Die Verbraucherzentrale NRW hat nun untersuchen lassen, was manch einer der Leser sich vielleicht auch schon gefragt hat. Beruhen die Erhöhungen der Strompreise nur durch die Erhöhung der EEG-Umlage und weiterer Abgaben, wie Netzentgelte, oder haben die Stromversorger die Gelegenheit genutzt und weitere Aufschläge einberechnet?
Fragwürdige Preispolitik bei Stromversorgern und Defizite in der Kommunikation
“Mindestens die Hälfte der Grundversorger in NRW hat die öffentliche Diskussion über die Energiewende und die steigende EEG-Umlage instrumentalisiert, um unangemessen hohe Aufschläge zu fordern.” Das sagt Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. Landesweit gibt es 113 Anbieter, die rund 3,5 Millionen grundversorgte Haushalte mit Strom beliefern. Neben den Preisaufschlägen moniert Müller die Informationspolitik der Grundversorger: Rund 60 Prozent haben ihre Kunden unzureichend über die jüngsten Preiserhöhungen informiert. Die auffälligsten Unternehmen wird die Verbraucherzentrale NRW deshalb abmahnen.
Grundlage der Kritik ist eine landesweit angelegte Studie über die Strompreiserhöhungen von Januar bis Mai 2013. Darin analysierten die Verbraucherschützer Briefe, mit denen die Grundversorger die Preiserhöhungen ankündigten. Zudem werteten sie für jeden einzelnen Anbieter aus, welche Kosten ihm durch gestiegene EEG- und andere Umlagen sowie veränderte Netzentgelte in diesem Jahr entstehen. Diese Zusatzkosten verglichen sie mit der Höhe des jeweiligen Preisaufschlags.
Ergebnis: Jeder zweite Grundversorger wälzt seine Zusatzkosten komplett auf die Verbraucher ab – oder greift ihnen noch viel tiefer in die Taschen. So nimmt RWE als Grundversorger für 167 Kommunen gut ein Viertel mehr, als es durch gestiegene Umlagen und Netzentgelte erklärbar wäre. DEW21 Dortmund und die Kölner Rhenag schlagen mehr als das Anderthalbfache ihrer Zusatzkosten auf den Strompreis. Und die Energieversorgung Beckum treibt über die Preiserhöhung sogar mehr als das Zweieinhalbfache ihrer Zusatzkosten von den Verbrauchern ein. “Das ist nicht akzeptabel – und wirkt fast schon anstößig angesichts der Tatsache, dass die Beschaffungspreise für Strom an der Börse massiv gesunken sind”, sagt Müller. “Verbraucher dürfen nicht einseitig nur an den Kosten beteiligt werden, sondern müssen ebenso von Entlastungen profitieren.”
Sinkende Beschaffungskosten für Strom spielen keine Rolle
Die sinkenden Beschaffungspreise für Strom spielen auch in den Briefen der Grundversorger an ihre Kunden so gut wie keine Rolle. Dagegen strapazieren fast alle die Energiewende und die steigende EEG-Umlage als Argumente deutlich über. Gerade mal die Hälfte der Grundversorger schafft es, die Höhe ihrer Preisaufschläge stichhaltig zu begründen. Zudem sind die meisten Kundenanschreiben in den Augen der Verbraucherschützer nicht transparent genug: So fehlt manchmal schon der Name des betreffenden Stromtarifs. Oder es wird für die Verbraucher gar nicht deutlich, dass es in dem Schreiben um eine bevorstehende Preiserhöhung geht. Außerdem weist jeder dritte Grundversorger die Verbraucher nicht auf ihr Sonderkündigungsrecht bei einer Preiserhöhung hin.
“Die Politik muss dafür sorgen, dass Preiserhöhungen von Grundversorgern und ihre Informationspolitik wirksam kontrolliert werden”, sagt der Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. Vor allem deshalb, weil auch besonders schützenswerte Haushalte von der Grundversorgung abhängen. Dazu gehören beispielsweise Verbraucher, die nicht solvent genug sind, um ohne weiteres einen Vertrag bei einem anderen Stromanbieter zu erhalten.
Den anderen Stromkunden empfiehlt Müller zu prüfen, ob sie durch einen Tarif- oder Anbieterwechsel nicht Geld sparen können. Tipps und Hilfe dazu geben die Energierechtsberater der Verbraucherzentrale im Internet,telefonisch oder persönlich in den Beratungsstellen. Gerne empfehle ich auch diesen Strompreisrechner, präsentiert von Check24.
Die Studienergebnisse mit detaillierten Angaben zu allen Grundversorgern in NRW finden sich unter www.vz-nrw.de/strompreisstudie.