Aufgrund der Gema sei Deutschland ein Entwicklungsland im digitalen Musikmarkt, der langjährige Streit mit Youtube sei unverständlich und die Blockade-Haltung koste den Künstlern Einnahmen in Millionenhöhe - die Deutschland-Chefs von Sony und Universal Music erheben im Gespräch mit Spiegel Online schwere Vorwürfe gegen die Verwertungsgesellschaft. Ein Ende des Streits mit Youtube ist unterdessen nicht in Sicht.
Frank Briegmann, Deutschlandchef von Universal Music und Edgar Berger, Deutschlandchef der Musik-Sparte von Sony stellen die Verwertungsgesellschaft Gema in einem Interview mit Spiegel Online an den Pranger. Der Grund ist der langjährige Streit mit Youtube um Verwertungsrechte für Musikvideos verschiedener Künstler. "Alles muss durch ein Nadelöhr, den Gema-Aufsichtsrat.
Einige Mitglieder scheinen noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen zu sein." Es gebe "offenbar kein Interesse daran, werbefinanzierte Musik-Streamingdienste wie Vevo, Youtube und Spotify in Deutschland zuzulassen", zitiert Spiegel Online Sony-Manager Berger. "Man darf sich die Frage stellen, warum eine Einigung zwischen Verwertungsgesellschaften und Youtube in vielen Musikmärkten möglich ist, nicht aber in Deutschland, dem wichtigsten Markt Europas", sagte Briegmann gegenüber Spiegel Online. Potentiell entgingen den Rechteinhabern so Einnahmen in Millionenhöhe.
In anderen europäischen Ländern hat Youtube mit den Verwertungsgesellschaften entsprechende Vereinbarungen abschließen können, in Deutschland befinden sich beide Parteien seit rund zwei Jahren in Gesprächen - ohne Erfolg. Die Gema brach die Verhandlungen im Mai 2010 ab und reichte Ende des Jahres Klage wegen Urheberrechtsverletzung ein. Youtube erklärte nun unter diesen Umständen nicht mehr an den Verhandlungstisch zurückkehren zu wollen.
Stattdessen scheint neuer Streit vorprogrammiert: Seit kurzen weist Youtube bei gesperrten Videos explizit darauf hin, dass diese aufgrund der Gema nicht in Deutschland verfügbar sind. Das empört die Verwertungsgesellschaft. "Der Text, der seit kurzem beim Aufruf von einigen gesperrten Musikvideos erscheint ist irreführend: Er suggeriert, dass die Gema die Rechte nicht eingeräumt hätte. Fakt ist jedoch, dass Youtube diese Rechte bislang einfach nicht erworben hat", sagte Alexander Wolf von der Gema in einem offiziellen Blogbeitrag. Zudem würde dieser Hinweis bei vielen Videos erscheinen, tatsächlich habe die Gema aber für das Muster-Verfahren nur zwölf Musikstücke in der Klage aufgeführt. Die Verwertungsgesellschaft bat Youtube daher den Text abzuändern, da ansonsten von einer Täuschung der Nutzer ausgegangen werden müsse.
Nicht nur in ihrem Blog wehrt sich die Gema massiv gegen die Vorwürfe. Gema-Sprecher Peter Hempel verneinte gegenüber Spiegel Online eine Blockade-Haltung der Organisation und verweist auf erfolgreiche Verhandlungen mit anderen Anbietern etwa dem Musik-Streamingdienst Simfy. Woran es wirklich hakt, kann auch er aber nicht sagen. Denn beide Parteien haben sich vertraglich zu Stillschweigen verpflichtet.
Gerüchten zufolge soll die Gema zu hohe Gebühren verlangen. 12 Cent pro Abruf eines Songs werden immer wieder kolportiert. Die Gema behauptet dagegen in ihrem Blog einen einstelligen branchenüblichen Betrag zu fordern.