“Your Sister’s Sister” von Lynn Shelton

© ifcfilms / Mark Duplass als Jack, Emily Blunt als Iris und Rosemarie DeWitt als Hannah (v.l.n.r.) in

© ifcfilms / Mark Duplass als Jack, Emily Blunt als Iris und Rosemarie DeWitt als Hannah (v.l.n.r.) in “Your Sister’s Sister”

Das alljährlich stattfindende Sundance Film Festival in Park City und Salt Lake City im US-Bundesstaat Utah gilt als Quell für romantische, oft auch zugleich lustige, immer aber auch ein wenig tragische Geschichten. Von hier kommen Entdeckungen wie „Blue Valentine“, „My Idiot Brother“, „Submarine“ oder „(500) Days of Summer“. Von hier kommen aber auch Filme, die ihren Weg vornehmlich über die Festivals dieser Welt nehmen, an mancherlei Orten aber keinen kommerziellen Fuß fassen können. So auch Lynn Sheltons „Your Sister’s Sister“, im Januar 2012 auf dem Sundance Filmfest gelaufen und mehrere Folgestationen in Glasgow, Hong Kong, Seattle oder München gemacht. Von einem Kinorelease oder einer Direct-to-DVD-Veröffentlichung ist jedoch nichts in Sicht. München bot die einzige Möglichkeit, die Dramödie mit Emily Blunt, Rosemarie DeWitt und Mark Duplass hierzulande zu Gesicht zu bekommen. Für die deutschen Filmfans ist das Schade und geradezu traurig, besticht „Your Sister’s Sister“ doch nicht nur durch allerlei gut geschriebene Dialoge, sondern zugleich auch durch eine gehörige Portion merkwürdigsten Humor.

Für Jack (Mark Duplass) war das vergangene Jahr alles andere als gut oder erfolgreich. Nicht nur dass er arbeitslos ist, er hat auch seinen Bruder verloren. Seine beste Freundin Iris (Emily Blunt), zugleich auch die Ex-Freundin seines Bruders, schickt ihn in die einsame Hütte ihres Vaters, wo er sich mal so richtig den Kopf frei machen soll. Dort angekommen trifft er jedoch unvorbereitet auf Hannah (Rosemarie DeWitt), die Schwester von Iris, die sich gerade erst von ihrer Lebensgefährtin getrennt hat und in die Hütte gezogen ist, ohne ihrer Familie etwas davon zu erzählen. Nach einer ersten, Alkohol getränkten Unterhaltung über ihre verkorksten Leben, landen die beiden im selben Bett. Eine Portion schneller Sex scheint unvermeidbar. Die Lage verkompliziert sich als dann auch noch Iris selbst in der Hütte auftaucht und ihrer Schwester gesteht, dass sie sich, so merkwürdig es klingen mag, in Jack verliebt hat.

Emily Blunt und Rosemarie DeWitt spielen zwei sich nahe stehende Schwestern

Emily Blunt und Rosemarie DeWitt spielen zwei sich nahe stehende Schwestern

Nun möchte man fast vermuten, dass die von Rosemarie DeWitt gespielte Hannah auf Regisseurin und Drehbuchautorin Lynn Shelton selbst beruht, hat diese sich doch 2012 als bisexuell geoutet. Auch Hannah, schamlos straight-forward von DeWitt verkörpert, kommt aus einer Beziehung mit einer Frau, flüchtet in scheinbar verzweifelt alkoholisierten Sex mit Jack. Offenbar ohne geschlechtliche Vorlieben, soll es hier aber auch bei der einzigen Ähnlichkeit bleiben. Dieses kleine sexuelle Intermezzo, welches sich kurz und knapp innerhalb wortreicher Unterhaltungen situiert, ist am Ende zugleich auch die große Pointe. Der Film wird nicht auflösen, ob der diabolische Plan Hannahs seine Früchte tragen wird, aber in einer großartigen Szene in der die heimliche Ménage à trois zerbricht, kommt so manches zu Tage, was für die jeweiligen Figuren traurig anmuten mag, den Zuschauer aber großartig zu unterhalten weiß.

„I slept with your sister and you slept with my brother“, alles ganz legitim, nur wenn man emotional schon lange Zeit aneinander gebunden ist, entsteht hieraus wohl das Chaos, welches es in „Your Sister’s Sister“ zu beobachten gibt. Dabei beginnt alles so harmlos. Hannah, die sieben Jahre lang mit ihrer Partnerin zusammen war, wie auch Jack, der nie wirklich über den Tod seines Bruders hinweg gekommen ist, sie beide suchen Ruhe und Erholung in der Einsamkeit, die sie in der abgeschiedenen Hütte nun aber nicht bekommen sollen. Ganz im Gegenteil, das Drehbuch sorgt dafür, dass sich eine Menge neuer Probleme aufstauen. Sex, Liebe und der Wunsch nach Kindern gehören dazu, ebenso wie das Verhältnis von Geschwistern – sei es Jack und die Bewältigung der Gefühle über seinen verstorbenen Bruder oder aber Hannah und Iris, die sich einen Mann in Körper und Geist aufteilen.

Hannah und Iris in

Hannah und Iris in “Your Sister’s Sister”

Dabei spielt nicht nur Rosemarie DeWitt („Rachels Hochzeit“) eine wunderbar trockene große Schwester, auch Mark Duplass („Zero Dark Thirty“) gibt glaubhaft den erfolglosen Schluffi mit Ambitionen sein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Aber vor allem macht es Spaß Emily Blunt („Lachsfischen im Jemen“) als lebensfrohe Frau zuzusehen, wie sie langsam auf den Moment zusteuert, in dem sich ihr die Heimlichkeiten ihrer Schwester und ihres besten Freundes offenbaren werden und sich zugleich ihr Geheimnis, ihre Liebe zum Bruder ihres Ex-Freundes noch hinzu gesellen darf. Damit hat Lynn Shelton gleich drei Charaktere geschrieben, die charmant ihre Ticks und Schwächen, aber auch ihre Stärken präsentieren, dabei aber niemals überzeichnet wirken.

„Your Sister’s Sister“ ist eine Menge Gerede über Beziehungen die gescheitert sind, über kommende Möglichkeiten, über Enttäuschungen und Hoffnungen. Das Wunderliche ist, dass das niemals langweilig wird, auch bei der x-ten Unterhaltung dieser Art hört man noch gespannt zu, weil sich langsam alles zu einem großen Knoten zusammen zieht und man unbedingt dabei sein möchte, wenn er sich wieder löst.

Denis Sasse


Your Sister's Sister_Hauptplakat

“Your Sister’s Sister“

 

Originaltitel: Your Sister’s Sister
Altersfreigabe: Rated R (Sprache und sexuelle Inhalte)
Produktionsland, Jahr: USA, 2011
Länge: ca. 90 Minuten
Regie: Lynn Shelton
Darsteller: Mark Duplass, Rosemarie DeWitt, Emily Blunt

Deutschlandstart: ???
Offizielle Homepage: ifcfilms.com/your-sisters-sister


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