Young Elites - Die Gemeinschaft der Dolche von Marie Lu

Von Paperdreams @xGoldmarie

Seit Adelina, Tochter eines reichen Kaufmannes, das Blutfieber überlebt hat, ist sie für immer gezeichnet. Nicht genug, dass ihr wunderschönes, schwarzes Haar sich silbern verfärbt hat, auch ihr rechtes Auge und ihren sozialen Status hat sie verloren. Doch die Krankheit hat sie nicht nur verunstaltet, sondern ihr auch besondere Kräfte verliehen. Kräfte, die die Dunkelheit in Adelina wecken und mächtiger sind, als sie es sich vorstellen kann. Und sie ist nicht die einzige, die über solche Kräfte verfügt - als sie von der Gemeinschaft der Dolche aufgenommen wird, die vom König verfolgt wird, glaubt Adelina endlich einen Platz gefunden zu haben, zu dem sie gehört. Ihr Anführer, der verstoßene Prinz und wahrer Thronerbe, kämpft um sein Geburtsrecht, doch dazu benötigt er Adelinas Hilfe...

Eigentlich hätte alles so gut werden können: ein italienisch angehauchtes High Fantasy Setting, eine Anti-Heldin, eine durchweg düstere Atmosphäre und eine Rebellion mit magischen Kräften gegen den König. In diesem Fällen hapert es jedoch an der Umsetzung, denn obwohl die Grundidee genial ist und Protagonistin Adelina die richtigen Voraussetzungen für eine außergewöhnliche (Anti)Heldin mit sich bringt, konnte mich der Auftakt zu "Young Elites" nicht hundertprozentig packen. Die mäßig ausgearbeiteten Charaktere bekommen zu wenig Zeit, um sich wirklich zu entfalten, sodass es schwer fällt, sich mit ihnen zu identifizieren und der spannende Weltentwurf, der viel Potenzial gehabt hätte, bleibt blass und wird kaum erforscht. Aus meinen anfänglich hohen Erwartungen wurde schnell Enttäuschung, auch wenn das Ende Hoffnung auf den zweiten Band verheißt.


Doch eine Verheißung und eine gute Idee reichen einfach nicht für den Auftakt einer Reihe, da können einige wenige Details noch so faszinierend sein. Protagonistin Adelina beispielsweise ist bereits optisch außergewöhnlich: mit ihren silbernen Haaren und dem fehlenden rechten Auge bedient sie nicht das Jugendbuchklischee. Hinzu kommt die Düsternis, von der sie bestimmt wird und ihre teils beinahe schon boshafte Art - ein mutiger Versuch, den Marie Lu hier wagt, doch für mich hat er leider nicht funktioniert. Adelina ist durch ihren permanenten Zwiespalt zwischen Licht und Dunkel zu unstetig, als das man wirklich mit ihr mithalten könnte. Zudem fällt es sehr schwer auf Grund der Kombination aus naiver Unwissenheit und boshafter Düsternis Sympathie zu ihr aufzubauen. Doch auch die anderen Figuren, die allesamt Potenzial gehabt hätten, bleiben schlichtweg zu blass - man schafft es einfach nicht, eine Bindung zu ihnen aufzubauen, sodass etwaige Verluste keinen Unterschied machen.

Ähnlich zweidimensional bleibt der Plot, der zwar immer wieder versucht, spannende Situationen heraufzubeschwören, aber es wirkt eben genauso: wie die Beschwörung von Spannung - zu konstruiert, zu gewollt. Da das Buch abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven beschrieben ist, wird der Plot zwar von verschiedenen Ebenen beleuchtet, dennoch ändert das nichts daran, dass der Spannungsbogen relativ mau bleibt. Die Magie, die eine große Rolle spielt, war mir zu wenig erklärt, als müsse man einfach hinnehmen, dass es eben so ist, wie es ist, obwohl die Ursache der Krankheit doch eine spannende Thematik gewesen wäre, die man weiter hätte ausbauen können. Stattdessen war die Krankheit, das Blutfieber, nun einmal da - Mittel zum Zweck eben.

Meine größte Enttäuschung jedoch ist das Setting. Von einem Roman, der im Genre High Fantasy,angesiedelt werden kann, erwarte ich schlichtweg mehr als exotisch klingende Städtenamen , drei Monde (was hätte man daraus machen können...) oder fliegende Rochenwesen (eigentlich eine super Idee), die kaum wirklich beschrieben werden. Die Welt bleibt blass, die vielen Orte und Inseln auf der Karte am Anfang des Buches werden überhaupt nicht genutzt und nur am Ende kurz angeschnitten. Was eine Sogwirkung hätte haben können, wurde schlichtweg beinahe ausgelassen - sehr schade. Einziger Pluspunkt: die düstere Atmosphäre, die sich durch das komplette Buch zieht.

Wer eine spannende High Fantasy Geschichte mit Sogwirkung erwartet, die magische Elemente und einen faszinierenden Weltentwurf beinhaltet, wird von dem Auftakt von "Young Elites" eventuell enttäuscht sein. Die außergewöhnlichen und guten Ideen wurden mäßig umgesetzt und Protagonistin Adelina, die (im Jugendbuchbereich) eine ganz neue Art von Charakter hätte werden können, bleibt zu blass. Für mich leider eine Enttäuschung!