allein orientieren. Die schlechte Mathenote bewirkt dann, dass ein Kandidat dann aussortiert wird, obwohl er eigentlich geeignet wäre. Er erhält nie eine Chance, sich zu beweisen. Das frustriert – und zu Recht!

Ungeheures Talentpotenzial wird durch diese undurchdachte und unzeitgemäße Selektion einfach verschenkt. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und Fachkräftemangels ist das mehr als bedenklich. Wir haben bei viasto ein Tool entwickelt, das es Unternehmen nun endlich ermöglicht, auch die vermeintlichen B- oder C-Bewerber zu kurzen, zeitversetzten Videointerviews einzuladen und somit einer viel größeren Gruppe von Bewerbern eine reelle Chance gibt, jenseits von Noten und Bewerbungsunterlagen zu überzeugen.

Motivationsschreiben war gestern. Heute können Bewerber ihre Motivation und ihre Eignung für einen Job ganz einfach direkt im selbstständig durchgeführten Videointerview unter Beweis stellen.

Ganz wichtig: Diese Videointerviews sollen das persönliche Gespräch nicht ersetzen, sondern sind zur Vorauswahl von Bewerbern gedacht, indem diese, wie gerade schon gesagt, zusätzlich zu ihren Bewerbungsunterlagen punkten können.

Die interview suite, so lautet der Name unserer Software für zeitversetzte Videointerviews, bietet nicht nur den Unternehmen ein fundiertes Bild vom Bewerber – auch Bewerber können in kurzen Video Job Previews ihre späteren Kollegen per Video kennen lernen und selbst entscheiden, ob sie das Videointerview danach dann durchführen möchten oder nicht. Das ist für uns Auswahl auf Augenhöhe. Der Bewerber ist ja kein Bittsteller.

Wie funktionieren denn die zeitversetzten Videointerviews genau?

Im Gegensatz zu etwa einem Interview per Skype sprechen Bewerber und Personaler im zeitversetzten Videointerview nicht zeitgleich miteinander. Der Personaler hinterlegt stellenbezogene Fragen in der Interviewsoftware und schickt interessanten Bewerbern eine Einladung zum Videointerview. Die Bewerber haben dann in der Regel mehrere Tage Zeit, um das Videointerview durch zu führen. Daher der Name „zeitversetzt“. Bei der Wahl des Zeitpunktes und Ortes, an dem sie das Videointerview durchführen, sind sie flexibel. Sie können es zum Beispiel am Sonntagmorgen oder Dienstagabend aufzeichnen. Gerade für berufstätige Bewerber oder jene, die sich aus dem Ausland bewerben, ist das sehr praktisch. Alles, was die Kandidaten benötigen, sind Internetverbindung, Webcam und Mikrofon, das ja meistens im PC schon integriert ist.

Hinterher können die zuständigen Personaler und oft auch die späteren Chefs aus den Abteilungen die Antwortsequenzen zeitunabhängig vom Kandidaten bewerten. Auf der Grundlage von Lebenslauf und zeitversetztem Videointerview entscheidet sich dann, welcher Kandidat zu einem persönlichen Gespräch eingeladen werden soll.

Was haben denn Unternehmen vom Einsatz zeitversetzter Videointerviews?

Wollen neben den Personalern auch die Verantwortlichen aus den Abteilungen schon frühzeitig einen authentischen Eindruck von den Fähigkeiten der Bewerber bekommen, kann dies leicht zu einem organisatorischen Kraftakt werden, wenn es sehr viele Bewerbungen auf eine Stelle gibt oder/und zum Beispiel verschiedene Zeitzonen ins Spiel kommen. Diesen Koordinationsaufwand kann man durch den Einsatz der zeitversetzten Videointerviews vermeiden.

Zum anderen gibt es auch einen qualitativen Mehrwert: Bewerbungsunterlagen und Lebensläufe sind oft wenig aussagekräftig. Zeitversetzte Videointerviews stellen hier eine einfache Ergänzung dar, damit Bewerber zeigen können, welche Fähigkeiten sie wirklich haben und Unternehmen einen authentischen Eindruck von ihren Bewerbern bekommen. Außerdem können durch die Kürze der Videointerviews einfach viel mehr gute Leute interviewt werden! Letztendlich treffen HR Manager also eine bessere Vorauswahl, denn sie identifizieren die für eine Stelle wirklich geeigneten Bewerber.

 Was haben Bewerber von zeitversetzten Videointerviews?

Für Bewerber ist das zeitversetzte Videointerview eine Chance, zu überzeugen! Stellen Sie sich vor, Sie bewerben sich auch Ihre Traumposition. Unglücklicherweise stehen in der Stellenanzeige aber unter „Ihr Profil“ ein zwei kleine Punkte, bei denen Sie mit Ihrem Lebenslauf nicht glänzen können, etwa wegen einer versiebten Abschlussarbeit. In vielen traditionellen Auswahlverfahren reicht dies schon aus, um als Bewerber auf dem Abgelehnt-Stapel zu landen. Hier kommen zeitversetze Videointerviews ins Spiel. Ein Lebenslauf zeigt eben einfach nicht, was wirklich in Ihnen steckt!

