Buddha Shakyamuni wurde in Lumbini geboren, das möglicherweise damals zum Zeitpunkt seiner Geburt in Indien lag, aber heute zu Nepal gehört. Buddha Shakyamuni als nur einen Nirmanakaya anzusehen, ist sehr begrenzt. Wir müssen uns daran erinnern, dass es viele Weltsysteme mit vielen fühlenden Wesen gibt. Wo immer fühlende Wesen sind, werden sich erleuchtete Wesen manifestieren um diese Wesen zur Befreiung zu führen. Vielmehr sollten wir uns der Qualitäten des Zustandes der Erleuchtung gewahr sein. Der Zustand der vollständigen Erleuchtung bedeutet auch die Möglichkeit, sich in zahllosen Erscheinungen des erleuchteten Körpers, der Rede, des Geistes, der edlen Qualitäten und der wundersamen Aktivitäten zu erscheinen, gemäß den Bedürfnissen aller Wesen in all den Weltsystemen entsprechend ihrer Fähigkeiten. Der Begriff „Buddha“ ist ein Synonym für Vairocana – nampar nangdzed (rnam par snang mdzad) – was auch die Vollkommenheit all dessen, was erscheint, bedeutet.
Vom Standpunkt der absoluten Sicht aus ist der Zustand der Buddhaschaft alles Erscheinende. Da gibt es nichts weiter zu fixieren, gibt es keine Begrenzungen. Ebenfalls sind die fühlenden Wesen, die noch immer verwirrt sind, ohne Grenzen. Sie sind ebenfalls unermesslich und zahllos. Von den Aufzählungen, wie eben den 1.000 oder 1.002 vollständig erleuchteten Nirmanakaya-Buddhas, die in diesem Weltsystem in diesem glücklichen Zeitalter erscheinen werden, ist Buddha Shakyamuni der Vierte. Buddha Maitreya wird der zukünftige Buddha sein bzw. der Fünfte. Aber wenn wir uns auf diese Zahlen und Unterscheidungen beziehen, müssen wir uns die absolute Bedeutung davon im Geiste behalten.
Jeder der eintausend Buddhas, der in diese Welt kam um den Geist der fühlenden Wesen zu nutzen und zu zähmen, besitzt diese erleuchteten, edlen Qualitäten. Jeder dreht das Rad des Dharmas dreimal auf dieselbe Weise wie Buddha Shakyamuni es getan hat. Das Kommen jedes dieser Buddhas wurde durch den Kangyur, den mündlichen Unterweisungen Buddhas vorhergesagt, und dem Tengyur, den Shastras, den Kommentaren zu Buddhas Lehren, die von hochverwirklichten Aryas geschrieben wurden. Ebenso sind in den Termas, den Offenbarungen der Schatzfinder, viele Vorhersagen auf die Buddhas und Bodhisattvas, die noch kommen. Es ist sehr gut, wenn man diese Schriften liest, dadurch kann man etwas über die unvergleichlichen Manifestationen der erleuchteten Wesen lernen. Andererseits gibt’s eine Tendenz zum Nihilismus. Man entwickelt die starke Gewohnheit der nihilistischen Sichtweise, bei der man nur das glaubt, was man unmittelbar sieht, hört oder berühren oder fühlen kann. Grundsätzlich bedeutet das, wenn man es nicht direkt sehen, hören oder berühren kann, ist man unfähig daran zu glauben, dass es wirklich oder wahr ist. Das führt dazu, dass viele Menschen unfähig sind zu akzeptieren, dass Buddha Maitreya oder irgendein zukünftiger Buddha kommen wird. Noch können sie glauben, dass es Buddhas oder erleuchtete Wesen in der Vergangenheit gegeben hat. Tatsächlich wird es sehr schwierig für jene sein, Buddha Shakyamuni zu glauben, weil er nicht länger direkt gesehen werden kann. Solch eine Person würde vielleicht auch die eigenen Großeltern verneinen, wenn diese gestorben sind, bevor er/sie geboren wurde. Was sagt uns das? Das ist ein sehr beschränktes, sehr eingeschränktes, sehr begrenztes Denken über Wirklichkeit – nur daran zu glauben, was berührbar, was sichtbar oder hörbar oder fühlbar ist. Ist dieses Individuum, das nur an diese Lebenszeit glaubt und für nur für diese Lebensspanne lebt eine unberührbare, eine schlechte Person? Nein. Aber es bedeutet, dass deren Karma noch immer sehr verschmutzt, sehr verunreinigt ist. Sie haben es verabsäumt, irgendwelche innewohnenden, edlen Qualitäten zu entwickeln. Sie könnten es sicherlich, aber haben es nicht gemacht, sie zu entwickeln, sie haben keine Vertrautheit mit der buddhistischen Sicht, der Meditation oder dem Verhalten. Sie haben die Phänomene falsch verstanden, was aber nicht ungewöhnlich ist. Jedes Lebewesen in dieser Welt ist in dieser Bedingung, weil er oder sie die Phänomene fälschlich erfahren. Das schließt jeden von uns ein. Die Art, wie wir die Dinge sehen ist zum größten Teil falsch. Wie nun immer, wenn wir den Lehren des Buddhas vertrauen, bringen uns diese weg von dem Extrem des Nihilismus. Wir haben etwas, an das wir glauben können, und wir können ein Verständnis der grundlegenden Realität entwickeln anfangen.
Viele Tibeter, wie natürlich alle Menschen, sind sehr starrsinnig, was das Missverstehen der Phänomene angeht. Manche ältere Tibeter sind so starrköpfig, dass sie es ablehnen zu glauben, dass sie Fehler gemacht haben könnten. Wenn sie ihre Notdurft verrichten, würden sie sagen, sie hätten es nicht getan, selbst wenn es an ihren Kleidern ersichtlich wäre. Das ist sehr schamlos. Viele Menschen sind wie sie. Sie denken, dass sie niemals einen Fehler gemacht haben. Sie denken, dass ihre Dinge niemals falsch sind. Das Problem ist, dass für sie die Dinge nur schlecht laufen, und sie möglicherweise sehr dumm und vulgär werden. Bitte denkt sorgfältig darüber nach.
Wir müssen verstehen, was der Irrtum bei den Phänomenen ist und uns selbst korrigieren. Es ist sehr wichtig, dass wir den Belehrungen vertrauen und daran glauben, dass Buddha Maitreya in der Zukunft erscheinen wird. Unaufhörlich werden erleuchtete Wesen erscheinen; Buddha Maitreya selbst sprach von seiner Ankunft im Anuttaratantra. Diese Prophezeiungen sind sehr greifbar in den Schriften dokumentiert. Von diesem Standpunkt der Sicht aus ist es für uns einfacher daran zu glauben. Wenn man auf jemanden trifft, der den Standpunkt des extremen Nihilismus vertritt, sprecht also nicht zu harsch über die Fehler jener, die diese haben, weil sie am Irrtum über die Phänomene leiden. Eigentlich sollten diese Leute die Objekte unseres Mitgefühls sein.
Aus den Belehrungen über „Verhalten in der Sangha“ vom Ehrw. Gyatrul Rinpoche.