Yogatantra – Vereinigungs-Tantra

Yogatantra

Yogatantra – Vereinigungs-TantraDas Yogatantra (tib., rnal ‚byor rgyud) ist unter den drei äußeren Tantras das höchste.
Eintritt und wird deshalb so genannt, weil es die beiden Aspekte – Methode (skt., upaya; tib., thabs) und Höchstes Erkennen (skt., prajna; tib., shes; Weisheit) – miteinander vereint. Bei dieser Tantraklasse findet schon eine Selbstvisualisation als Meditationsgottheit statt. Somit besteht anders als im Kriyatantra und Charyatantra hier bereits die Auffassung, dass die wahre Kraft der spirituellen Verwirklichung nicht mehr außerhalb von einem selbst zu finden ist, sondern diese in einem liegt.
Der Eintritt in das Yogatantra erfolgt über eine sechsfache Ermächtigung, bestehend aus den bereits zwei Ermächtigungen des Kriyatantra (Vasenwasser, Krone) und den zusätzlich drei Ermächtigungen des Charyatantra (Vajra, Glocke und Name) und einer sechsten Ermächtigung – der Vajra-Meister-Ermächtigung. Durch letztere geht man ein Samaya mit Körper, Rede und Geist ein. Die ersten fünf Ermächtigungen sind Einweihungen in die fünf Buddha-Familien mit den entsprechenden Reinigungen und Samen. Und die sechste Ermächtigung ist Befähigung zum Vajra-Meister um in Zukunft die Lehren des jeweiligen Yogatantras den Wesen lehren zu können.
Die Sicht im Yogatantra ist dieselbe wie im Charyatantra. Alle Erscheinungen werden als Gottheit und Mandala betrachtet. Durch den Segen von Leerheit und Klar-Lichtheit werden alle Phänomene auf letztendlicher Ebene jenseits der begrifflichen Ausschmückung erkannt.
In der Praxis des Yogatantra visualisiert man die Meditationsgottheit und konzentriert sich auf sie. Das stellt den Yoga der Methode (tib., thabs) dar. Dann übt man sich in der Vollendungsstufe frei von Gedanken. Dies ist der Yoga des Höchsten Erkennens (tib., shes rab).
Bei der Visualisation als Meditationsgottheit werden die fünf Aspekte des Erwachens bzw. fünf Verwirklichungen und die vier wundersamen Dinge angewendet. Die fünf Verwirklichungen sind: 1) Verwirklichung der Grundlage der Leerheit; 2) Verwirklichung des Sitzes; 3) Verwirklichung der Keimsilbe; 4) Verwirklichung des Merkmals; und 5) Verwirklichung der Körpers der Meditationsgottheit. Die vier Wunder sind 1) Samadhi bzw. die geistige Vertiefung beim Aufbau des Mandalas; 2) Segen durch die vier Mudras; 3) Ermächtigung; und 4) Gabendarbringung und Lobpreisung. Dann folgt die Mantra-Rezitation. Mit der Mantra-Rezitation sind auch bestimmte Visualisationen verbunden. Die Verwendung von Visualisationen stellt den Aspekt der Praxis mit Merkmalen dar.
Bei der Praxis ohne Merkmale werden das Ruhen des Geistes (tib., zhi gnas) und die durchdringende Einsicht (tib., lhag mthong) geübt. Beim Verweilen in Geistesruhe kann der Atem als Stütze genommen werden, aber man kann auch ohne Stütze praktizieren, indem man sich in den Raum entspannt. Für die Übung in durchdringender Einsicht wird hauptsächlich Guru-Yoga praktiziert, bei dem vom visualisierten Guru Licht zu einem selbst ausgeht, dieser sich dann auflöst und untrennbar mit einem verschmilzt. Gelangt man durch die Einführung in die Natur des Geistes und die Praxis zu einem fundierten Verständnis, dann hat man die Essenz der durchdringenden Einsicht verstanden.
Weiters gibt es bei der Mantra-Rezitation zwei Aspekte: 1) die Vajra-Rezitation; und 2) die Wort-Rezitation. Bei der Vajra-Rezitation wird das Mantra geistig gesprochen und bei der Wort-Rezitation wird es mit dem Atem und Klang verbunden. Auch bei der Vajra-Rezitation gibt es wiederum zwei Aspekte: 1) mit Stütze; und 2) ohne Stütze.
Das Verhalten im Yogatantra ist so, dass man rituelle Reinigung und Sauberkeit lediglich als Unterstützung für die Praxis ausübt.

Verwirklichungen

Als Resultat der Praxis auf der Stufe des Yogatantra erreicht man in längstens drei Menschenleben den Höchsten Bereich Akanishta, die reinen Länder der Buddhas usw. Man realisiert die drei Buddhakayas und die fünf Arten des zeitlosen Erkennens (tib., ye shes).
Weiters schreibt Jamgön Kongtrul Lodrö Thaye, dass durch die meditative Versenkung, durch die Mantra-Rezitation und durch die Feueropfergaben bestimmte Kräfte erlangt und das reine Gewahrsein erkannt werden. Durch die meditative Versenkung werden überweltliche Kräfte realisiert, durch die Mantra-Rezitation werden überweltliche wie auch weltliche Kräfte erlangt und durch die Feueropfergaben werden hauptsächliche weltliche Verwirklichungen erreicht. Das endgültige Ergebnis aller drei ist die Verwirklichung des angeborenen Gewahrseins von Körper, Rede, Geist und Aktivitäten der Erleuchtung.
Man wird durch diese Praxiskategorie zu einem himmlischen Vidyadhara und erlangt Erleuchtung in Ghanavyuha, dem

