Mit einem fulminanten Konzertabend im großen Saal des Konzerthauses wurde das diesjährige Festival Wien Modern eröffnet. Dabei kamen drei Werke zur Aufführung, die untereinander gewisse Parallelen aufweisen. Mit Cornelius Meister am Pult agierte das ORF Radio-Symphonieorchester Wien mit Verstärkung des Klanforum Wien wie gewohnt präzise in vollem Klangrausch.
Den Beginn machte Bernhard Lang mit seiner „Monadologie XXIII „…for Stanley K.“ Ein Stück für großes Orchester, das als Auftragswerk des RSO 2013 komponiert wurde. Es geht auf die filmische Vorlage von Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ zurück und verarbeitet darin Musikschnipsel von Johann und Richard Strauß aber auch György Ligeti, Stücke also, die auch in Kubricks Film vorkommen. Ganz unerwartet ertönen gleich zu Beginn die ersten Noten von „Also sprach Zarathustra“ ohne jedoch das Thema des Sonnenaufgangs ganz auszuspielen. Gleich darauf erfolgt eine wilde Wiederholungsminiatur und eine musikalische Hetzjagd in welcher mehrfach ein Alarmsignal zu hören ist. Das selbe passiert mit den Klängen von Johann Strauß und Ligeti, die immer nur kurz angerissen erklingen, um dann furios verwandelt zu werden. Die schräge Umdeutung der bekannten Kompositionen baut sich bis zum Ende des Stückes immer weiter auf und bricht nach wenigen „Zarathustra“-Noten abrupt ab. Ein Stück voll Charme und Witz, das vor allem von der Wiedererkennungs-Idee und dem „Vorausahnen“ weiterer musikalisch-wörtlicher Zitate lebt.
Mit Gérard Griseys „Transitoires aus „Les Espaces Acoustiques Nr. 5“ wurde dem Publikum ein Werk aus dem Jahr 1981 präsentiert. Die Aufhebung von Rhythmen zugunsten langer Klangpassagen hat seinen Gegenpol in der Dynamik. Von einem leisen Grundrauschen entwickelt sich das Stück bis hin zu einem Fortissimo von dem die Bläser sich nach und nach wieder in eine leisere Stimmung perlen lassen. Der Einsatz einer Windmaschine, aber auch Klänge eines in den Mittelpunkt gerückten Kontrabasses, der Ertönen von Glocken, Trompeten mit ihrem Mau-Mau-Effekt und zarte, schwingende Passagen die das gesamte Orchesters erfassen bilden einen überaus farbenprächtigen Klangteppich. Der Schluss, in dem die Solobratsche nach einem transzendenten Abschnitt mit kurzen Wiederholungen schließlich förmlich verhauchen darf, bietet einen extra magischen Moment, der noch lange anhält.
Zum Abschluss erklang das „concerto grosso Nr.2“ von Georg Friedrich Haas das, wie schon im Titel erkennbar, kompositorische Anleihen in der Klassik nimmt. Der überaus intensive Text, der sich dazu im Wien Modern Katalog befindet, macht jede analysierende Kritik hier völlig überflüssig. Was bleibt, ist, jenen Eindruck zu beschreiben, den das Stück im Klanggedächtnis hinterlässt. Haas schafft eine intelligente Komposition, die für die Musikerinnen und Musiker alleine schon aufgrund der diffizilen Stimmung eine besondere Herausforderung darstellen. Die langen Klangpassagen ergeben einen ruhigen Fluss, der ab und zu mit unerwarteten Klangerlebnissen aufwartet. Eingebettet in die zu Beginn und am Schluss vernehmbaren Celloklänge schafft das Orchester eine Stimmung, die in ihren besten Abschnitten einen Schwebezustand hervorrufen. Auf die kommenden Haas-Kompositionen, die in diesem Jahr schwerpunktmäßig zu hören sein werden, darf man schon gespannt sein.