Yes, we can – Krieger brauchen Kontra: Erste Demonstration gegen den Besuch des US-Präsidenten in Berlin

Von Hartstein

“Rund 6000 handverlesene Gäste dürfen am heutigen Mittwoch der Rede von US-Präsident Barack Obama vor dem Brandenburger Tor lauschen. Die Hauptstadtpresse präsentierte vorab begeisterte Äußerungen der auserwählten Zuhörer. Am Montag abend waren es dagegen Obamas Gegner, die sich öffentlich Gehör verschafften. Auf dem Platz des 18. März, vis-à-vis der bereits aufgestellten Kulisse für den präsidialen Auftritt vorm Brandenburger Tor, demonstrierten bis zu 500 Menschen gegen die Politik des US-Oberkommandierenden. Sie folgten einem Aufruf der Berliner Friedenskooperation, einem breiten Bündnis von Initiativen. Ihre Gründe für den Protest waren vielfältig: Sie sprachen sich gegen den Einsatz von Kampfdrohnen oder gegen die drohende imperialistische Intervention in Syrien aus, hielten Schilder für Whistleblower wie Bradley Manning und Edward Snowden hoch oder unterstützten den zu Unrecht verurteilten Aktivisten Mumia Abu-Jamal. Andere forderten ein Ende der US-Blockadepolitik gegen Kuba sowie die sofortige Einstellung der globalen Internet- und Telefonüberwachung – und brachten ihre Ablehnung durch das Zeigen roter Karten zum Ausdruck.

Im August 2008 waren bis zu 200000 Menschen gekommen, um sich eine Rede des damaligen Präsidentschaftskandidaten Obama vor der Siegessäule anzuhören. Rund um den Globus galt er vielen damals als Hoffnungsträger, der die Aggressionspolitik der Bush-Ära beenden würde. Zwei Wahlen später ist Ernüchterung an die Stelle von Euphorie getreten. Eine US-Bürgerin berichtete auf der Demo, wie sie beim letzten Obama-Auftritt ein Anti-Kriegsschild hineinschmuggeln mußte, da politische Werbung verboten war. »Ich habe ihn trotzdem gewählt«, erzählt sie, sei aber in den letzten fünf Jahren enttäuscht worden. »Ich hatte schon gehofft, daß er wenigstens Guantánamo schließt«, sagte Sampo Villanen, ein junger Vertreter der finnischen Linksallianz, der am Montag ebenfalls gegen den Obama-Besuch in Berlin protestierte.

Dem Aufruf zufolge sollte die Demo der »US-Politik die Grenzen aufzeigen«. Doch manche Teilnehmer sehen in der Bundesregierung auch keinen Friedensgaranten. »Die BRD als Führungsmacht der EU ist nicht weniger imperialistisch als die USA«, so Paula Scherer vom Berliner No-War-Bündnis von der Bühne. Sie wies darauf hin, daß die Bundesrepublik als drittgrößter Waffenexporteur weltweit »auch in Konkurrenz zur USA ihre globalen Machtinteressen« durchzusetzen versuche. Ein Sprecher des »Free-Mumia-Netzwerks« erklärte gegenüber jW, daß die Kriegspolitik der USA nur die Kehrseite ihres »Krieges gegen die eigene Bevölkerung« sei: »Das unterste Drittel der Gesellschaft wird durch Armut, Polizeigewalt und Rassismus ausgestoßen.« Der Fall des politischen Gefangenen Mumia Abu-Jamal sei nur ein besonders prägnantes Beispiel dafür.”

Quelle: http://www.jungewelt.de/2013/06-19/057.php