Zeitsprung, ein immer wieder interessantes Thema. Üblicherweise geht es hier auf meinem Blog um Fotografie. Heute ist das nur eine Erscheinung am Rande, weil sich meine Gedanken um den Zeitsprung drehen.
Wieso interessiert mich das Thema Zeitsprung?
Lustigerweise gibt es eine Menge TV- und Kinofilme, Literatur und andere Sachen, die das Thema Zeitsprung als Story behandeln, oder komplett darauf aufbauen. Offensichtlich entspricht der Gedanke zur Überwindung der Zeit einem Grundbedürfnis des modernen Menschen. Vorwärts und rückwärts in der Zeit hin und her zu springen, muss wirklich eine faszinierende Vorstellung sein. Zugegeben, mich fasziniert die Vorstellung auch.
Wie gerne würde ich einmal einen Zeitsprung in die tobenden 1920er Jahre machen … reine aus Neugier … um mit eigenen Augen zu sehen, was wir heute sammeln, wertschätzen und manchmal verklären. Vielleicht wäre ich nach so einem Zeitsprung sogar bitter enttäuscht. Möglicherweise ist es sogar gut, dass wir keinen Zeitsprung machen können. So bleibt uns wenigstens die Vision auf beispielsweise eine „gute, alten Zeit“ und können Sammeln und Träumen.
Fotobücher sind Treibstoff für meinen Zeitsprung
Nennt mich verrückt, aber ich liebe Fotobücher mit Fotografien aus alter Zeit. Weil ich sie mag, sammele ich sie. Dabei habe ich natürlich meine Vorlieben. Die liegen mit Bestimmtheit nicht bei alten Landschafts-, Wald-, Baum- und Wiesenbildern. Vielmehr sind es Bilder von Menschen, die mich interessieren. Angezogen, nackt und im Portrait. Und da geht es mir nicht um Frisuren. Nein, mich fasziniert die Art und Weise, wie Menschen auf diesen alten Aufnahmen mit dem Medium Fotografie interagieren und wie sich die Bilder heute mit allen Spuren der Zeit und des Alterns heute präsentieren. Mehr noch … gerade diese Spuren sind für mich eine Art Treibstoff für einen genüsslichen Zeitsprung.
Kennt Ihr das auch?
Geht es Euch so ähnlich?
Stöbert Ihr auch gerne in Dingen, die Euch eine Art Zeitsprung ermöglichen?
Dann sind wir doch wieder bei der Fotografie angekommen
Ich kenne keinen Analogfotografen, der sich nicht von Zeit zu Zeit mit seinen alten Aufnahmen beschäftigt. Ihr glaubt gar nicht, wie oft ich schon in der Dunkelkammer einen perfekten Zeitsprung erlebt habe. Das sind echte Zeitreisen für mich, wenn ich mich mit 20 oder 30 Jahre alten Negativen beschäftige. Einige Negative sind schon ein wenig beschädigt … weil sie nicht fachgerecht gepflegt oder entgegen allen Regeln nicht in Pergaminhüllen aufbewahrt waren. Oft hat mich das geärgert, aber jetzt pflege ich diese Fehler sogar mit Freude. So wie bei diesen beiden Bildern, die ich jetzt zeige.
Zeitsprung in eine unbestimmte Zeit
Egal, in welcher Zeit wir beim Anblick dieser Bilder „laden“. Irgendwie kümmert das auch nicht. Wir können loslassen und der Szene folgen. Dabei stören die sichtbaren Fehler nicht, sondern helfen sogar beim Zeitsprung. Ich finde das unglaublich spannend.
Vielleicht ist es genau dies der große Unterschied zwischen heute und der Vergangenheit. Heute soll alles möglichst perfekt sein. Fehler werden als großes Manko angesehen. Fehler sind genau das, was im unverbrüchlichen Glauben an Perfektion stört. Dem Alten und Historischen werden hingegen Fehler zugebilligt. Was beim Modernen absolut tabu ist, wird als liebenswertes Zeichen des Historischen angesehen. Ist das nicht verrückt? Oder ist es genau das, was für einen Zeitsprung so begehrenswert macht?
Möglicherweise spekulieren wir darauf, dass er eine Art Befreiungsschlag sein könnte, der uns aus den Zwängen der Perfektion herausreißt. Ist es das? Liegt dieser Gedanke unserem Wunsch nach der Möglichkeit zum Zeitsprung zu Grunde? Ich weiß es nicht …