Zeitung? Bei Jugendlichen im freien Fall!

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Zeitung? – Nein Danke, so lautet die Antwort vieler Jugendlicher, wenn sie danach gefragt werden, ob sie Zeitung lesen. Kein Wunder schaut man auf die Entwicklung der letzten 8 Jahre.
Bis 2008 war die Welt für viele Zeitungsmacher einigermaßen in Ordnung, was die Anzahl der jugendlichen Leser von Tageszeitungen anbelangte.

Doch schon damals war eigentlich klar, dass die Tageszeitungen im Mediencocktail der Jugendlichen eine immer geringere Rolle spielten und künftig spielen würden (vgl. JIM-Studie 2006) Auch Wissenschaftler wie Karola Graf-Szczuka, Professorin für Medien und Psychologie an der Unternehmer-Hochschule BiTS in Iserlohn, zeigte 2008 anhand aktueller Studien auf, dass damals 44 Prozent der Jungen und 51 Prozent der Mädchen im Alter von zwölf bis 19 Jahren regelmäßig die Tageszeitung lasen. Und so konnte noch gesagt werden, dass die Tageszeitungen vor allem bei 18- und 19-Jährigen wichtiger Themenlieferant für Gespräche im Bekanntenkreis waren.

Typen jugendlicher Zeitungsleser

Die Studien identifizierten verschiedene Typen unter den jugendlichen Zeitungslesern ausmachen, als da waren:

Die Zeitungsfans: Klassische Zeitungsleser aus einem zeitungsfreundlichen Elternhaus, die viele Interessen haben, allgemein wissensdurstig sind, gerne über Politik und Themen aus der Zeitung reden und auch Freunde haben, die gerne Zeitung lesen. Zeitungsfans sind dazu eher männlich als weiblich.
Die Zeitungsinteressierten sind in ihrer Freizeit aktiv, interessieren sich für Jugendkultur und Sportereignisse und nutzen alle Medien, die ihnen zur Verfügung stehen. Sie sind auch darüber hinaus wissbegierig, bei ihnen steht soziales Engagement hoch im Kurs und sie legen Wert auf eine klare politische Meinung. Sie lesen zwei- bis dreimal in der Woche Zeitung.
Die Zeitungsmuffel, mehr Mädchen als Jungen, leben in Haushalten, wo oft keine Zeitung abonniert ist. Sie lesen ohnehin vergleichsweise wenig und nutzen vor allem das Fernsehen und das Radio. Ihre Interessen sind nicht sehr vielfältig, sie zeigen sich nicht sonderlich wissbegierig und finden, dass man auch ohne Zeitung auf dem Laufenden sein kann. Wenn überhaupt einmal etwas in Zeitungen gelesen wird, dann in den Rubriken Sport oder Vermischtes.
Die Zeitungsverweigerer, ganz überwiegend Mädchen und Hauptschülerinnen, halten im Grunde gar nichts von Zeitungen, denen sie auch in ihren Haushalten, wo gewöhnlich keine Tageszeitung zu finden ist, nicht begegnen. Wofür sie sich interessieren, ist vergleichsweise wenig: Mode, Sport, Diskos, Klatsch und Tratsch, was sie als ausgesprochene Soap-Fans regelrecht kultivieren. ;

Wovon jugendliches Zeitung lesen abhängt

Die Studien lieferten darüber hinaus wichtige Erkenntnisse darüber, wovon es letzten Endes abhing, dass junge Leute zur Tageszeitung greifen oder nicht.
An erster Stelle stand dabei das Vorbild der Eltern. Da, wo Eltern selbstverständlich Zeitung lasen, machten dies auch die Kinder eher. Wer von den Jugendlichen Zeitung las, tat dies nach einem bestimmten Leseritual, zur gleichen Zeit, am selben Ort und in gewohnter Reihenfolge.

Aber natürlich folgten auch damals schon nicht alle Kinder dem elterlichen Vorbild beim Zeitung lesen. Es hing auch von bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen ab, ob sich ein junger Mensch der Zeitungslektüre zuwandte. Eher wissbegierige und leistungsorientierte junge Leute vorneweg, die sich auch in ihrem Freundeskreis und in der Schule bei den Lehrkräften auszeichnen wollten. Jugendliche Zeitungslektüre war schon immer auch Selbstdarstellung, und ist es im Übrigen für viele erwachsene Zeitungsleser eben auch.

Die Zeitung braucht ein cooles Gesicht

Das äußere Gesicht der Tageszeitungen, Layout und Typografie, können die Bereitschaft der Jugendlichen erhöhen, einen Blick in die Zeitung zu werfen. Sie wollen ein anmutendes, buntes Layout mit Hintergrundillustrationen, freigestellten Fotos, schräg gestellten Überschriften, mit Infografiken und Cartoons, größeren Überschriften, Vorspännen und Zwischenüberschriften.

Sie wollen schon mit der Überschrift genau wissen, worum es geht, können mit „Warum wir uns unserer Körpergerüche nicht schämen sollten“ mehr anfangen als mit der Überschrift „Der Schweiß macht’s“. Und sie lassen sich eher in einen Artikel hineinziehen, wenn Signalwörter darin vorkommen wie Sex, Smartphone, Drogen oder bekannte Promi-Namen.