Samaya – die heiligen Bande

Die Samayas und Verpflichtungen in Bezug auf das Yogatantra werden in Verpflichtungen den fünf Buddha-Familien und in 14 Samayas eingeteilt. Die Verpflichtungen im Zusammenhang mit den Buddha-Familien sind: 1) Vairocana – Zuflucht zu den Drei Juwelen nehmen; 2) Akshobhya – sich dem Vajra-Siegel, dem Glocken-Siegel und dem Meister zu verpflichten; 3) Ratnasambhava – großzügig im Lehren, in materiellen Dingen, Schutz und Liebe sein; 4) Amitabha – die äußeren Tantras (Kriya, Charya) zu pflegen, ebenso die Vorsätze des Yogatantra und die der Shravakas, Pratyekabuddhas und Bodhisattvas; 5) Amoghasiddhi – Opfergaben darbringen.
Die 14 Samayas respektive ihre Übertretungen des Yogatantra sind: 1) die Drei Juwelen nicht aufgeben; 2) den Erleuchtungsgeist nicht aufgeben; 3) die Meditationsgottheiten nicht missachten; 4) Mantra und Mudra nicht kritisieren; 5) den Meister nicht missachten; 6) nicht über den Sitz des Meisters steigen bzw. die Einweihungsgegenstände oder Insignien der Meditationsgottheiten; 7) keine falsche Nahrung zu sich nehmen (z.B. Nahrung, die wie die Insignien der Meditationsgottheiten aussehen); 8) das geheime reine Gewahrsein nicht preisgeben; 9) die Praxis von Mantra und Mudra nicht aufgeben; 10) anderen keinen Schaden zufügen; 11) sich nicht am Hinayana ergötzen; 12) sich von Schwierigkeiten nicht entmutigen lassen, wenn man anderen nützen will; 13) das Training in den sechs Paramitas nicht aufgeben; und 14) nichts Unheilsames ausführen.
Im „Glorreichen Paramadya Tantra“ werden weitere zehn Verfehlungen aufgezählt, die man nicht begehen soll: 1) den Erleuchtungsgeist aufgeben; 2) den wagenden Geist aufgeben; 3) die Meditation über Mond und Vajra zurückweisen; 4) die buddhistischen Schriften zurückweisen oder abwerten; 5) die Praxis der Lehren aufgeben; 6) ignoranterweise die Lehren kritisieren; 7) Körper und Geist, die durch die Meditation über die vier Siegel gesegnet sind, durch Askese martern; 8) Vajra, Glocke, Yoga und Samaya aufgeben; 9) die vier Siegel aufgeben und gefangen im gewöhnlichen Greifen nach Erscheinungen bleiben; 10) den Vajra-Meister verstoßen. Darüberhinaus werden in der „Zusammenfassung der wesentlichen Punkte“ noch fünf Verpflichtungen mit den Buddha-Familien aufgezählt: 1) Vairocana – die zwei Aspekte des Erleuchtungsgeistes kultivieren; 2) Akshobhya – zornvolle Riten ausführen, um bösartige und unbezwingbare Wesen zu erwecken; 3) Ratnasambhava – anderen täglich benötigte Gegenstände geben; 4) Amitabha – anderen zu nützen und sich dabei als die Mudra der Gottheit zu manifestieren, aus einem Verständnis der Leerheit heraus; und 5) Amoghasiddhi – in der selbstlosen Natur der Aktivitäten erfüllt sein.
Wie man sieht, sind im Yogatantra eine Vielzahl mehr an Samayas und Verpflichtungen zu beachten, die zusammen mit jenen des Kriyatantra und Charyatantra auch weiter in die inneren Tantra-Klassen mitgenommen werden.

Damit ist der Überblick über den Ansatz des Yogatantra vollendet. In weiteren Blog-Beiträgen werden die anderen Ansätze der äußeren und inneren Tantras dargestellt. Da ich nicht in der Lage bin, wohlklingende Verse zu verfassen, die die Ohren der Buddhas und Bodhisattvas erfreuen, habe ich mich auf die Schriften der verwirklichten Meister gestützt. Möge es nützlich sein!

Weiterführende Literatur:

Jamgön Kongtrul Lodrö Thaye: „Buddhist Ethics“, Kalu Rinpoche Translation Group, Snow Lion Publication, Ithaca (NY), 1998
Jamgön Kongtrul Lodrö Thaye: „Systems of Buddhist Tantra“, Kalu Rinpoche Translation Group, Snow Lion Publication, Ithaca (NY), 2005
Jigme Lingpa & Kangyur Rinpoche: „Treasury of Precious Qualities, vol. 2, Vajrayana and the Great Perfection“, Padmakara Translation Group, Shambhala, 2013
Jigme Lingpa & Kangyur Rinpoche: „Treasury of Precious Qualities, vol. 1, Sutra “, Padmakara Translation Group, Shambhala, 2010
Jamgon Mipham: „A Garland of Views: A Guide to View, Meditation, and Result in the Nine Vehicles“, Padmakara Translation Group, Shambhala, 2015
Tenga Rinpoche: „Sutra & Tantra. Die Wege des Buddhismus“, Übers.: Tina & Alex Draszczyk, Marpa Verlag, 1989

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