Ein beunruhigender Trend löste jetzt Warnungen von Jugenschützern und Internet-Rechtsanwälten vor der Plattform YouNow aus, die ursprünglich als Promotionsplattform für Musiker und andere Kreative gedacht war.
Anders als bei YouTube sind bei YouNow alle Videos ungeschnittene Live-Aufführungen, bei denen die Streamenden mit ihren Zuschauern über ein Chatfenster kommunizieren.
Allerdings entwickelt sich die Plattform gerade in den letzten Wochen zum Schaukasten für Sechst- und Siebtklässler, die ihren Drang auf Selbstdarstellung erstmals im Internet ausleben.
“Über die Weihnachtferien hat sich bei vielen Jugendlichen herumgesprochen, dass man bei YouNow live streamen kann“, zeigt sich der Fachberater für Jugendmedienschutz Günter Steppich alarmiert. Tag und Nacht findet man auf YouNow seitdem Jugendliche, die bevorzugt aus ihrem Kinderzimmer senden und dabei erzählen, was sie beschäftigt oder einfach Fragen aus dem Chat beantworten. Häufig läuft auch Musik im Hintergrund.
Beleidigungen und sexuelle Anmachen sind auf dieser Plattform völlig normal. Die meisten ignorieren sie zwar, aber manche Kinderseele ist recht empfänglich für für Schmeicheleien. Und dann zieht der kleine Junge sein Hemdchen aus oder ein paar Mädchen legen einen Strip hin. Selbst wenn diese beiden Mädchen bei der Unterwäsche stoppen – das ist mehr als bedenklich und auch gefährlich für Besucher der Seite.
Wo beginnt Kinderpornografie?
“Sofern Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren in diesem Stream erscheinen, kann die Grenze zu einer Strafbarkeit schnell überschritten werden“, warnt Heise-Justiziar Joerg Heidrich. So verbietet Paragraph 184c des Strafgesetzbuches (StGB) die Verbreitung, den Erwerb und den Besitz sogenannter jugendpornographischer Schriften. Als Jugendpornografie gelten dabei “sexuelle Handlungen von, an oder vor” einem Jugendlichen unter 18 ebenso wie die Wiedergabe eines “ganz oder teilweise unbekleideten” Minderjährigen “in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung“.
Die ersten Pädophilen sollen nach einem Bericht von Heise schon auf der Plattform gesichtet worden sein. Obwohl sie sich auch als Jugendliche ausgeben, erkennt man sie leicht an den Formulierungen beim chatten.
Gravierende Verstöße gegen das Urheberrecht
Der bekannte Kölner Medienanwalt Christian Solmecke sagte: “Nicht nur der Jugendschutz ist durch das leichtsinnige Verhalten der Minderjährigen gefährdet, auch bei der Übertragung der Live-Chats werden zum Teil gravierende Verstöße gegen das Persönlichkeits- und Urheberrecht begangen.”
Denn auch bei YouNow müssen das Recht am eigenen Bild und die Urheberrechte beachtet werden, meint Solmecke, aber viele Jugendliche ließen die Kamera laufen, während sie im Unterricht säßen oder mit ihren Freunden eine Party feiern. Lehrer, Mitschüler und Freunde wüssten meistens gar nicht, dass sie gerade gefilmt und ilive im Internet gezeigt würden. “Dies verstößt klar gegen die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen”, erklärte Solmecke.
Anwalt Tobias Röttger von GGR Rechtsanwälte gibt zu bedenken, dass viele Eltern und Lehrer noch nicht einmal wüssten, dass diese Plattform überhaupt existiert.
Erste Gegenmaßnahmen
Auf dem Computer seiner Enkelin hat ein Bekannter inzwischen per Eintrag in die Hosts-Datei dafür gesorgt, dass bei einem Versuch, YouNow aufzurufen, stattdessen ein Foto vom Opa mit mahnend gehobenem Zeigefinger auftaucht.
Allerdings hat das Kind auch ein Smartphone, und egal ob Apple oder Android müsste man das schon rooten, um mit solch einfachen Mitteln Sicherheit für das Kind schaffen zu können.