Möglichst kurz

Wer Jugendliche erreichen will, muss lernen, sich auf kurze Texte in Meldungslänge zu beschränken, muss dazu verständlich und unterhaltsam schreiben können und seine Texte am besten mit einem szenischen Einstieg, einer Personalisierung, konkreten Beispielen oder der Nennung von Markennamen beginnen lassen.

Themen aus der jugendlichen Lebenswelt bevorzugt

Wichtiger als die äußere Aufmachung ist den Jugendlichen offenbar, dass sie auch ihre lebensweltlichen Themen in Zeitungen wiederfinden. So gaben 45% der Jugendliche vor zehn Jahren schon an, dass die Themen Diskos, Musik, Nebenjobs, Mode, Gewalt unter Jugendlichen, Kinofilme und Unterhaltung in diesen Printmedien zu kurz kämen.

Seit 2010 geht es zügig bergab

Seit 2010 aber befinden sich, aller Zeitungsleseförderung durch Projekte der Verlage zum Trotz, die Tageszeitungen in der Gunst jugendlicher Leser im freien Fall. Jahr für Jahr verlieren sie zuhauf junge Leute als Leser. Heutzutage greifen nur 25% der befragten Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 25 Jahren (je älter sie sind, desto mehr) zur Tageszeitung. Dieses Schicksal teilen die Tageszeitungen mit allen herkömmlichen Massenmedien, deren Nachrichtensendungen und Politmagazine mehrheitlich wohl nur noch die über 60-Jährigen erreichen.

Wenns um Hard News geht, vertrauen die Jugendlichen dem Fernsehen und der Tageszeitung

Umso erstaunlicher ist bei alldem, dass 40% der für die JIM-Studie 2014 befragten Zwölf- bis 19-jährigen Jugendlichen angaben, dass sie im Falle einer widersprüchlichen Berichterstattung der Tageszeitung am ehesten Glauben schenken würden. Nur 14% von ihnen hielt das Internet unter solchen Umständen für am vertrauenswürdigsten und auch das Fernsehen (26%) und das Radio (17%) rangierten deutlich dahinter.

Die Informationswege und Informationspräferenzen der Jungen sind differenziert

Aber auch das lohnt sich noch differenzierter betrachtet zu werden: Nach den Ergebnissen der JIM-Studie 2015 ergibt der Blick auf die Informationswege, die Jugendliche bei den Themen, die sie besonders interessieren, nicht nur ein altersmäßig unterschiedliches Bild, sondern auch bei den Informationspräferenzen, also der Auswahl eines bestimmten Mediums, wenn es um bestimmte Informationen geht.

Das Internet für Soft News

Meistens sind es sogenannte soft news (z. B. Themen: Musik, Stars, Mode). über die sich die jungen Leute ganz überwiegend im Internet informieren, während allen anderen Medien nur eine Statistenrolle bleibt.

Geht es allerdings um Sport und politische Themen oder lokalpolitisch Interessantes, sieht es anders aus. Beim nationalen und internationalen Sport hat das Fernsehen mit 40% (Internet 35%, Tageszeitungen 14%) die Nase vorn und bei Fragen der Bundespolitik holt sogar die herkömmliche Tageszeitung wieder auf, landet aber auch dort mit 22% immer noch deutlich hinter dem Fernsehen (43%) und sogar noch hinter dem Internet (24%).

Allerdings landen auch wieder von den Jugendlichen, die sich auch über die bundesweite Politik im Internet informieren, ein allerdings nicht besonders hoher Prozentsatz, bei den Online-Angeboten traditioneller Printmedien oder von Fernsehsendern. Geht es um Lokalpolitik, dann geht allerdings die Tageszeitung mit 44% vorneweg.

Es geht um Lesekompetenz und Medienkompetenz

In jedem Fall zeigt die detaillierte Untersuchung der Informationspräferenzen einerseits und der mobile Zugang zu Informationen aller Art über das Internet, dass Aussagen über das Informationsverhalten der Jugendlichen nicht mehr nur mit dem Blick auf Zeitungen gemacht werden können.

Wenn sich Jugendliche aus dem Internet mit nahezu allen Informationen versorgen, die sie interessieren, müssen sie auch befähigt werden, die Relevanz, die „Wahrheit“ und die Geltungsansprüche zu erkennen und zu beurteilen, die mit den jeweiligen Informationen verbunden sind. Und hier ist wie so oft die Lesekompetenz gefragt, die Hand in Hand mit der Vermittlung von Medienkompetenz geht.

Online-Zeitung ist nicht gleich Print-Medium

Das ist ein großer Vorteil der gedruckten Zeitung. Im Netz müssen Sie aktiv werden und einen solchen Artikel anklicken. Das passiert seltener. In der Online-Gesellschaft weiß man nur gezielt – das, wofür man sich sowieso interessiert. Allgemeinbildung geht verloren!

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