Zeitversetzte Videointerviews bieten Bewerbern die Möglichkeit, schon sehr früh im Bewerbungsprozess auf für die Stelle relevante Fragen zu antworten und so auch mit ihren Fähigkeiten oder Ihrer Motivation zu glänzen, und das bei gleichen Chancen für alle.

Alle Bewerber auf eine Stelle bekommen exakt die gleichen Fragen im Videointerview gestellt und haben die gleiche Bearbeitungszeit. Das bedeutet, alle haben die gleichen Chancen auf Erfolg. Jeder Bewerber wird nach denselben Kriterien bewertet, die der Personaler im Vorfeld festgelegt hat. Das können zum Beispiel Englischkenntnisse oder Motivation sein. Auf diese Weise werden Objektivität und Vergleichbarkeit garantiert, und diese beiden Aspekte sind einfach essentiell für eine faire und fundierte Personalauswahl. Das war uns bei der Entwicklung der interview suite sehr wichtig. Gerade auch in der Praxis werden diese so wichtigen Ansprüche noch zu selten konsequent umgesetzt.

Wie können sich Bewerber am besten auf ein zeitversetztes Videointerview vorbereiten? Gibt es Tipps & Tricks?

Ein zeitversetztes Videointerview funktioniert im Prinzip wie ein persönliches Vorstellungsgespräch. Man sollte eine Vorstellung davon haben, welche Anforderungen die Stelle mit sich bringt, sich vorher über das Unternehmen ausführlich informieren und ein paar Beispiele beschreiben können, wie man mit bestimmten Situationen, wie etwa mit Herausforderungen, umgehen würde. Wenn für die Stelle Spanischkenntnisse wichtig sind, sollten mit einer Frage auf Spanisch gerechnet werden.

Bevor Sie Ihr Videointerview starten, können Sie so viele Testvideos aufnehmen, wie Sie wollen. Erst wenn das Interview gestartet wird, sehen Sie die Fragen – aber keine Angst, man hat für jede Frage eine gewisse Vorbereitungszeit, ohne dass die Kamera läuft.

Auf der formalen Seite gilt auch beim zeitversetzten Videointerview der gleiche Dresscode wie beim Gespräch vor Ort, abhängig davon ob es sich um eine Stelle bei einer Bank oder einer Kreativagentur handelt. Für das Videointerview empfiehlt sich genügend Licht im Raum zu haben, Hauskater oder Mitbewohner bitten nicht zu stören, Handy auf lautlos zu schalten und einen neutralen Hintergrund zu verwenden statt eines Iron Maiden Posters – es sei denn sie bewerben sich bei einem Heavy Metal Label.

Technisch gesehen sollte man – wie auch beim Skype-Gespräch – auf eine stabile Internetverbindung achten, das Mikrofon angeschlossen und die Webcam überprüft haben. Das ist aber auch schon alles und bei den meistens Computern sowieso Standardprogamm!

Welche Unternehme setzen denn zeitversetzte Videointerviews bereits ein und für welche Positionen?

Zwar sind zeitversetzte Videointerviews noch immer ein recht junges Verfahren, doch werden sie immer häufiger eingesetzt, zum Beispiel von der Deutschen Telekom, Merck, Bertelsmann, Fujitsu, Trivago oder Telefonica. Aktuell sind zeitversetzte Videointerviews bei Positionen für Hochschulabsolventen sehr beliebt. Dies hängt unter anderen genau damit zusammen, dass Lebensläufe – wie schon erwähnt – allein keine gute Entscheidungsgrundlage dafür sind, wer zum persönlichen Vorstellungsgespräch oder Assessment Center eingeladen werden soll.

Wir haben aber auch Kunden, die ihre Fachkräfte zunehmend im Ausland suchen. Bertelsmann zum Beispiel hat für sein Talentprogramm “Talent meets Bertelsmann” über 200 Kandidaten aus ganz Europa innerhalb weniger Wochen interviewt.

Die meisten unserer Kunden nutzen die Software aber in ganz normalen Rekrutierungsprozessen, vom Praktikant bis zur Führungskraft, um einen maximal vergleichbaren, authentischen Eindruck der Kandidaten zu bekommen.  Wir rekrutieren unsere Mitarbeiter übrigens selbst mit zeitversetzten Videointerview.

Falko Brenner

Falko Brenner, Dipl.-Psych., verantwortet bei viasto den Bereich Forschung und Entwicklung. Sein Spezialgebiet sind personaldiagnostische Fragestellungen rund um das Thema Einstellungs- und Videointerviews.
www.viasto.com

 


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